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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 101)

auch die Jünger mit dem Netz richtiger 
angeordnet. Da der Bug nicht der Gemeinde 
zugewendet ist, verschwindet das Fralgen- 
gerirbl, das in Frage 7 beanstandet Wird. 
Der Walfirrl] mm! dem jona; g Frage 8 - 
kehrt in der neuerworbenen Zeichnung wie- 
der, anscheinend hat Feichtmayr aber ver- 
sucht, die Gruppe zu verbessern: der 
Oberkörper des Propheten ist so auf- 
gerichtet, daß er mit erhobenem Kopf und 
majestätisch ausgestreckten Armen an die 
Figur Gottvaters in dem Deckenbild der 
Sixtinischen Kapelle „Gott scheidet Wasser 
und Erde" erinnert. Das Segel 7 Frage 6 - 
hat eine richtiger durchgeatbeitete und 
akustisch vielleicht günstigere Form er- 
halten: dabei Helen die Taube des H1. Geistes 
und die Engelputten bis auf zwei weg. 
Gelbe Tusche kennzeichnet entsprechend 
Frage 9 die Teile der Kanzel, die vergoldet 
werden sollten; die übrigen Lavierungen 
sind rostbraun und grau dagegen abgesetzt. 
Auch in anderen Einzelheiten ist das Blatt 
noch sorgfältiger ausgearbeitet als das bis- 
her bekannte. Schraffur ist an mehreren 
Stellen durch Lavierung ersetzt. Doch zeigt 
gerade die Art, in der die Lavierung zum 
Beispiel die Gewänder der Figuren mo- 
delliert, daß auch der neuerworbene Ent- 
wurf von Feichtmayr gezeichnet wurde. 
Die Entstehungsfolge der beiden Blätter 
erschiene durch ihren Bezug zu den vor- 
handenen Urkunden gesichert, wenn nicht 
die Ornamentmotive des neuerworbenen 
Entwurfs auf eine andere Reihenfolge hin- 
deuteten. 
Bei dem Entwurf im Hauptstaatsarchiv 
sind das Boot und die Kanzelbrüstung zwar 
noch schwungvoll gerundet. Rocaillefor- 
men wurden aber nur an dem Fisch und 
dem Wasserschwall beibehalten, also da, 
wo sie sich gegenständlich motivieren 
ließen. Das Ornament rankt sich nicht 
schwerelos, sondern die dünnen Girlanden 
erscheinen am Bordrand und im Maul des 
Löwen befestigt. Der Entwurf entfernt 
sich damit vom Rokoko; er verwendet 
allerdings noch nicht die Louis-XVL-Orna- 
mentik, sondern Motive, die bereits im 
früheren 18. jahrhundert gebräuchlich ge- 
wesen waren. 
Den Bootsrumpf und die Kanzelbrüstung 
auf dem neuerworbenen Entwurf überzieht 
Rocaille-Ornament. Trotzdem kann der 
Entwurf der spätere sein, denn möglicher- 
weise hoEte Feichtmayr mit dieser De- 
koration den Geschmack der Auftraggeber 
besser zu treffen. Das wäre kein Einzelfall 
gewesen. Zum Beispiel dekorierte Philippe 
de La Guepiere 1767 bis 1768[69 Räume 
im Schloß Solitude mit Rocaille-Motiven, 
obgleich cr dieses Ornament früher ent- 
schieden abgelehnt hatte55. In den Akten 
der Diözesanarchivs München „Restau- 
rierung der Stiftskirche U. l. Fr. 177OE."55 
fand sich eine Bleistiftzeichnung (30,0 auf 
20,2 cm) mit vier Entwürfen zu Altar- 
antcpcndien, bei der Louis-XVL-Motive 
und ältere Ornamentformen zur Wahl ge- 
stellt sind. Die Zeichnung stammt wahr- 
scheinlich von Feichtmayr57. 
rrde alle]: {u lmeb xlehe und die .S'tinm1 de: 
eediger: nieht hindere? 7. Ob dar Fratzen- 
riebt in Milte der Predzgrtul niebl magn- 
mn? 8. Imgleiehen der Walßreb Jamml dem 
nur. 9. W11: benanntlieb ßaußer dem beilg: 
ei.rt:[ rmrh {u vergolden? 10. Ob man er 
rbt aueb, wie in der jeruiienkjrelre, machen 
lle? 
ic letzte dieser Fragen lief darauf hinaus, 
m der Schißfsform überhaupt abzusehen; 
n geschah es schließlich auch. Zunächst 
doch scheint Feichtmayr einen zweiten 
ntwurf gezeichnet zu haben, mit dem er 
c Beanstandungen zu entkräften ver- 
lchte. Diesen Eindruck erweckt eine 
shct unveröffentlichte Zeichnung (Abb.7 
1d S), die 1967 von den Staatlichen 
raphischen Sammlungen in München 
nv.-Nr. 1967: 167 Z) aus Moosburger 
rivatbesitz erworben worden ist54. Das 
latt mißt 34,2 auf 21 cm. Es ist zumindest 
acn beschnitten. Der Pfeiler _ nach den 
ragen 1 bis 3 noch unbestimmt 7 ist 
eggelassen. Die vorgeschlagene Kanzel 
dt etwas weiter aus, und das Boot ist 
iergestellt, so daß die Breite der Kanzel 
ltsprechcnd Frage 5 betont wird. So sind 
1 
Schon die Dekoration in dem bereits ver- 
öffentlichten Entwurf und auch der Wechse 
der Zierweise deuten darauf hin, daE 
Feichtmayrs Kanzelprojekt etwas später zu 
datieren ist als Mitterwieser annahm. Aue} 
nach äußeren Anhaltspunkten gehört es il". 
die siebziger jahre. 
1771 begannen umfassende Erneuerungs- 
arbeiten55 an der Einrichtung der Frauen- 
kirche. Ein Spendenaufruf wies auf den 
schlechten Zustand der Türen, des Ge- 
stühls und der Fenster hin und bezeichnete 
die Herstellung dieser Teile in diCSCI 
Reihenfolge als das dringlichste. Die alte 
Kanzel wurde zunächst beibehalten. 1772 
oder Anfang 1773 erhielt sie eine neue 
Stiege, eine geänderte Tür und ein halb- 
erneucrtes B0r1iurr159. 1776 war die Restau- 
rierungskampagne im wesentlichen abgea 
schlossen. Um diese Zeit wird sich die 
Absicht durchgesetzt haben, die Kanzel zu 
erneuern, denn aus dem Jahre 1777 stammt 
eine „Bittschrift des Dechanten und des 
Kapitels an eine Hochlöbl. Landschaft um 
Stiftung einer neuen Kanze1"60; 1778 ist 
Roman Anton B0os' Entwurf datiert, der 
der 1780 vollendeten Kanzel zugrunde
	        
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