130
Vergegenwärtigen wir uns hiezu die
historischen Momente jener Zeit. Am
6. juli r547, also zweieinhalb Monate
nach der für die Reformierten so un-
glücklichen Schlacht bei Mühlberg,
hatte Nürnberg den wenig erwünschten
Besuch des Siegers. Neue Einquar-
tierungen und damit neue Lasten für
die Stadt, neues Weh für die Bevöl-
kerung standen in Aussicht und hatten
sich in trauriger Weise erfüllt. Alle
Schichten des Volkes atmeten daher
auf, als der Kaiser nach zwölftägigem
Aufenthalt wieder mit seinen Kriegs-
völkern und zahlreichen Fürsten die
Stadt verließ. Im September desselben
Jahres fällt der Reichstag zu Augs-
burg und im Mai des folgenden das
Tonrnodel aus der l-Iafnerwerkstätte des Paul berüChliigte Interim: mit welchem so
Preuninzin Nüräielvsßifgrfillielrg?! (im 3'511" ziemlich alle bisherigen Errungen-
schaften der lutherischen Reformation
beseitigt werden sollten. Dieser kaiserliche Schritt, die evangelische Lehre
vollkommen zu unterdrücken, rief in Nürnberg die größte Aufregung hervor.
Genau in diese Zeit fällt die Anfertigung der Krüge mit den Bildnissen
des Kaisers und des Kurfürsten in der Hafnerwerkstätte des Paul Preuning.
Und wie innig im reformatorischen Sinne ist die Gegenüberstellung der
beiden Brustbilder gedacht, durch die Wahl der für die Glasuren verwendeten
Farben der Kontrast noch erhöht! Der kalte bleiche Spanier, tief in Schwarz
gekleidet und neben ihm der beste deutsche Fürst, barhaupt, in hellblauem
Wams, ohne Wehr und Waffen. Die linke Wange des Kurfürsten zeigt
die deutlich sichtbare Narbe der ihm in der Schlacht bei Mühlberg mit
einem Schwerthieb beigebrachten Wunde. In solcher Ausstattung der
Gefäße liegt etwas mehr als wir bei den sonstigen Erzeugnissen damaliger
Hafner antreffen können. Hier spiegelt sich das ganze Fühlen und Denken
der großen Masse des deutschen Volkes, sein nationales und sein Glaubens-
bekenntnis, auf den Schöpfungen eines Handwerkers wieder. Mit seinen
Gefäßen, die sich die Nürnberger zum täglichen Gebrauche auf den Tisch
hinstellen mögen, eifert er für ihre und seine Gesinnung und ermahnt sie mit
dem Vergleiche: „Siehe den Katholiken und siehe den eigentlichen Christen"
zur Gegenwehr. Wollen wir aber nicht die religiöse Überzeugung als aus-
schließlich leitendes Motiv für die eigentümliche Darstellung der beiden
Gegner gelten lassen, so werden wir doch immerhin zugeben müssen, daß die
Fähigkeiten und der Charakter des T öpfers auch dann nicht herabgesetzt
erscheinen, wenn er damit in erster Linie spekulative Zwecke verfolgte.