werden also z. B. zueinander erfolgende
Bewegungen um verschiedene Achsen dar-
zustellen sein, so wird die Darstellung ver-
wirrend und zum Teil auch ungenau.
Wenn die Aufgabe der Armillarsphaere die
Veranschaulichung von Vorgängen ist,
dann ist auch leicht zu erklären, weshalb
die „ptolemäischäß also die die Erde als
Mittelpunkt habende Armillarsphaere, die
zur Zeit des Ptolemäus nach den Erkennt-
nissen von Aristarch (um 290 v. Chr.)
bereits als nicht die Wahrheit darstellend
erkannt sein mußte, bis spät in das 18. und
19. Jahrhundert hergestellt xvird5.
Die ptolemäische, die geozentrische Armil-
larsphaere stellt die Bewegung und Be-
ziehung so dar, wie sie vom Betrachter-
standpunkt aus gesehen werden kann. Die
kopernikanische, heliozentrische Armillar-
sphaere zeigt die Wirklichkeit 7 ist aber
mit der laienhaften Natutbeobachtung
schlecht zu koordinieren 6. Das Nebenein-
ander der beiden Arten von Armillar-
sphaeren beschreibt deshalb auch Bion7,
dessen Buch die beiden Abbildungen ent-
nommen sind (Abb. 2, 3).
Zweifellos verdient die Demonstration der
Vorgänge vom Betrachterstandpunkt aus
große Beachtung. Das Entstehen der
Jahreszeiten für eine bestimmte Polhöhe ist
ebenso darstellbar wie die für jeden Tag
des Jahres erreichte Sonnenhöhe, die
Dauer von Tag und Nacht, die Bedeutung
der Wendekreise wie der Polarkreise wird
klar, die Praecession der Aequinoktien ist
dcmonstrietbar, usw. Bion widmet sein
Kapitel III (S. 277) dem Gebrauch der
ptolemäischen Armillarsphaere und gibt
19 Aufgaben an, die mit der ptolemäischen
Armillarsphaere lösbar sind. Für die ko-
pernikanische Armillarsphaere gibt er drei
Demonstrationsmöglichkeiten an, die aller-
dings in ihrer Wichtigkeit mit den vorge-
nannten Aufgaben unvergleichbar sind.
Schon die ältesten Hinweise lassen darauf
schließen, daß Armillarsphaeren mit Ringen
für die Darstellung der Planetenbewegungen
ausgerüstet wurden (3), dazu gesellten sich
ingeniöse mechanische Antriebe 3, 3, 9, das
Lehr-Modell wird kompliziert, zum Teil
ungenau. Im Unterricht bewährt sich noch
immer die „einfache" Armillarsphaere, im
Gegensatz zum Erd- und Himmelsglobus
ein selten gebrauchtes Lehrgerät, daher
auch in viel geringerer Stückzahl erhalten
als der Globus derselben Zeit, obwohl die
größte Zahl der Armillarsphaeren, aus
Metall verfertigt, eine bessere Chance zum
Überdauern hatte. (Bi0ns Abbildungen
beziehen sich möglicherweise auf Armillar-
sphaeren, deren Ringe weitgehend aus
Pappe bestehen, solche sind z. B. erhalten
im Marincmuseum Greenwich, in Wien 10
sowie in München 11 dort Abb. 106 (2. Fig.
- 129). Diese Instrumente sind relativ
späten Datums. Demgemäß war die aus
Metall hergestellte Arrnillarsphaere auch
ein relativ teures Gerät, welches, da das
Darzustellende hohe Vorstellungsgabe und
vielleicht auch hohe Bildung von dem mit
dem Gerät Konfrontierten verlangte, oft
in Prunkausführung hergestellt und Kunst-
24
kammem oder Fürstenhäusern zugewiesen
wurde9, 12, 13 und dort mehr bewundert
als gebraucht, einen metaphysischen Gehalt
ausstrahlte, über welchen später noch zu
reden sein wird.
Kehren wir zu einem typischen Demon-
strationsobjekt zurück: einer Armillar-
sphaere (Abb. 1) aus dem 18. Jahrhundert,
einem offenbar in Wien verfertigten In-
strument. Die nachstehend näher be-
schriebene Armillarsphaere ist nach dem
geozentrischcn System aufgebaut. Sie be-
sitzt eine Grundplatte mit Kompaß, dieser
hat keine Mißweisung angegeben, wohl
aber jeweils 301 nach NNW und NNO zu
eine Gradeinteilung. Die vier Himmels-
richtungen sind lateinisch bezeichnet. Die
Grundplatte aus Messing ist mit Hilfe von
drei Schlitzschrauben an eine hölzerne
Unterlagsplatte geschraubt, welche wie-
derum drei gedrechselte Füßchen trägt, die
dem Instrument aufciner Unterlage sicheren
Stand verleihen sollen. An der Grundplatte
befestigt eine von unten durchgehende
Schraube den gedrehten Fuß aus Messing,
der mit vier Viertelkreisen den Horizontring
trägt. Die Viertclkreise sind, ebenso wie die
Unterseite des Horizontringes, unbe-
schriftet. Der Horizontring ist an seiner
Oberseite innen mit einer Gradeinteilung
versehen, wobei - bei richtiger Aufstellung
der Armillarsphacre i bei dem nach N
und S zeigenden Punkt des Horizont-
krcises sowohl der Schlitz zur Aufnahme
des Meridians angebracht ist als auch die
Gradeinteilung beginnt, die jeweils bis
zum O- und W-Punkt von O bis 90" ver-
läuft. Außen trägt der Horizontkreis einen
Kalenderring mit Angabe der Tierkreis-
zeichen und deren Symbole, dazu eine
Unterteilung in 12XO bis 30 Teilstriche,
nach links umlaufend.
In die beschriebenen Schlitze eingelassen
und auf dem Kreuzungspunkt der Viertel-
kreise durch zwei Messingzungen gehalten,
ruht für jede Polhöhe einstellbar der Meri-
diankreis. Dieser trägt eine Gradeinteilung,
und zwar vom Äquator mit O" bis zum
Durchgang der Achse mit der Bezeichnung
90". (Eine solche Einteilung konnte sonst
nur bei einem Erdglobus von Hondius-
Rossi [ca. 1615] - soferne dessen Meridian-
ring original ist -- gefunden werden, die
Meridianringe von Erd- und Himmels-
globen von Blaeu, Valk, Doppelmayer,
Pigon, Fcrguson und Klinger tragen jeweils
auf dem linken Teil des Meridiankreises
eine Gradation vom Äquator zum Pol, auf
dem rechten Teil vom Pol zurn Äquator
von O" bis 90". Das Bild von Bion zeigt
aber, ebenso wie Bild 98 aus ll die für die
beschriebene Armillarsphaere ausgewiesene
Einteilung.)
Nahe dem oberen Durchgang der Achse
durch den Meridianring sind zwei Ein-
kerbungen und kleine Löcher für die
Befestigung des Stundenringes (dieser er-
gänztl) vorgesehen.
Die drehbare eigentliche Ringkugel wird
von einer Achse durchzogen, die auf ihrem
durch den Meridiankreis herausragenden
Ende den (ergänzten) Stundenzeiger trägt.