Mitterwieser veröHentlicht und in die Zeit
um 1750 bis 1760 datiertSU. Bisher unaus-
gewertete Schriftstücke5l und eine jetzt
zutage getretene zweite Zeichnung ermög-
lichen eine bessere Kenntnis des Projekts.
Feichtmayr entwarf die Kanzel in schwarzer
Feder mit hellbraunen Lavierungen auf
einem 42,5 zu 27cm großen Blatt (Mün-
chen, Hauptstaatsarchiv, Plansammlung Nr.
12000; Abb. 6). Über die Randleiste laufen
oben und unten die beiden Linien hinaus,
die einen Pfeiler der Kirche andeuten. An
ihm sollte die Kanzel befestigt werden, das
Korpus sollte etwa 10 Fuß (2,90 m) aus-
laden, die Gesamthöhe hätte fast 30 Fuß
(8,50 m) betragen. Die Kanzelbrüstung ist
in ein bauchiges Boot hineingcstellt und
von einem Mast mit Segel überragt. Am
Bug, also vor dem Mittelfeld der Kanzel-
brüstung, erscheint Christus als Halbhgur.
Drei Lichrbündel gehen von seinem Haupt
aus. Mit erhobenem Blick, geölTneten Lip-
pen und der Geste der rechten Hand
scheint Christus sich prcdigend an die
Gemeinde zu wenden. Die Linke ruht auf
dem Bord des Schiffes, überschneidet ein
großes Löwenmaskaron und weist nach
unten auf ein Netz, das zwei Apostel aus
dem Wasser ziehen, oder auf die Gruppe,
die die Kanzel zu tragen scheint: einen
geringelten Fisch, der den Propheten jonas
ausspeit. Wie ein Sehalldeckel mit der Taube
des Hl. Geistes bauscht sich über der Kanzel
ein Rahsegel; fliegende Engelputten schei-
nen es gerade zu befestigen. Fin weiterer
Putto erklimmt den Mastkorb oder zieht
den Wimpel auf, mit dem der lockere
Aufbau endet.
Feichtrnayr reichte den Entwurf bei dem
Kollegiatstift U. l. Frau mit folgendem
Kostenanschlag ein: Iherulziag f Der großen
und :ebr [Hiebe mrnrnen Cangl, nur!) Vor Zeig
de: Ri::e:, aorgenellet da: Xrlnf ßelrtu, weirbe
in die Cburfrh: Collegiat Xtifl: Kirthen an:er
Lieben Frauen {a neben leonlnlen mite f Enten:
Die gantge Canal von nnlen bis oben nach
Vor Zeig de: Ri::e: und Verlangen der [weben
Herrebajft, mit allen Fignren, Ziebratlzen, und
anders auf da: :el1o"n:te und daarlzafligixte her
an J-tellen, und {u all buchen Canlento (n ner-
forttlgen. f Zwglten: Da: gantge Xrlnß, l "igrrren,
I Iäitgern und andern auf da: feinin, auf alla-
ha:ter artn, in Reinixten giantz zu xhlezjfen I
Dritten: Den Srbein de: Hlg: Geiue: mit galt;
hlattirete: feine: Dngaln galt (a uergolten und. f
Vierten: Werde allen henätbigteiz Gibßitäub,
Leinzh, balier Stein und ander: :elb:t bey
yrhafen nirbt: au: genannten. Dan da: Notb-
oindzlge Gri:t von Stangen oder anderen Uolfg
gewarnt. Anal] die Älotbuindige Einen Mangan,
Dradt und ivogl weither ZWIY feilen de: 110011
Zähl: Coiegiat Stift: ohn maß gebliel; graliJ hey
{u xbaßen rnir erbitte f m0 lnil rerobligiere
nlirb diße arheit ußie oben gernell, zu ibernebtzzen,
und {n all beeilen Contento, aaf Zeit utie ner-
langt wird {n nerfäriigen vor . . . . . . . . 850
f Frtg: Xae: Feithtnlajr f Hof Xlurador.
Riß und Überschlag wurden mit einem
Deckblatt versehen, in dessen Überschrift
die untere Verwaltungsinstanz 51 des Stifts
genannt ist: Cwtorejl f Stift: Kanal] 1. riß
einer in die Stzftneiirtne {a oerferdlgenden
Prediger Kangel j 2. Jarnt jberireblag f 3. Be-
unreibung anderer Kanglen in IlTIYntIJen. Auf
einem weiteren Blatt ohne Datum und
Unterschrift sind in einer Kanzlistenhand-
schtifr Bedenken gegen den Entwurf no-
tiert. Der Verteilung der Geschäfte bei dem
Kollegiatstift entspräche es, wenn dieser
Text von dem Dechanten stammen würde 53;
er lautet: Fragen. [ 1. Ob die Kanzel in der
.S'tiftkir:he wieder an] die Ephll Xeite, und in
vorigen Blatq: oder 2. auf die Evangelium Keile :
und 3. am einen Pfaller weiter lzinfiir {am
Altar genlaeht werden mlle? 4. Ob e: von
Gipx- oder von tiebnaidarbeit zu Ufljfrßfllgfll?
5. Ob e: naeb Proportion der Herbe, Breit
genug rey? 6. Oh der Detkel nielzt {n nlunal
v Zeichnung einer Schitfskaxizcl, 116011770. Munchexl,
Slcmll. Graph. Sammlung
ANMERKUNGEN 45 7 53
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Kanonen zeigt unter den mir bekannten Scliifikanzeln
nur noth die der griechisch-katholischen Kathedrale in
Przemysl (Adam Bochnak, Zc studjöw nad rzeiba
Lwowsky w epoce rukoka 1 Studien zur Geschichtc uci
Letnberger Rokukoplastik. Krakau 1931, Abb. 62, 63). Der
Fischzug Perri wurde mit uci Schlacht VOII Lcpanto
verglirhen (Stich von Niccolö Nclli, 1572, Stunzi u. a.
1962. 5.30). diße Gedankenverhindung läßt sich aber
bei ach häuügen Darstellungen des Fischzugs an schiirs-
kanzeln nicht mehr nachweisen.
Pur ciiicu ußprllng in Süddeutschland MSIYCK 1932.
5.169. Die Annahme niederländischer Vorstufen bei
Stroh] 1955. s. 48. ist hypothetisch.
Herr Juscr Babusck, Pißtiny, hat mir in gmßzugigici
Weise Daten und Aufnahmen der Kanzel in Pruske zur
Verfügung gestellt.
Hugo Schnell, Die Stadtpfankirche in Aulendorf (Kleine
Kirchcufihrer, Nr. 4631464), München 1951, S. 3; ferner
Adolf Schahl und Werner v. Matthey, Die Kunstdenk-
mller des ehemaligm Kreises Waldsee (Die Kunstdenk-
mäler in Württemberg). Stuttgart und Berlin 1943,
5.74, 79. Die dort zitierten Akten im Grill. Königi-
eggkchen Arehiv standen nicht zur vciriguug,
Biographisches bei Felix Joseph Lipowsky, Leben und
Thaten des Maximilian Joseph III.. München 1333.
S. 25 Feichtmuyr. Franz Xavcr Il. in: Ulrich Thieme
und Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden
Künstler, 11.13.1, Leipzig 1915, s. 352; Luisa Hager,
Instandgesctzte Stuckdecken im schiuri Nylh henhurg
und ihre Meister. in: Deutsch: Kunst und enkmal-
pncgc 11, 1953, s. a2; s. auch umcii Anm. 19. Für weitere
Auskunft hahe ich Herrn Prof. Dr. Norbert Lieb zu
danken.
Mitterwieser 1929, S. 185 und Beisdirift der AblL;
vgl. auch Henle 1933, S. 56, 93. Note 142.
Hau tstaatsarchiv Munchcn. München U. L F. Kl. Lit.
Nr. 56, Erbauung einer neuen Kanzel in der Stiftskirche.
Darin früher auch die zciciuiuhg.
Anton Mayer. Die Domkirche zu Unser Lieben Frau in
München, München 1868. S. 103.
S. unten Anm. 65.
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