Herbert Fux
SAMBHALA
UND DIE GESCHICHTE
DES KÄLACAKRA _
EIN LAMAISTISCHES
THAN-KA AUS DEM
ÖSTERREICHISCHEN
MUSEUM FÜR
ANGEWANDTE KUNST
Die Than-kas, auf Leinen gemalte und
mit Seide oder Brokat gerahmte Rollbilder,
die als Tempelfahncn dem kultischen Ge-
brauch dienen, zählen zu den bekanntesten
Leistungen innerhalb der Malerei des
Lamaismusl. Es sind rein religiöse Dar-
stellungen, die unter anderem als Me-
ditationshilfen und bei rituellen Hand-
lungen verwendet werden. Ihre Bildinhalte
entstammen dem lamaistischen Pantheon,
Wobei die Kompositionen nicht künst-
lerischen Gestaltungsprinzipien, sondern
thematisch-kanonischen Gesichtspunkten
unterworfen sind, die die starke Tradi-
tionsgebundenheit der Malerei und der
gesamten tibetischen Kunst bedingen.
Der Bestand des Österreichischen Museums
für angewandte Kunst an tibetischen oder
lamaistischen Kunstwerken, die auf Grund
ihrer Formgebung und des ikonograplti-
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sehen Gehaltes zum tibetischen Umkreis
zu rechnen sind, ist relativ bescheiden.
Immerhin befinden sich darunter aber
Exemplare von hervorragender Qualität,
wie die zu der großzügigen Eimer-Stiftung
gehörende Tempelfahne, der unser Beitrag
gewidmet ist.
Ihre Mnntierung besteht aus einem klein-
teilig ornamentierten Seidenbrokat in Grün.
Blau, Rot und Gelb, dessen oberer Saum
eine flache Leiste und dessen unterer einen
schweren Rundstab enthält. Die sogenannte
gelbrote „Regenbogenrahmung", die das
6OX83,5 cm große Bildfeld begrenzt, ist in
Seidenbrokat ausgeführt. Sieht man von
etlichen Flecken ab, so ist der Erhaltungs-
zustand der Stoffpartien im allgemeinen
recht gut, ebenso wie der der Malerei.
Lediglich an einigen Knickstellen sind die
Farben abgerieben. Die Gesamtwirkung
n. Ende 17. oder Änfllng m. Jähr-
es Museum Fur angewandte
Kunst, Wien (m 1 315 Mal. w)
wird dadurch nicht im geringsten beein-
trächtigt. Obwohl der sch zende Schleier
fehlt, haben die Farben, die auf der mit
Kreide und Leim grundierten Leinwand
aufgetragen sind, ihre Leuchtkraft bewahrt,
gleich dem Goldkolorit und der in reich-
lichem Maße angebrachten Blattvergol-
dung.
Im kompositionellen Aufbau (Abb. l)
lassen sieh drei Hauptzonen unterscheiden:
Oben der von Gottheiten bevöl erte Him-
mel, in den das große kreisförmige und
dominierende Medaillen hineinragt, und
im unteren Teil eine hnchbewegte Schlacht-
szene. Das Schema des aus kegelförmigen
Bergen bestehenden, acht-spcichigen Ra-
des, in dessen Zentrum sich eine thronende
Gestalt befindet, läßt zunächst an ein
Mandala denkenl, an dic streng geo-
metrisch konstruierten Quadrate und Kreise,