Judith Koos
DIE AUSXVIRKUNGEN
JUGENDSTILS IN UNGARN
DES
In Anbetracht der gegenwärtigen Synthese
der internationalen Forschungen wird die
Kunst der Jahrhundertwende von der
Kunstgeschichte ganz allgemein positiv
beurteilt, obwohl sie bis heute noch
keineswegs in all ihren Aspekten restlos
erforscht und durchleuchtet wurde. Das
gilt u. a. auch für das einschlägige unga-
rische Material. Nach Ansicht mehrerer
Forscher, wie etwa Tschudi hiadsenl,
Arthur Drexlerl und Greta Daniel, fehlt
in der internationalen Fachliteratur vor
allem eine gründliche Bearbeitung des
kunstgewerblichen Materials. Seit der Zü-
richer Ausstellung-Ä waren nur auf der
Frankfurter Jugendstilausstellung4 einige
Zsolnay-Keramiken zu sehen, und unter
den Autoren erwähnt Clementi5 das Schaf-
fen Pal Hurtis bei gleichzeitiger Ver-
öffentlichung einiger seiner Goldschmiede-
arbeiten.
Da ich hier weder auf das Gesamtgebiet
dieses Kunststils noch auf Einzelfragen
eingehen kann, will ich mich im folgenden
darauf beschränken, in stilistischen und
traditionsbedingten Belangen auf einige,
größtenteils unbekannte Faktoren hinzu-
weisen, welche dic Entwicklung und die
europäischen Bindungen des ungarischen
Kunstgewerbes um 1900 maßgeblich be-
stimmten.
XVcnden wir uns zunächst den Problemen
der europäischen Stilwirkungen und der
internationalen Zusammenhänge zu.
Der Einfluß des um die Jahrhundertwende
vorherrschenden europäischen Stils kam in
Ungarn in verschiedener Form und In-
tensität zur Geltung. In der Literatur und
praktischen Verwertung dieser Kunst läßt
sich ungarischerseits eine bewußtc Orien-
tierung und Selektion beobachten; die bei
Schaffung und Ausgestaltung der euro-
päischen Bindungen maßgeblichen inhalt-
lichen und formellen Belange entwickelten
sich nicht zufällig. Das ungarische Kunst-
schatfen um 1900 verfolgte das Ziel, die
Kontakte mit dem zeitgenössischen europäi-
schen Kunstgewerbe aufhöchstcr Ebene und
in konzentriertester Form aufzunehmen.
Betrachten wir nunmehr einige theoretische,
inhaltliche, praktische und formelle Aspekte
dieser Beziehungen.
Von der Aufgeschlossenheit Ungarns ge-
genüber dem einschlägigen ausländischen
Schrifttum zeugt u. a. die ungarische
Ruskin-Litcratur. 1896-1898 gelangen die
„Steine von Venedig" auf den einheimi-
schen Büchermarkt, 1903 veröffentlicht
Sarolta Goetze eine Studie unter dem Titel
„Ruskins Leben und Lehren", ein Jahr
später erscheint aus der Feder Aladar
Körös Krieschs, eines der beharrlichsten
Anhänger Ruskins und Morris', ein Buch
„Über Ruskin und die englischen Prä-
raffacliten". Außer den genannten Ausgaben
beschäftigten sich zu jener Zeit noch
zahlreiche kleinere Abhandlungen und Stu-
dien mit der Bedeutung des englischen
Kunstgewcrbes. Die 1896 gegründete Zeit-
schrift „Magyar Ipartnüveszet" (Ungari-
sches Kunstgewerbe; Abb. 2) bietet gerade
um die Jahrhundertwende überaus reich-
haltiges Informationsmaterial über das in-
ternationale Kunstschaiten. Hohe Beachtung
verdient diese Zeitschrift auch wegen ihrer
Bedeutung für die ungarische Buchkunst,
wie aus dem hier nebeneinander wieder-
gegebenen Originalentwurf Päl Hortis aus
dem Jahr 1900 und der Titelseite des
Blattes, ferner aus einer vom gleichen
Künstler stammenden Kopfleistenverzie-
rung (Abb. 1) hervorgeht, die, wie wir
noch schen werden, an eine typische Stil-
richtung der ungarischen Sezcssion an-
knüpfen.
Neben dem Schrifttum verdienen die per-
sönlichenKontakte,die zahlreichenVorträge
und besonders auch die Ausstellungen eigens
hervorgehoben zu werden.
Als erste dieser Veranstaltungen möchte
ich hier die im November 1898 in Budapest
eröffnete Ausstellung der gelegentlich des
„Englischen NationalWettbewerbs" preis-
gekrönten Werke erwähnen, die insgesamt
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248 Exponate umfaßte. Der gedruckte
Ausstellungskatalug übernahm Auszüge aus
dem Wertungsbericht des englischen Preis-
richterkollegs, da diese, wie es in der
Druckschrift hieß, „das Ausstellungsmate-
rial auf äußerst interessante Art ergänzen
uncl erläutern und einen tieferen Einblick
in jene Leitgedanken und Systeme er-
schließen, die beim wissenschaftlichen und
Kunstunterricht in England befolgt werden
oder als befolgenswerte Richtlinien gel-
ten"?
Die erste ofßzielle Schau der modernen
Kunst („Modern Müveszet"; Abb. 3) fand
bereits ein halbes Jahr vor tilrtitinung der
oben erwähnten Ausstellung, im April 1898,
statt. XWie es in ihrer Ankündigung hieß,
verfolgte sie das Ziel, „die ungarischen
Künstler und das ungarische Publikum
darüber zu unterrichten, welche Richtung
das ausländische Kunstgewerbe einschlägt
und welche nennenswerten Ergebnisse es
der Mitwirkung bildender Künstler ver-
dankt"7. Die 599 Ausstellungsohicktc ent-
hielten die bezeichnendsten Schöpfungen
der modernen Stilrichtung, gaben Auf-
schluß über die Kriterien der künstlerischen
Qualität und boten einen lehrreichen Ein-
blick in die Art und Wleise, wie sich be-
kannte Künstler im Kunstgewerbe be-
tätigten. Bei dieser Gelegenheit schloß das
ungarische Publikum erstmals mit dem
Schaffen Louis C. Tiffanys, XlCalter Cranes,
Charpentiers, Bigots, mit dem Art Nouvcau
Bing und anderen Prominenten nähere Be-
kanntschaft.
ANMEKKUNGENI 7
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