MAK
Seite 16 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 2 
Die Funde von Predmost 
In Predmost, am Südende der mährischen Pforte, 
eine halbe Stunde von dem Eisenbahnknotenpunkt Prerau, 
ist in den letzten Jahren die hervorragendste Station 
Mitteleuropas aus der Steinzeit aufgedeckt worden, mit 
der sich nur die urzeitlichen Fundstätten Südfrankreichs 
vergleichen können. An die wissenschaftliche Bear 
beitung stellte dieser Riesenfund so gewaltige Aufgaben, 
daß eine Veröffentlichung auch nur des Wichtigsten 
bisher ausgeblieben ist. Um so wichtiger ist der zu 
sammenfassende Bericht von Dr. Karl Absolon, Kustos 
am Landesmuseum zu Brünn, den der Ethnologe Dr. Adolf 
Heilborn, Berlin, in seine jetzt im deutschen Verlagshaus 
Bong erscheinende Ausgabe des schönen nachgelassenen 
Werkes von Professor Dr. Hermann Klaatsch, dem ver 
storbenen Breslauer Gelehrten, ,,Der Werdegang der Mensch 
heit und die Entstehung der Kultur” aufgenommen hat. 
Die Hauptfunde von Predmost werden da überhaupt 
zum ersten Male abgebildet, so vor allem die wohlerhaltenen 
Schädel von Urmenschen. Sie fanden sich in einem Grabe in 
Hockerstellung, zwanzig Individuen vom kindlichen bis zum 
Greisenalter, neben Knochen vom M immut. Ein Ktnd hatte 
Schmuckbeigaben, bei einem Skelett lag der Kopf eines Eis 
fuchses. Das Ganze befand sich unter einer Kalksteinklippe, 
die dem Mrmmutjäger als Schlupfwinkel und ständige Wohn 
stätte gedient hat' und in der er in einem regelrechten Grabe 
seine B'amilie bestattete. Der Skelett-Typus wurde als Misch 
typus aus dem Jungpaläolithikum bestimmt und stellt wahr 
scheinlich eine Kreuzung von dem im Neandertal gefundenen 
M mschen mit dem.des südfranzösischen Aurignacmenschen dar. 
Ein erwachsenes Paar ist das besterhaltene und vollständigste 
fossile Mmschenskelett überhaupt. Charakteristisch für diesen 
Urmenschen sind die flache fliehende Stirn und die starken, 
zusammenfließenden Überaugenwülste. Das Ungeheuer 
lichste an dem Funde ist aber das riesige Mrmmutleichenfeld, 
das sich hier öffnete, gering geschätzt etwa 1000 Tiere, an aus 
gezeichnet erhaltenen Backenzähnen des Mammut fanden sich 
allein etwa 2000. Und vieles davon lag so sorgfältig aufge 
schichtet, daß hier der Urmensch die Knochen absichtlich 
sortiert haben muß. Die M ammutleichen scheinen ihm nicht 
als Nahrung gedient zu haben, sondern nur die Knochen 
und Zähne als Material für seine Werkzeuge. Von diesen 
wurden etwa 40.000 Stück aufgedeckt, in mannigfaltigster 
Form aus Hornstein, Feuerstein, Bergkristall, Jaspis u. a 
hergsstellt, aber besonders viele auch aus Knochen. Aus den 
Wadenbeinen des Löwen und Bären hat sich der Predmost- 
mensch seine Dolche bereitet. Küchengeräte wie Löffel finden 
sich in großer Zahl. Rätselhaft sind vorläufig mehrere „Schaber” 
aus Mimmutrippen, noch rätselhafter die gezähnte Gabel 
aus Elfenbein, bei der Dr. Heilborn an ein Zeremonialgerät 
erinnert, wie etwa die MBnschenfleischgabel auf Fidji. Die 
Angeln sind geschickt aus Elfenbein und einem Mammut 
backenzahn geschnitzt. 
Der Predmost-Mensch —■ seine Kulturschicht wird etwa 
30.000 v. Chr. angesetzt —- war aber auch schon ein aus 
gesprochener Künstler. Viele Geräte verzierte er mit geo 
metrisch eingeritzten Strichen, Punkten, Grübchen, er bedeckte 
Knochen mit kombinierten Zeichnungen, die oft aus unzähligen 
Strichen bestehen. Ein Mammutstoßzahn ist mit der stilisierten 
Zeichnung einer weiblichen Gestalt bedeckt: die Frau ist 
nackt und reich tätowiert. Deutlich zu erkennen sind die 
üppigen Hängebrüste, auf deren Wiedergabe die Künstler 
der Altsteinzeit fast stets besondere Sorgfalt verwandten. 
Gut beobachtet ist die Hüftverengerung. Die Bockenverbreite- 
rung ist so übertrieben, daß Absolon die Darstellung einer 
Schwangeren vermutet: der Predmoster Mammutjäger wollte 
damit vielleicht das Wunder der Fortpflanzung seines. Ge 
schlechtes verherrlichen. Ja, es fanden sich fünf aus Mammut - 
fußknbehen geschnitzte kleine Statuetten solcher Schwangeren. 
Das bedeutsamste Stück aber ist wohl die aus Mammutzahn 
geschnitzte Statuette eines Mammuts, nun im Landesmuseum 
zu Brünn, bisher die einzige plastische Darstellung dieses 
Riesentieres aus der Hand seiner Zeitgenossen, von erstaunlicher 
Naturwahrheit in der Charakteristik des ganz gewaltigen 
Körpers. 
Chronik. 
AUTOGRAPHEN. 
(Aufgefundene Strindberg-Briefe.) Wie „Politiken“ 
aus Stockholm erfährt, ist eine sehr interessante Sammlung 
von Briefen August Strindbergs an seinen Jugendfreund 
Leo Lipmansson, die man für verloren hielt, aufgefunden 
worden. Es handelt sich um 130 Briefe aus den Jahren 1883 
bis 1906. 
BIBLIOPHILIE. 
(Eine Gutenberg-Bibel unter dem Hammer.) 
Ein Exemplar der Gutenbergschen lateinischen Bibel, 1455 
zu Mainz gedruckt, kam bei Sotheby in London unter 
den Hammer. Das Buch, das aus der Bibliothek der Baronin 
Zouche stammte, war etwas defekt, denn im Laufe der Jahr 
hunderte waren verschiedene Anfangsbuchstaben heraus- 
geschnitten worden; es ist in zwei Bänden gebunden und trägt 
auf dem Umschlag das Wappen einer früheren Besitzerin, 
der Marie Augusta von Sultbach. Der Verkaufspreis betrug 
2750 Pfund, während bei dar ersten Huth-Verstcigerung 
für ein unbeschädigtes Exemplar desselben Werkes 5800 Pfund 
und für die Vellinausgabe auf der Hoe-Auktion sogar 50.000 
Dollar bezahlt wurden. 
(Versteigerung von Luxusdrucken.) Bei der Ver 
steigerung von Luxusdrucken durch Gilhofer & Ransch- 
burg in Wien (siehe Nr. 1) wurden weiters erzielt: 
Essex House-Press. Nr. 179, Roterodamus, The Praise 
K 3200; Nr. 180, Ricketts, A defence of the revival of prin- 
ting, K 1800; Nr. 181, Thomas a Kempis, Of the Imitation, 
K 4800; Nr. 182, Eulenberg, Alles um Liebe, K 2100; Nr. 183, 
Die Insel, ein Spiel, K 1150; Nr. 185, Fichte, Atheismus 
streit, K 1200; Nr. 186, Firenzuola, Novellen und Gespräche, 
K 1600; Nr. 187, Fortini, Die 8 Tage der Neulings-Novellen, 
K 3400; Nr. 188, Frank, Fremde Mädchen, K 1050; Nr. 189, 
Franz. Liebesbriefe, K 2000; Nr. 190, Fred, Lebensformen, 
K 3200; Nr. 192, Ed. Fuchs, Illustrierte Sittengeschichte, 
K 12.500; Nr.. 193, Ders., Geschichte der erotischen Kunst, 
K 2300; Nr. 194, Dets., L’element erotique dans la caricature, 
K 1200; Nr. 195, Fuchs und Kind, Die Weiberherrschaft 
in der Geschichte der Menschheit, K 3700; Nr. 196, Furt- 
wängler, Griechische Vasenmalerei, K 24.000; Nr. 197, 
Gaul, Alte Tierfabeln, K 6100; Nr. 198, Gautier, Le Pavillon 
sur l’eau, K 3300; Nr. 199, Ders., Mdme de Maupin, K 1350; 
Nr. 200, Geiger, Die Verwandlungen der Venus, K 6400; 
Nr. 202, Gessner, Idyllen, K 4200; Nr. 203, Ghettobuch, 
K 1100; Nr. 204, Goncourt, A Denise, K 3000; Nr. 205, 
Goethe, Clavigo, K 1100; Nr. 206, Ders., Wilhelm Meisters 
Theatralische Sendung, K 2700; Nr. 207, Ders., Faust, K 2200; 
Nr. 208, Ders., Balladen, K 7000; Nr. 209, Ders., Prometheus, 
K 3200; Nr. 210, Ders., Weissagungen des Bakis, K 2500; 
Nr. 211, Ders., Das Tagebuch, 1810 K 2500; Nr. 212, Trilogie 
der Leidenschaft, K 1100; Nr. 213, Antike Gedichte, K 1150; 
Nr. 214, Briefwechsel zwischen Schüler und Goethe, K 1600; 
Nr. 215, Goethe im Gespräch, K 1500; Nr. 217, Goya, Caprichos, 
K 5500; Nr. 219, Grazzini, Die Nachtmähler, K 2100; Nr. 220, 
Grillparzer Werke, Wien, Gerlach & Wiedling, K 4400: 
Nr. 221, Ders., Der arme Spielmann, K 2600; Nr. 222, Guten 
berg-Bibel, 42zeilige, K 48.000.
	        
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