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Anton Hanak, "Magma Maler", 192471927 Man
lmmnen Im Park der Pfarrklrche von Mauev, Wmnl
Anlnn Hanak mit Schulern Hans Nzlsche und
Furch, Gedenkstatte der JUIIYÜDÜBI 1927 uul
Zenllallrredhui, Wien Xl.- 1927. Maulhauseuev G
Anton Hanak, „Schmevzensmuttef, 1925, Kalks
Knegerqedachlnlsställe auf dem Zenlralfnm
Wlen XI
1920 vollendete Hanak im Ehrenhof der Uni-
versität Wien das Standbild für Prof. Dr. Emil
Zuckerkandl. Diese Bronzehalbfigur vermittelt
dem Beschauer mehr als die naturalistische
Wiedergabe vergänglicher Gesichtszüge. Der
Bildhauer versuchte, das Wesentliche eines Men-
schen zu offenbaren. Hier tritt uns der Arzt, der
Lehrer, der Forscher, befeuert von seiner Idee,
gegenüber. Auch erkennen wir an der demon-
strierenden Gebärde des Anatomen besonders
eindringlich, welche Bedeutung Hanak dem
Ausdruck der Hände beimaß.
ln den Jahren 19244928 vollendete der Bild-
hauer für die Gemeinde Wien vier Werke. -
Kniende weibliche Gestalten hat er mehrfach
gebildet. In ihren Kreis gehören die „Früchte-
trägerinnen" am Gemeindewohnhaus Wien XIX.
Philippovichgasse, einem Bau von Josef Hoff-
mann. Sind auch die beiden überlebensgroßen
Gestalten aus Mannersdorfer Kalkstein über dem
Portal mehr ornamental aufgefaßt, so schwingt
hier doch - selten an Hanaks weiblichen
Figuren - lebhafte Bewegung dem Eintretenden
entgegen.
Seit 1913 hatte sich der Bildhauer nur innerlich
mit dem Problem der plastischen Gruppe befaßt.
Dann steht plötzlich (1924-1927)die reife Lösung
der „Magna Mater" da. Die Fünf-Figuren-Gruppe
aus weißem Marmor wurde für den Binnenhof
der Kinderübernahmsstelle im 9. Bezirk ge-
schaffen und steht heute im Park bei der Pfarr-
kirche von Mauer. Wirkt sie inmitten der weiten
Rasenfläche auch verhältnismäßig klein, so hat
die jetzige Aufstellung doch den Vorteil, daß
man ungestört verweilen und die Plastik in aller
Ruhe umschreiten kann. Das Symbol mütter-
licher Hilfsbereitschaft und Güte - auch der
gekränkten, dennoch verzeihenden Güte - ver-
dichtet sich in dieser reifen Frauengestalt, die
umringt ist von den vier Kindern verschiedenen
Alters und Geschlechts. Es sammeln sich, formal
betrachtet, die divergierenden Raumrichtungen
in der zentralen Figur wie in einem Kristall.
Für die Kriegstoten im Gräberfeld des Zentral-
friedhofes schuf Hanak 1925 die ßchmerzens-
mutter". Hier hat der Bildhauer selbst seiner
Plastik auch den architektonischen Rahmen ge-
schaffen. Aus der Quaderwand stemmt sich
diese Kniende heraus - nicht zusammenge-
brochen unter der Schmerzenslast für Tausende
von Toten, sondern mit verzweifelter Entschlos-
senheit, trotz allem die Gnade des Himmels er-
flehend. Das schwere Gesims des Blockes dar-
über kann diese aufstrebende Bewegung nicht
erdrücken. Die weit gebreiteten Arme, die Ge-
wandfalten werden begleitet und dadurch ver-
stärkt von den Fugen der Wand. Die Einheit
zwischen Plastik und Architektur ist voll-
kommen.
Ein spätes Werk, für Wien geschaffen, ist das
bronzene Porträt Victor Adlers am Denkmal der
Republik neben dem Parlamentsgebäude. Hanak
hat für dieses eine ganze Mappe von Skizzen
gezeichnet und war von der Wahl gerade dieses
Entwurfes nicht beglückt. Stückwerk wurde das
Denkmal überdies durch den Umstand, daß drei
verschiedenen Bildhauern die Arbeit an den drei
Porträtbüsten übertragen wurde. Nur der leiden-
schaftlich vordrängende Kopf Victor Adlers -
ein Fanatiker auch er - wurde von Hanak ge-
schaffen.
Zu erwähnen wären zum Schluß noch zwei rein
architektonische Entwürfe Hanaks, die für Wien
ausgeführt wurden. Auf dem Zentralfriedhof,
links von der Friedhofskirche, liegt die Gedenk-
stätte der Juliopfer 1927: drei hohe, schlanke
Granitpfeiler, dicht aneinander gerückt. Die In-
schriften sind mit kantigen, an Runen erinnern-
den Buchstaben geschrieben - eine sehr
schlichte, herbe Lösung. Ohne Worte oder alle-
gorische Zeichen wird bewußt: Aufbäumen tod-
bereiter Gemeinsamkeit. Die Vorarbeiten für die
Gedenksteine der Juliopfer 1927 und am Stac
führten unter Lenkung ihres Meisters z
Schüler durch: Hans Nitsche und Otto Fu
beide Steinmetze der Fachschule für St:
bearbeitung in Saubsdorf, Sudetenschlesien
Steinmetzmeister Neunteufel führte den Auf'
in Mauthausener Granit aus. Die Mauthause
Granitbrüche waren damals im Besitz der i
meinde Wien.
Nahe beim Eingang zum Praterstadicn fir
man den Widmungs- und Gedenkstein mit
Inschrift: „Der Jugend widmet dieses Stac
die Gemeinde Wien 1928." Das wuch
Granitprisma ruht schwer auf vier kleine
Blöcken. Wir erkennen den Versuch des B
hauers, ohne Darstellung menschlicher Ges
die Funktion darzustellen: Lasten, Stemmer
Tragen, Ruhen. - Solche Lösungen reic
unmittelbar hinein in die Formprobleme
modernen Plastik von heute. - Leider ist
Umgebung dieses schönen Steines unbefrii
gend, zwischen vernachlässigten Hecken
einer schmalen Rasenzunge zwischen lar.
Zufahrtstraßen. Dieses Mal müßte, um wirk
zur Aussage zu kommen, in eine wirksame N
gesetzt werden.
Über Anton Hanaks plastische Werke und st
Graphik in Wiener Museen und Sammlunger
berichten, gehörte diesmal nicht zum The
Es sollte nur gezeigt werden, daß Wien Mögli
keiten bietet, das Anliegen des Bildhauers Ha
zu erfüllen, das er bei einem Vortrag in i
Wiener Räumen der "Weltuniversität" darstel
..Man müßte als bildender Künstler die Mögli
keit haben, seine Werke auf freien Plätzen
Schau zu stellen. Erst wenn der Alltagsrnen
gezwungen wird, bildnerische Werke an eir
Platz in Augenschein zu nehmen, an dem
tagtäglich vorübergeht, könnte der Kunstvi
im Publikum die entsprechende Förderung
fahren." (Neues Wiener Journal, 31. März 192