SITZEN 69"
Wo immer heute von neuen Möbeln die Rede
ist, stets gilt das Interesse zuerst, wenn niChl
gar ausschließlich, den Sitzmöheln.
Silzmöbel slehen im Raum. Sie mussen den
verschiedenartigsten körperlichen Silzwün-
sahen und Silzweisen genügen, vom Beinahe-
Liegon bis zum offiziellen Sitzen. Sie dürfen
vor allem nicht die Jsychologie des Sitzuns"
außer acht lassen, die sehr individuell und sehr
zeitbedingl ist.
Gerd Halie, 1958
Säulenhof des Österreichischen
seums für angewandte Kunst war
1 24. Jänner bis 16. März dieses
res eine Ausstellung zu sehen, die
Titel „sitzen 69" trug. Die An-
.ing zu dieser Schau ging von
rn Stadtrat Dr. Pius Prutscher aus
l wurde vom Direktor des Museums
fessor Dr. Wilhelm Mrazek auf-
riffen und einer Verwirklichung
eführt. Die Organisation und die
erordentlich sorgfältige wissen-
aftliche Bearbeitung des Kata-
as lag in den Händen des Möbel-
imannes des Hauses, Dr. Franz
idisch-Graetz. Ausgestellt waren
jesamt 70 Objekte aus verschie-
en Ländern. Neben der am stark-
l vertretenen heimischen Produk-
wurden sehr gute Beispiele aus
iemark, einige aus Schweden,
wegen, Italien, Deutschland und
tland gezeigt. Dern Untertitel „Mo-
1e Tischlersessel und ihre Werk-
hnungen" entsprechend, handelte
ich bei allen ausgestellten Möbeln
Arbeiten aus Holz. In übersicht-
itlicher Anordnung waren die ein-
ien Stühle von Architekt Walter
ny, der die Ausstellung aufgebaut
e, vor niedere Kojenwande ge-
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stellt, auf denen jeweils die zu dem
Objekt gehörigen Werkzeichnungen
zu sehen waren. Viele der gezeigten
Sitzgelegenheiten waren nach Ent-
Würfen bekannter Architekten gee
schaffen worden.
Die besten Exponate waren eindeutig
jene der Dänen. Besonders fielen
etwa der Armstuhl aus Palisander-
holz mit massiver Rückenlehne und
Armstützen aus Leder von dem Archi-
tekten Kristian Vedel und der etwas
zierlichere, ebenfalls mit einer Leder-
polsterung versehene des Architekten
Ole Wanscher auf. Sind die beiden
genannten Exponate bequeme Fau-
teuils, so sahen wir für den Speise-
tisch sehr grazile Armstühle von Otto
Niels Moller, die ein klares Linien-
gefüge zeigen und dabei ein von der
Erzeugerfirma überprüftes Höchstmaß
an Festigkeit aufweisen. Zu beachten
war neben der gelungenen Form-
gebung des Holzes auch die jeweils
sehr wohl bedachte Bespannung. So
hat der etwas lockere, nahezu ver-
knutschte Lederbezug des Polsters
von Vedels Armstuhl schon optisch
etwas sehr Einladendes zum legeren
Sitzen. Etwas enttäuschend waren die
Beispiele der deutschen und finni-
schen Produktion. Besonders der
Hocker des Finnen Alvar Aalto mit
den geriefelten Knien der Hockerbeine
wirkte etwas verspielt. Die beiden nor-
wegischen Stühle schließen jedoch
eng an die dänischen Musterbeispiele
an. Die ltaliener waren mit einem
Stapelstuhl, einer Kombination von
Holz und Stahlrohr, von Giancarlo
Piretti und einem sehr leichten, mit
geflochtenem indischem Flohr be-
spannten Eschenholzstuhl von Gio-
vanni Ponti vertreten. Von den schwe-
dischen Exponaten möge der schlichte
Eichenstuhl mit Rohrgeflecht und be-
spannter Sitzflache des Erik Karl
Ekselius hervorgehoben werden. Der
Armstuhl von Bruno Mathsson mit
seinem stark gekurvten Rahmengestell
wirkt dagegen nicht recht über-
zeugend, eher etwas manieriert.
Bei der Betrachtung des österreichi-
schen Beitrages fiel besonders auf.
daß unsere Architekten schon um
1930 Sitzrnöbel entwickelten, deren
Formen noch heute vollkommen be-
friedigen und die geradezu typen-
bildend wurden. Die Stühle des 1885
in Baden bei Wien geborenen Josef
Frank, die mit einigen guten Beispielen
in der Ausstellung vertreten waren,
bewiesen das besonders eir
Auch Ernst Anton Plischkes
aus dem Jahre 1932 gehori
genannt. Allerdings brauche
auch einige neue Schöpfungei
reichischer Architekten vor eini
nationalen Konkurrenz nic
scheuen. Modelle wie die
Oteokas, Anna Prauns 0d
jungen Winfried Vozicky (J:
1946!) zeigen es. Ein Eindru
allerdings durch unvorteilhafte
stoffe der Bespannungen oft
trächtigt wurde. Unter den
reichischen Sesseln fand ma
eine Anzahl Spezialsitzmobel
für ein Orchester, für eine Schi
einen außerordentlich orig
Mehrzweckarmsessel für Klein
nungen von Otto Niedermoser.
natürlich auch ausgefallene f
nungen, die weder vom Fr
noch vom Praktischen sonderl
friedigten, wie beispielswei:
Modell von Ernst Fuchs.
Im ganzen war „sitzen 69" ei
interessante Schau, von de
wünscht, daß sie von vielen ähi
verwandte Gebiete zeigendei
stellungen ergänzt wird.
Aloi: