Blickfänger sollen das Interesse des Beschauers
etwas von der Oberflächenstruktur abziehen und
eine tiefere Problematik seiner Beachtung emp-
fehlen. Wieder wird das Unendliche, Unauslot-
bare, Grenzenlose angedeutet.
Die Lösung vom Strukturproblem, die allmählich
notwendig wurde, geschah durch einen Rück-
griff auf Elemente, die wir schon aus den Früh-
werken von Rosita Salem kennen. Frühzeitig
schon fühlte sich die Malerin von Kugelformen
angezogen. Diese Form ist für Frau Salem das
dynamische Element schlechthin. Dabei hat
diese Dynamik für sie sowohl formelle als auch
spirituelle Bedeutung. Ein frühes Bild, das der
phantastischen Periode der Künstlerin zugehört,
soll uns helfen, den nächsten Schritt in der Ent-
wicklung von Rosita Salem besser nachvoll-
ziehen zu können.
„Die Straße" (1952) zeigt ähnlich wie das
„Selbstbildnis" im spitzen Winkel aufeinander
zulaufende Häuserfluchten, aus denen gefähr-
liche Dorne ragen, die eine Ähnlichkeit mit dem
Dorn, in den ein Pfeiler der ,.Zertrümmerung"
mündet, aufweisen. Die „Straße" ist durch ein
überdimensionales Spinnennetz geschlossen und
somit einem Gefängnis nahe verwandt. Das in
der Straßenmitte kniende Weib, das die gleiche
Verjüngung von der Beckenpartie zur Schulter-
partie aufweist wie das Mädchen in der „Zer-
trümmerung", richtet seinen erloschenen oder
erlöschenden Blick auf eine schwebende durch-
sichtige Kugel, die offenbar einen tröstenden
Charakter hat und in der durch die perspekti-
visch aufeinander zulaufenden Häuserfluchten
geschaffenen Beengung ein Element der Be-
ruhigung bildet.
Die Kugelform bestimmt die Arbeit der nächsten
Jahre. Dabei kann das sphärische Gebilde
spiralig gedreht werden oder sich auf einer
Schwesterkugel warzenförmig entwickeln.
lm„lntroitus II" (1 966) liegt die diesmal undurch-
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