Von den großen österreichischen Büros hat sich
jenes von Karl Schwanzer seine aufgeschlossene
Vitalität bewahrt. Die große Breite der Auf-
gabenbereiche ist bezeichnend für die öster-
reichische Situation: eine Spezialisierung der
Büros ist kaum möglich, aber es ist fraglich,
ob diese Tatsache in der kommenden Ent-
wicklung, so positiv sie erscheinen mag, auf-
recht zu erhalten ist.
Schwanzers vielbeachteter Österreichpavillon
der Weltausstellung Montreal zeugt vom sub-
tilen Wissen über die Ausstellungstaktik. Bau-
werk und Inhalt konnten sich in der starken
Konkurrenz vorzüglich behaupten. Drei wichtige
Aufträge Karl Schwanzers sind eben in Aus-
führung begriffen und werden zweifellos dazu
beitragen, die Bedeutung Karl Schwanzers im
internationalen Baugeschehen zu dokumentie-
ren: die österreichische Botschaft in Brasilia,
das Wirtschaftsförderungsinstitut in St. Pölten
(Abb. 1) und als letzte Arbeit der großzügige
Entwurf für das BMW-Bürohaus in München
(Abb. 2) mit einem „Hängehaus" auf kleeblatt-
förmigem Grundriß. Das Interesse an einer
punktuellen städtebaulichen Situation zeigt Karl
Schwanzer am Projekt eines City-Centers am
Donaukanal (Abb. 3), das Konditionen für die
vielfältigen städtischen Ereignisse darbietet.
In Österreich 7 aber auch über die Grenze des
Landes hinaus - sind besonders die städte-
baulichen Arbeiten von Roland Rainer be-
deutend. In Tendenz und Geistigkeit von
Schwanzer nach wie vor präzise distanziert, ist
er seinen knappen, konsequenten Formulierun-
gen treu geblieben.
Der erfolgreiche internationale Wettbewerb für
einen Stadtteil von Preßburg (Abb. 6) (gemein-
sam mit Herbert Karrer, Albin Arzberger)
zeigt wesentliche Modifikationen der städte-
baulichen Auffassung Rainers zugunsten syste-
matischer, zentrisch orientierter Gruppierungen
im Gegensatz zu den bisherigen Block- und
Zeilengruppierungen oder den teppichartigen
Geflechten, wie sie etwa von der Gartensiedlung
Puchenau bei Linz (Abb. 5), die eben fertig-
gestellt wurde, bekannt sind.
Selbst wenn man vom vielfach umstrittenen Plan
einer Stadthalle absieht, scheint nunmehr Linz der
günstigere Boden für Rainers Tätigkeit zu sein.
Das Projekt für ein Einkaufszentrum am Süd-
bahnhof (Abb. 4), das in den beiden obersten
Geschossen Parkdecks vorsieht, ist eine un-
pathetische, strenge Lösung. Näher der Reali-
sierung ist der Entwurf für ein Hotel in Linz.
Von den Architekten, die bereits eine fixierte
Position in Österreich erarbeitet haben, können
wir vor allem Ernst Hiesmayr zitieren. In der
Vielfalt der Bauaufgaben, mit der er sich be-
schäftigen konnte (Wifi Linz, Villenhotel Wien),
finden wir nun auch einen Kirchenbau, Lang-
holzfeld bei Linz (Abb. 13). Es ist bezeichnend,
daß dieser Bau gerade von der konsequenten
jüngeren Generation kritisiert wird. Man ist
skeptisch gegenüber den sehr geschickt, ja
raffiniert eingesetzten formalen Qualitäten. Doch
müßten auch die Kritiker zugeben, daß, unter-
stützt von den Skulpturelementen Karl Prantls,
ein überaus eindrucksvoller, erlebnisreicher Raum
entstanden ist.
Auch Carl Auböck geht vielfach von der for-
malen Erscheinungsform aus, aber in immer
stärkerem Maße versucht er, die konstruktiven
Momente und die volumetrischen Ergebnisse
zur Deckung zu bringen. Neben zahlreichen
Einfamilienhäusern der (intellektuellen) High
Society baute er die Kirche in Möllersdorf
(Abb. 14), charakterisiert durch die harten,
weiß gestrichenen Betonkuben.
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Mit Auböck gelingt die Uberleitung von den
..arrivierten" zu jenen ambitionierten Architekten,
die heute um 40 Jahre sind und bereits auf
breiterer Basis ins Baugeschehen eingetreten
sind. Zu ihnen gehört vor allem das Architekten-
ehepaar Wolfgang und Traude Windbrechtinger.
Der Kindergarten in Amstetten (Abb. 9) geht
von der Grundform des Quadrates aus und
zeigt ein streng geometrisches Grundrißschema,
das überraschenderweise bei vielen öster-
reichischen Architekten im Vordergrund des
lnteresses steht.
So etwa bei Anton Schwaighofer, der ein
außerordentlich reges und experimentierfreudi-
ges Büro leitet, mit großem Geschick im Erfassen
der Gegenwartssituation. Seine letzte Arbeit,
der Kindergarten in Wördern (Abb. 10), zeigt
deutlich das Engagement für diffizile räumliche
Dispositionen, für modulare Grundrißsystematik,
für geschickte Materialwirkung; Qualitäten, die
auch bei der Schule Allentsteig wirksam ein-
gesetzt sind, Das Interesse an neuen Kon-
struktionen, so zum Beispiel Hängehäusern,
kommt im Bau der Mercedes-Station (Mit-
arbeiter P. Schweger) zum Ausdruck. Gemein-
sam mit Rupert Falkner entstanden einige
Wohnbauten, während Falkner im Alleingang
das Altersheim in Breitenfurt entwickelte.
Überhaupt gilt Falkners Interesse dem Problem
des Wohnens alter Menschen. Projekte für
Neudörfl und Krems und für ein Pensionisten-
heim in einem Neubaugebiet in Wien (Abb. 7)
geben davon Zeugnis.
Falkners kürzlich fertiggestelltes Kinderdorf in
Pötsching ist ein bemerkenswerter Ausbruch
aus der Kinderdorf-Sentimentalität, trotzdem
bewahrt die Anlage eine sympathische Maß-
stäblichkeit.