wird, leitet sich wohl durch die hohen
Einkünfte ab, die diese Apotheke abwarf.
Dadurch wurde der Hausrat vor wechsel-
vollen Schicksalen bewahrt. (Als im Jahr
1951 der letzte Namensträger Petter starb,
befand sich in seinem Nachlaß noch eine
große Anzahl sehr früher Wohnungs- und
Apothekeneinrichtungsgegenstände.)
Eine artglciche Truhe mit heraldischen
Lilien beHndet sich im „Germanischen
Nationalmuseum" in Nürnberg (Abb. 6):
bei ihr ist die Gürtelzone des Sockels mit
drei Schubladen ausgestattet. Die Muster
des Maßwerks sind gleich; teilweise nur in
ihrer Wechselfolge ausgetauscht.
Eine Sockeltruhe ähnlicher Art ist im Auk-
tionskatalog der Sammlung Dr. Alb. Figdor
(1930) im II. Band, Nummer 525, angeführt.
Diese maßwerkverzierte Truhe zeigt an
ihrer Front keine Lilien, aber im dazu-
gehörenden Tcxt werden sie dennoch er-
wähnt; denn bei ihr sind sie an den Seiten-
Hächen angebracht. Merkwürdigerweise ist
dieses Stück auch an der Rückwand ver-
ziert. Und zwar durch zwei Kreise mit
Fischblasenornarnent, wie sie die anderen
Truhen auf dem Sockelfries tragen. Im
Aukrionskatalog ist diese Truhe mit: „Salz-
burg" überschrieben. Wahrscheinlich ein-
gedenk ihres Erwerbs in dieser Stadt. Als
Zeitangabe steht: „Um 1500". Was wohl
für alle diese Truhen gilt. Im selben Kata-
log Abb. 543 ist eine Schwester der Nonn-
berger Truhe abgebildet. Ihr Sockel ist
offenbar vcrlorengegangen. Sonst gleicht
sie ihr bis ins Detail. Nur die Reihenfolge
der Muster in den Kreisen ist ausgewech-
selt. Dieses Stück ist mit „Ober-Italien oder
Südalpcn" überschrieben, Zeitangabe:
15. Jahrhundert.
Auch der bei Falke auf Seite 121 abge-
bildete gotische Schrank aus Schloß Ach-
leiten in Oberösterreich trägt im linken,
obersten Feld solch eine Lilie. Seine For-
men sind die der auslaufenden Gotik. Er
wird daher schon als Renaissanceschrank
bezeichnet und trägt den Sammelbegriff
„Österreichische Alpen", 16. Jahrhundert.
Zur Unterstützung der Annahme, daß die
„Lilicntruhenll Salzburg zugeordnet wer-
den können, mögen noch zwei halbhohe,
gotische Paramentenschränke angeführt
werden. Sie tragen keine Lilien an sich,
sind aber gleichfalls mit reichem Maßwerk
überzogen; ohne dazwischenliegende Glatt-
flächen. Auch sie zeigen eingelegte Rah-
mungsleistcn. Ihre salzburgische Herkunft
dürfte außer Zweifel sein. Verwirrend ist
nur, daß sich ein drittes Stück dieser Art
auf der Wartburg befindet5.
Wieder ist es das Kloster Nonnberg, in dem
der eine Paramentenschrank aufbewahrt
ist. Er hat leider einen ergänzten Sockel,
der gänzlich mißraten 7 aber durch die
darauf angebrachte Jahreszahl 1883 gekenn-
zeichnet ist (Abb. 8).
Bevor auf dic Verwandtschaft der Stücke
näher eingegangen wird, sei noch die Her-
kunft des zweiten Paramentenschrankes
angeführt (Abb. 9). In den siebziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts wurde er von
Baron Löwenstern - einem der frühen
30
„Antiquitätensammlef von Rang - (er
lebte in Oberalm bei Hallein), bei einem Berg-
bauern ober St. Johann im Pongau (Land
Salzburg) entdeckt und erworben. Schon
im Jahr 1920 und in den späteren Jahr-
zehnten hörte die Verfasserin des öfteren
die Geschichte des Erwerbs von der Toch-
ter des Sammlers. Denn die Entdeckung
dieses reichen, gotischen Möbels in einem
ärmlichen Bauernhaus auf einer dunklen
Tenne war für ihn ein Erlebnis gewesen.
Angefüllt init Hafersäcken, war sie eben zu
einem ländlichen Vorratsrnöbel geworden.
Ihr ursprünglicher Standort war sicher in
einer der umliegenden Sakristeien gewesen.
Möglicherweise auf Schloß Schernberg oder
Goldegg im Pongau, wo sie durch den
Gcschmackswechsel nachfolgender Stile ab-
gestoßen wurde. Eine Herkunft aus größe-
rer Entfernung ist bei der Lage am Berg -
in den siebziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts - nicht wahrscheinlich. lht jetzi-
ger Standort ist in Württemberg, wo sie
vor zehn Jahren durch Erbwege hinkam.
In allen drei Fällen sind es truhenartige
Pararnentenschränke, die sich zweitürig
öffnen. Möglicherweise sind es die ver-
bliebenen Unterteile von ehemals zwei-
geschossigen Kästen. Wahrscheinlicher ist,
daß sie kein Oberteil hatten. Bei allen dreien
ist die Einteilung gleich, und zwar in eine
obere und untere Reihe von vier fast
quadratischen Feldern, die seitlich durch
hochrechteckige abgeschlossen werden. Der
Sockel des Wartburger Exemplars gleicht
vollkommen den Sockeln der „Lilien"-
Truhen mitsamt den abgerundeten Ver-
bindungszwickeln. Die St. Johanner Truhe
zeigt wohl auch den mit Spitzbögen ge-
zierten Sockelfuß, doch fehlt ihr der Sockel-
fries, der vielleicht verlorenging, so daß
man ihn durch einfache Leistenstege er-
setzte. (Der Verfasserin war eine genaue
Untersuchung nicht möglich.) Am „Nonn-
berger" Schrank (er erhielt, wie erwähnt,
einen neuen Sockel) sieht man in der unte-
ren Felderreihe unter den mit Maßwerk
gefüllten Kreisen einen Fries. F.r besteht
aus vier kleinen Quadraten. In jedem sitzt
eine formgleiche Kreuzblume. Dieser Fries
wiederholt sich an dem Wartburger Schrank
in den zwei linken unteren Feldern und so
auch in den zwei rechten oberen. Das Maß-
werk in den hochrechteckigen Vertiefungen
ist kaum variiert. Dagegen wirkt das
St. Johanner Stück durch das durchgehende
Kirchenfenstermotiv strenger und sakra-
ler.
Eine nahe Verwandtschaft all dieser Möbel
ist gegeben. Darum wurde der Versuch
unternommen, alle in Richtung Salzburg
zu sammeln. Ihre hohe künstlerische Quali-
tät entspricht durchaus dem Rang Salz-
burgs als geistliche Metropole nördlich der
Alpen.
Als Entstehungszeit kämen für die Lilien-
truhen die Jahre um 1490 bis um 1500 in
Betracht, während die Paramentenschränke
etwas früher, jedoch nicht in die Mitte,
sondern in die fortgeschrittene zweite
Hälfte des 15. Jahrhunderts zu datieren
wären.
ANMERKUNG 5
5 Falke, n. a. 0., 5.118.