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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 105)

 
bahnversicherung Osterreichs steht an der Lin- 
ken Wienzeile 48152, Ecke Joanelligasse, in 
einer leider sehr unruhigen und wenig gepfleg- 
ten Umgebung. Der Bau wurde 1911 begonnen, 
von dern Architekten Hubert Geßner, einem 
Schüler Otto Wagners, ausgeführt. Er weist aber 
fast mehr auf den Einfluß Josef Hoffmanns hin. 
- Die überlebensgroßen plastischen Gruppen 
Hanaks stehen in der Höhe des vierten Stock- 
werks und sind mit freiem Auge in Einzelheiten 
kaum zu erfassen. Jeweils eine aus der Mitte 
stärker vertretende, lenkende. behutsam führende 
oder heilende Gestalt leitet die beiden Nachbarn 
rechts und links. Das Gefüge dieser fünf Dreier- 
gruppen, Haltung und Gebärden sind thematisch 
viel reicher abgewandelt, als wir es von den 
Stafa-Reliefs kennen. Zwei Jahre liegen zwi- 
schen den beiden Werken und innerhalb dieser 
Zeit das aufrüttelnde Erlebnis der Großen Inter- 
nationalen Kunstausstellung in Rom, 1911. 
Das Formproblem der liegenden Gestalt löst 
Hanak an der Fassade des Hauses in Hietzing. 
Gloriettegasse 14116. Josef Hoffmann hat in 
den Jahren 19134915 diesen klassisch-klaren 
Bau für den Fteichsratsabgeordneten Robert 
Primavesi geschaffen; heute gehört er dem 
Österreichischen Gewerkschaftsbund. a Zwi- 
schen zwei leicht vortretenden seitlichen Eck- 
bauten, die durch Giebel zur Straße betont 
sind, erstreckt sich der Mitteltrakt. von sechs 
Pilastern gegliedert. In den beiden seitlichen 
Giebelfeldern ruhen Hanaks überlebensgroße 
Sandsteinfiguren, Mann und Weib. Halb auf- 
gerichtet, blicken sie dem Eintretenden entgegen 
- sehr ruhig, hoheitsvoll und verhalten. An den 
Pfeilern des Mitteltraktes fügen sich der be- 
tonten Senkrechten sechs kleinere Gestalten an, 
abwechselnd männlich und weiblich, mit reiz- 
voll verschiedenen Gebärden das ornamentierte 
Dachgesims stützend und tragend. - In der 
künstlerischen Entwicklung Hanaks sind die 
beiden Giebelfiguren besonders wichtig. Wissen 
wir doch, daß er sich in den Jahren 1910 bis 
1914 mehrfach mit Entwürfen für liegende Ge- 
stalten befaßt hat. Das geschah im Zusammen- 
hang mit einem nicht ausgeführten „Denkmal 
der Musik" für seine Vaterstadt Brünn. Das Pro- 
blem gewann reifste Form in der.,Schwebenden", 
dem "Großen Leid" von 1917. 
Wer am Haus in der Gloriettegasse Glück hat 
und Einlaß findet, könnte im Garten noch zwei 
Werke Hanaks entdecken: die Replik des Brun- 
nens ..Kind über dem Alltag" von 1929, für den 
der Bildhauer 1913 den Fteichelpreis bekommen 
hatte; und vier „Putten' vom früheren Gewächs- 
haus (1915), die heute im Schatten der alten 
Bäume auf kugeligen Sitzen kindlich in sich 
versunken dahinträumen. Diese heiteren kleinen 
Wesen zeigen im Vergleich zu Hanaks oft so 
quälender Übersteigerung von Kampf und 
Leiden, welcher Spannweite des Ausdrucks 
dieser Bildhauer fähig war, - Bei der Darstellung 
von Gestalt und Wesen des Kindes entfernt er 
sich bewußt von aller Süßlichkeit. So schreibt 
er während der Arbeit an dem ersten Brunnen: 
..Meine Ansicht über den Kopf des Kindes habe 
ich geändert. Es hat bloß gelächelt, und das war 
mir zu wenig ursprünglich. Jetzt hat es schon 
einen anderen Kopf und schaut drein wie ein 
junger Stier." (Oktober 1911, an den Auftrag- 
geber, Otto Primavesi in Olmütz.) - ln die 
..dem Alltag entrückte Welt" des Kindes einzu- 
dringen und sichtbar zu machen, daß "um ein 
so kleines Wesen der reinste Zauber verbreitet
	        
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