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Nürnberg stammt aus der Zeit um 1500.
Bezeichnenderweise waren aber diese Stücke
keine Tischgeräte, sondern mit einem
Handgriff versehen. S0 hält der, der die
Artnillarsphaere hat, die natürliche Welt, das
Weltsystem in Summe in seiner Hand. Das
war sicherlich auch die Meinung Syrlins
bei der Darstellung des Ptolemäus, der als
quasi-allegorische Figur für Erforschung
und Beherrschung natürlicher Erschei-
nungen bis in das 18. Jahrhundert immer
wieder auftritt. In diesem Sinne ist es
interessant, daß dieses Instrument, das eine
Konstruktion und Erfindung der antiken
Naturwissenschaft war, im 15. Jahrhundert
wieder auftaucht und von da an seine große
Blüte im Verlauf des 16. und 17. Jahr-
hunderts erfährt. Von heute aus gesehen
ist es an sich merkwürdig und erstaunlich,
Instrumente, die einem technischen oder
wissenschaftlichen Zweck dienen, durch
kostbares Material wie Vergoldung oder
gar Email und Ornamente zu einem Kunst-
gegenstand zu formen, ohne dabei die
praktische Verwendbarkeit zu beeinträch-
tigen. Das hetrifft aber nicht nur die At-
millarsphaeren, sondern jedes Instrument der
Naturwissenschaft dieser Jahrhunderte. Sind
es ja jene Jahrhunderte, in denen die Er-
forschung und Beherrschung der Natur
jenen großen Aufschwung erlebte, der am
Ende die Aufklärung und die Stellung der
empirischen Wissenschaften unserer Ge-
nerationen vorbereitete. Die Stellung des
Menschen zur Natur und die Erfassung
des Menschen als Teil der Natur wurde
vom 15. Jahrhundert an radikal anders
gesehen als in der vorhergehenden Zeit;
eine Wandlung, die letzten Endes in der
Gotik des 13. Jahrhunderts begründet ist.
Die erste Einstellung zu dieser neuen Welt-
ansicht aber war die, den „Geist der Natur"
zu beherrschen. Das ist dichterisch ausge-
drückt in der Person des Faust, der durch
alle Möglichkeiten des menschlichen Geistes
bis zur Magie die immer intensiver er-
kannten Kräfte des Alls sich untertan
machen will. Diese Einstellung aber ist
letzten Endes der Urgrund für die Form
und Gestaltung der naturwissenschaftlichen
Instrumente. Denn zur Beobachtung der
Zeit oder der Bahn der Sonne, und der
Gestirne ist es nicht nötig, vergoldete
Instrumente zu besitzen. Dem übergeord-
neten Geist aber dient man mit der höchsten
Kostbarkeit menschlicher Kunstfertigkeit.
Man dient ihm dadurch nicht bloß, sondern
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ist der Grund für Prunk und Kostbarkeit
aller sakralen Geräte, die menschliche Kultur
geschaffen hat. Unter diesem Aspekt aber
gestaltete man die naturwissenschaftlichen
Instrumente zu kostbar vergoldeten und
nrnamentierten sakralen Geräten einer Zeit,
für die „die Natur" zum großen überge-
ordneten Geist geworden war. Aus dieser
Einstellung heraus entstanden Instrumente,
wie etwa ein Zirkel von Schissler im Öster-
reichischen Museum für angewandte Kunst,
der nicht bloß ein gewöhnlicher Stech-
zirkel ist, um auf einer Landkarte eine
Strecke zu messen, sondern der in seinem
Innern ein Längenmaß und eine Sonnenuhr
enthält, die Jahreszeiten und die mensch-
lichen Temperamente in Inschriften trägt
und zusammengeklappt die Form eines
königlichen Zepters erhält; denn wer
diesen Zirkel in der Hand hält, regiert die
Natur.
Das alles ist auch letzthin die tiefe Be-
deutung jeder Armillarsphaere. Sicher, sie
ist gemacht, um die Vorgänge des Himmels
und der Gestirne zu demonstrieren. Aber
sie ist auch da, um dem Demonstranten
die Natur in die Hand zu geben, wie Jörg
Syrlins Ptolemäus sie hält.
S0 gesehen erscheint es verständlich, daß
die große Zeit dieser Instrumente das 16.
uncl 17. Jahrhundert war, die Zeit der
Philosophen der Renaissance und des
Humanismus Galilen Galileis oder Gior-
dann Brunos. Verständlich aber auch, daß
ihre Bedeutung im Verlauf des I8. Jahr-
hunderts schwindet, in einer Zeit, in der
man wieder anders, viel nüchterner und
empirischer die Natur betrachtet und das
Instrument nur mehr Instrument und
nicht mehr „sakrales Gerät" war. In großer
Linie bis in unsere Tage tritt nun bei allen
naturwissenschaftlichen Instrumenten die
künstlerische, ornamentale Form immer
mehr zurück und weicht der prak-
tischen und zweckgebundenen Gegeben-
heit. Nur weniges davon, etwa eine
Armband- oder eine Taschenuhr, erhält
noch seinen Charakter als Schmuck nur
nebenbeilß.
Die Wiener Armillarsphaere Schindlers, ja.
alle Instrumente dieses Mechanicus stehen
hier an der Wende zweier Auffassungen:
der Charakter großartiger Bedeutung ist in
ihnen gerade noch erhalten. In der Ein-
fachheit und Sparsamkeit der Ornamente
aber kündigt sich bereits die neue nüchterne
Zeit der Aufklärung an.
ANMERKUNG 1a
ß Egger, Naturwisenschaß de! lkcnaisance, i
modzrnc 1mm. 1961, Nr. 49, s. 15m
28
x : Alt: und
Disu m: entspricht mit Ergänzungen der Publikation
"Der am rcund" m11. September ms.