Planrllß Nr. 21 R, Entwurf eines gotischen Profznbaucs
in Wien. (zrnnurlß m: 2. Obergschosm. Photo: Bundes-
denkmalamt
Planriß NLZH} R, Entwurf eines gotischen Pmrnn-
baucs in Wien. Grundriß des Erdgeschosses (mit späterer
Eintragung der nördlichen Tumlvorhalle von St. Stc-
hzn). Photo: Bundesdcnklnalamt
hnriß Nr. 12 (Umzeirhnung) Entwurf einer Kapelle.
Ansicht
Planriß Nr. 12 R (Umzeichlzung) Enlwurfeiner Kapelle.
Grundriß
Rlß 283 R, Grundrß de: Erdgerrborrex (Abb. 4)
Riß 283 R zeigt bei etwa gleicher Größe
und ähnlicher Fensterteilung eine andere
Einteilung der Zwischenwände, die nur auf
die Fassadenöffnungen des Erdgeschosses
bezogen werden können, weil die Zwischen-
wände der Kammern zur Linken in die
Fenstcrprofile des 1. Obergeschosses ein-
schneiden würden. Schornsteine sind hier
nicht vorhanden. Diese wurden früher erst
in den oberen Geschossen auf die Zwischen-
decken aufgesetzt.
Für die Beurteilung der Gesamtsituation
ist die rechte Ecke der hinteren Front bei
dem sechseckigen Treppenturm von größ-
ter Wichtigkeit. Wie beim Riß 21 R führt
hier ebenso ein Portal von dem äußersten
Raum der Rückseite in die Spindel wie von
der anderen Seite außerhalb unseres Grund-
risses. Doch sieht man auf Riß 283 R dcut-
licher, daß hier die Außenwand der Hinter-
front in gleicher Stärke und Richtung wei-
tergeführt ist. Nach der besonderen Art
der Betonung dieses Treppenturmes mit
zwei bis drei Geschossen über dem Dach-
gesims konnte man ohnehin annehmen, daß
hier kein Abschluß, sondern eher ein be-
sonders betonter baulicher Akzent für die
Hinterfront gegeben werden sollte. Bei
einem Abschluß hätte man ohne Zweifel
eine nach beiden Außenseiten vortrctcndc
Eckspindel gewählt.
Die ilächstwichtige Problemstellung ist
nun die Frage, 0b sich diese Fortsetzung
auch an der Hauptfront wiederholt. Der
Grundriß 21 R ist gerade an dieser Stelle
beschnitten, Riß 283 R zeigt hier eine Ecke
ohne Eckgliederung wie auf der gegen-
überliegenden Seite - allerdings auch ohne
Fortsetzung der Außenwand. Daß hier eine
Ungenauigkeit vorliegen muß, beweist die
Tatsache, daß einer Fortsetzung an der
Hintcrfront eben auch eine Fortsetzung an
der Hauptfront entsprechen muß. Natür-
lich könnte der anschließende Baukörper
schmäler sein und an der Hauptfront zu-
rückspringen. Aber gerade dann hätte es
auf dem Fassadenriß 21 zur Rechten eine
Ecklösung geben müssen. Zudem ist auf
dem Riß 283R die ganze Feuermauer in
voller Stärke gezeichnet, ohne daß eine
andere Querrnauer eingezeichnet wäre.
Eine Lösung kann hier nur der Fassaden-
riß Nr. 21 bringen, der an der rechten
Flanke absolut offenbleibt, d. h. nicht ein-
mal die letzten begrenzenden Wand- und
Dachfialen bringt, die bei einem definitiven
Anbau an ein bestehendes Objekt mit
Sicherheit gezeichnet worden wäre. Die
Fassade sollte also hier noch mindestens
um eine weitere Hauptachse (Erdgeschoß)
weitergeführt werden. Zu dieser Lösung
kommt man übrigens auch bei einer Be-
trachtung der Fassade mit dem hohen Eck-
des unbedeutenden 2. Obergeschosses, nicht
dagegen des entscheidenden l. Oberge-
schosses besitzen, in dem ohnc Zweifel ein
großer Saal geplant war. Unverständlich ist
nur, weshalb auf der Rückseite des großen
Fassadenplanes nicht dieses Hauptgeschoß,
sondern der Grundriß des 2. Obergeschos-
ses gezeichnet ist.
Der Saal im 1.0bergesch0ß war sicher
eine völlige Einheit mit Stützenstellungen,
die im Verlauf der zwci Hauptmauerzüge
stehen sollten. Lediglich der Raum unter-
halb des Eckturmes hätte aus diesem
System ausgespart werden müssen. Ob der
große Saal für eine Überwölbung geplant
war, muß offen bleiben. Eine ungelöste
Frage bleibt auch, wie dieser Saal vom
Erdgeschoß aus zugänglich gemacht wer-
den sollte. Wir sehen zwar zwei Wendel-
treppen an der hinteren Front, die aber
doch relativ schmal sind und zu kleine
Türen haben, um einen größeren Saal auf-
zuschließen. Eine hölzerne Stiege, die
natürlich nicht im Plan eingetragen ist, muß
wohl in der Nähe der Votdcrwand (viel-
leicht im Bereich des Eckturmes) ergänzt
Werden.
DIE ZEITLICHE UND STILISTISCHE
EINREIHUNG
Ohne Zweifel gehört der Fassadcnriß Nr. 21
in engsten Zusammenhang mit dem Plan-
riß Nr. 75 der abgebrochenen Magdalenen-
kapelle bei St. Stephan und hat auch den-
selben Zeichner zum Urheber. Typisch für
diesen Zeichner ist die ungewöhnliche Ge-
staltung der Verbindung zwischen dem
unteren Kaifgesims und den anschließenden
Kielbogen mittels Viertelkteisen. Zudem
versucht dieser Zeichner, graphische und
malerische Effekte in seinen Zeichnungen
herauszuarbeiten. Dabei versucht er, durch
Stricheln am oberen Ende ansteigender
Gesimse eine Art Tiefenwirkung zu er-
reichen, was im Grunde der Eigenart goti-
scher Planrisse widerspricht.
Bruno Grimschitz hat die Rißgruppe 21
und 75 Hanns Puchspaum zuzuschreiben
versucht. Nun hat schon Hans Tietze eine
Notiz „zu dem (auf Riß 75 dargestellten!)
Vorbau vor der Gruft bei dem neuen
Karner" (Magdalenenkapellel) mit dem be-
merkenswerten Zusatz: „. . . so man an-
hebt zu pawen" aus dem Jahr 1478 über-
liefert. Somit ist bewiesen, daß dieser Vor-
bau der Magdalenenkapelle 1478 noch nicht
begonnen war.
Hanns Puchspaum, der 1446 Dombau-
xneister von St. Stephan wurde und 1454
ein Testament errichtet haben soll, war
bereits 1456 durch Laurenz Spenyng als
Dombaumeister von St. Stephan ersetzt.
Seine überschaubare und sicher datierbare
Tätigkeit in Wien umfaßt also lediglich das
Jahrzehnt zwischen 1446 und 1456. Wir
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