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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 107)

Buchbesprechungen 
 
Fritz Novotny. Uber des ..Elementare" in 
der Kunstgeschichte und andere Auf- 
sätze. Verlag Brüder Rosenhaum. Wien. 
1968, 186 Seiten, S 175.- 
Fünfzehn Essays werden von 85 Abbildungen. 
einer Farbtafel und vier im Text eingestreuten 
wiedergaben erganzt. Schon die Aufzählung 
dieser außeren Merkmale zeigt, wie reich 
das Buch ausgestattet und wie niedrig der 
Preis im Verhältnis zu ähnlichen Publikationen 
ist. Die Veröffentlichung wurde von der 
Österreichischen Galerie zum Abschied ihres 
Direktors herausgegeben und wendet sich 
naturgemäß an ein Fachpublikum. Die ein- 
zelnen Aufsätze erschienen schon in ver- 
schiedenen Zeitschriften und Katalogen, sie 
widmen sich, wie der erste, der auch dem 
Buch den Titel gab, allgemeinen Fragen der 
Kunst und der Kunstgeschichte oder einer 
bestimmten Einzelperson. ihrem Werk, einer 
Gruppe ihres Werkes, ja überhaupt riur einer 
einzelnen Arbeit. So werden in vier Abhand- 
lungen Werke Van Goghs betrachtet. Be- 
sonders die genauen analytischen Vergleiche 
einzelner Zeichnungen sind außerordentlich 
aufschlußreich und sovirohl für jeden jungen 
Kunsthistoriker als auch für den kunst- 
interessierten Laien unbedingt zum Studium 
zu empfehlen. Mit wissenschaftlicher Gründ- 
lichkeit und doch in leicht faßlicher Diktion 
werden Zusammenhänge und Folgerungen 
gegenübergestellt. Dasselbe giit vor allem auch 
für die Adalbert Stifter und sein Werk be- 
schreibenden Zeilen. Dicht werden die Faden 
von dem literarischen zu dem malerisch- 
zeichnerlschen Werk gesponnen, und es 
zeigt sich besonders in diesen Aufsätzen. 
wie stark der Autor auch über sein engeres 
Fachgebiet hinaus Wesentliches auszusagen 
hat. Wie etwa der Einsatz des Hilfsverbums 
nsein" in einer Stifterschen Landschaftsbild- 
beschreibung als entscheidende sprachliche 
Steigerung erkannt wird (s. 91) und ahn- 
liches erweist den urbanen Charakter dieser 
Studiert. Jeder Freund des großen öster- 
reichischen Dichters yilird mit viel Genuß 
diese Zeilen lesen. Uber Kokoschka und 
Boeckl kommen wir in unsere Zelt. Cezanne. 
über den Novotny in zwei eigenen Arbeiten 
in diesem Buch schreibt, wird die Brücke zu 
Boeckls Landschaft „Staaizer Kegel", von 
der auch die einzige Farbwiedergabe des 
Buches stammt. Auch von diesem Aufsatz 
gilt, was wir schon andeuieteri, hier könnten 
viele unserer flüchtigen Tagesjournalisien 
lernen, wie ein Kunstwerk aufgeschlossen zu 
betrachten und auf seine ihm eigene. inne- 
wohnende Ordnung einzugehen ist. V 
A. . 
B itte Klesse. Seidanstoffa in der ita- 
ienischen Malerei des 14. Jh. Schritten 
der Abegg-Stiftung Bern. Band I. Bern 
1967. 524 Seiten mit 12 Farbtafeln, 
211 Abbildungen und 519 Zeichnungen 
Mit dem Werk von Brigitte Klesse wird ein 
neuer und wichtiger Vorstoß nicht allein 
fur die Geschichte der europäischen Seiden- 
weberei in der Zeit ihrer ersten großen Blüte 
unternommen, sondern ein ganz prinzipiell 
aufs höchste zu begrüßender Weg der For- 
schung für ein Spezialgebiet mit vorbild- 
hafter Genauigkeit vorgeführt: Die Werke 
des Kunsthandwerkes - hier die Seidenstoffe 
der Zeit von ca. 1300 bis 1420-1430 - 
nicht allein als Objekte der Spezialforschung 
zu betrachten, sondern sie in den allge- 
meinen kunstgeschichtlichen Zusammenhang, 
dem sie entwachsen sind, zu stellen; genauer 
gesagt, die auf den Werken der italienischen 
Malerei des Trecento wiedergegebenen Ge- 
webeornamente rrlit den aus dieser Zeit 
im Original erhaltenen Stoffen in direkte 
Beziehung zu setzen. Aus dieser Betrachtung 
ergeben sich für beide Bereiche eine ganze 
Reihe wichtiger Erkenntnisse und Schlüsse: 
Die genaueren Datierungs- und Lokalisierungs- 
möglichkeiten, die für die Bildwerke zur 
Verfügung stehen, besitzen auch Bedeutung 
fur die Stoffe; diese gemalten Gewebemuster, 
die im Verlauf des 14. Jh. nicht riur an Hand 
der Stoffe selbst, sondern nach Patronen. 
die Eigentum bestimmter Werkstätten waren, 
gemalt wurden, bieten wieder Anhaltspunkte 
für die Frage der Werkstattzugehorigkeit ein- 
zelner Bildwerke. 
Diese im ersten Hauptteil des Buches, der 
Text und Abbildungen umfaßt, dargelegten 
Zusammenhänge und Schlüsse haben ihre 
breite Basis in dem Katalogteil, der den 
zweiten, umfangreicheren Abschnitt des 
Werkes bietet. ln 519 selbst angefertigten 
Zeichnungen von Gewebemustern in Bildern 
hat die Autorin erstmalig ein wahres Bild- 
lexikon der Webcreiornameniik des italieni- 
schen 14. Jh. geschaffen, das eine ganz 
wesentliche Bereicherung des bisher be- 
kannten Formen- und Musterschatzes auf- 
weist. 
Jeder Fachmann wird die hier vor Augen 
geführte Frucht einer jahrelangen uner- 
müdlichen Detailarbeit gebührend einzu- 
schätzen wissen. Das in allen Teilen Vor- 
züglich ausgestattete und gedruckte reprä- 
sentative Werk aber wird auch von weiteren 
Leserkreisen mit Interesse und Freude benutzt 
werden. Der Autorin und der Abegg-Stiftung, 
die dieses Buch als erstes ihrer neuen Schrif- 
tenreihe vorlegt, ist zu dieser Leistung zu 
gratulieren und zu wünschen, daß dieses 
vorbildhafte Werk Anregung zu weiteren 
Arbeiten von gleichem Hang sein möge. 
Dora Heinz 
 
56 
 
. . ' Oskar Kokoschka. Sein 
Leben - S ne Zeit. 355 Seiten. eine Farb- 
tafel. zahlreiche Abbildungen im Text. 
Bei Florian Kupferberg (1958) 
J. P. Hodin, ein gebürtiger Frager, ist ein 
,.Kokoschka-Fan". Er lernte den Meister 
gegen Ende des zvteiten Weltkrieges in 
London kennen und führte mit ihm unzählige 
Gespräche, die in vorliegendem Buch zu 
einer in ihrer Art einzigartigen Biographie 
vereinigt wurden. Eirigestreur sind zahlreiche 
schriftliche Ausführungen, Reden und der- 
gleichen von Kokoschka selbst. Hodin identi- 
fizierte sich mit seinem Protagonisten der- 
maßen, daß sogar seine Diktion mit der des 
großen österreichischen Malers fast identisch 
ist. In 14 Kapiteln wird das innere und äußere 
Werden Kokoschkas eingehend in der Art 
behandelt, daß ein Grundtencr vom ersten 
Aulscheinen im Leben des Kunstlers bis zur 
unmittelbaren Gegenwart verfolgt wird. Da- 
durch gewinnt die Biographie einen außer- 
ordentlichen Grad von Lebendigkeit, zumal 
das. was der Autor zu berichten hat, völlig 
ungeschminkt und ohne jede verschonerung 
zum Ausdruck kommt. Da dem Werk eine 
Tabelle mit Lebensdaten, ein sehr aus- 
führlicher Apparat von Anmerkungen und ein 
ausführliches Narnensregister beigegeben ist, 
ist es von außerordentlichem wissenschaft- 
lichem Wert. Es ist neben dem rein kunst- 
wissenschaftlichen Standardwerk von Hans 
Maria Wingler für die Kokoschkaforschung 
von nahezu unabdingbarem wen. 
Ernst Köller t 
Marianne W. Marti , Futurist Art and 
Theory 1909-1915. Clarendon Press: 
Oxford University Press195B. XXX, ZZS S. 
mit 15 Text- und 219 Tafelabb.. Biblio- 
graphie und Index, 26.65 
Wohl kaum eine Kunstrichtung zu Beginn 
des zwanzigsten Jahrhunderts hat den 
theoretischen Aspekt in Form von Manifestsn 
so sehr in den Vordergrund gestellt wie der 
Futurismus. Hier in dem italienischen Bereich 
erhielt das Manifest seine Form als polemische 
Literaturgattung, wie sie auch heute noch 
von Künstlern benutzt wird. Gerade die 
literarischen Konzepte haben aber den Zu- 
gang zu dieser Kunst erschwert, weshalb 
die Richtung im Verhältnis zu Kubismus und 
Expressionismus, zur abstrakten Kunst des 
Blauen Fleiters und zu der aus Osteuropa 
kommenden konstruktiven Kunst unterbe- 
wertet wurde, obwohl es zu allen diesen 
Richtungen vielfältige Wechselbeziehungen 
gab. Allerdings ist eine sachliche Wertung 
dieses dynamischen Expressionismus auch 
dadurch gehemmt worden, daß man den 
Futurismus in seinen politischen Zielen als 
Vorstufe des Faschismus gesehen hat, zumal 
der Begründer der futuristischen Theorie, der 
Dichter Marinetti, mit Mussolirii befreundet 
war. 
Es gibt nun zwar schon eine Reihe von 
Einzeluntersuchungen und Veröffentlichungen 
von Dokumenten, es fehlte aber bis jetzt, 
sieht man von mehr popuiaren Darstellungen 
ab, an einer fundierten Untersuchung auf 
streng historischer Grundlage. Marianne 
W. Martin hat mit dem vorliegenden Buch, 
das aus ihrer Dissertation hervorgegangen ist, 
diese Lücke zu füllen versucht. Sie hat für 
die erste Phase des Fulurismus von 1909 bis 
1915. den sogenannten il prima futurismo, 
eine Arbeit Von großer Sorgfalt vorgelegt. 
die auf der Grundlage der futuristischen 
Theorien vcir allem den bildenden Kunsten 
gilt. Das Buch konzentriert sich, nachdem es 
die historische Situation zu Beginn des 
Jahrhunderts in Italien darstellt und hier auf 
wichtige Vorläufer, die Macchiaioli, hin- 
weist, auf die futuristische Kunsttheorie und 
untersucht dann vor allem das Werk von 
Boccioni, Carrä, Russolo, Balla und Severini. 
Die Autorin zeigt, wie die Manifeste den 
Künstlern halfen, ihre Gedanken zu ordnen. 
wie sie diese Gedanken dann in künstlerische 
Werke umsetzten und wie doch aber auch 
wiederum die verschiedenen Künstler als Ein- 
zelpersönlichkeiten sich in diesem Ringen 
um ein Grundkonzept entwickelten. Ein 
exzellentes Buch. 
Horst-Herbert Kossatz 
Anton Henze. Der Mensch in seiner 
Kunst. 48 Seiten, Verlag Aschendnrf. 
Münster 19GB 
Der bekannte Kunsthistoriker und Kritiker 
Anton Henze, der einige sehr beachtete 
Werke über die westfälische, rheinische und 
niedersächsische Kunstgeschichte, aber auch 
verschiedene Bücher über die moderne Kunst 
geschrieben hat, bringt in diesem Büchlein 
auf nicht ganz fünfzig Seiten einen Uber- 
blick auf die Entwicklung der Kunst von der 
Mittelsteinzeit bis in die Gegenwart. Die 
Broschüre ist für junge Menschen in den 
Mittel- und Hauptschulen gedacht. In leicht 
lesbare Kapitel gegliedert, werden die Zu- 
sammenhänge des menschlichen Lebens und 
der Kunst besprochen. Es ist verständlich, 
daß bei einer solch kurzen Abhandlung eines 
solch umfassenden Gebietes sehr selektiv 
vorgegangen werden muß. Die Schrift ist 
somit - durch eine Menge guter Bildber- 
spiele unterstützt s eine Anregung zur 
Erweiterung der Kenntnisse und trägt dazu 
bei, schon im jungen Menschen ein Ganz- 
heitsdenken anzuregen. A. V. 
Corrado Ricci e Giulio Zucl: Guida 
di Bologna. ed. Andrea Emillani. N. Za- 
nichelli - Edizione Alfa Bologna. 
Jeder an Kunst interessierte ltallenreisende 
wird die Neuerscheinung des längst ver- 
griffenen Fuhrers durch Bologna von c. Ricci 
und Zucchini wärmstens begrüßen. Die von 
A. Emiliani mustergültig besorgte und auch 
um interessante Illustrationen vermehrte Neu- 
bearbeitung verdient jedes Lob. Mit der 
Genauigkeit, die dem Besucher Venedigs an 
Hand von Lorenzettis Führer an keinem der 
geradezu zahllosen Kunstwerke vorübergehen 
läßt, ist es nun wieder möglich, auch Bolognas 
Schatze in ihrer reichen Gesamtheit zu er- 
lassen. Der 320 Seiten starke Band enthält 
überdies alle notwendigen lndizes sowie auch 
eine Bibliographie aller alteren Guidenliteratur. 
Nach dieser Leistung erwartet man mit Freude 
und Spannung vom selben Autor die kritische 
Neuausgabe von Malvasias Pittura di Bologna. 
Gunther Heinz 
 
Kurt Moldovan. Cortes in Mexiko. Verlag 
Jugend und Volk. Wien-München 1959. 
72 Seiten. S 260.- 
Das Buch ist in dem sehr ansprechenden 
Breitformat von 310x240 mm erschienen, in 
dem der Verlag schon einige ähnliche kost- 
bare Werke auf den Büchermarkt gebracht 
hat. Der bekannte Graphiker Kurt Moldovan 
schuf anlaßlich einer Reise durch Mexiko 
eine Unzahl von Zeichnungen, von denen er 
die dreißig besten fur dieses Buch aus- 
wählte. Mit wenigen und darum um so 
charakteristischeren Strichen hält der Künstler 
Szenen aus der Eroberung des Landes durch 
die Spanier fest. Szenen, wie er, Moldovan, 
sie bei dem Besuch der historischen Stätten 
im Geiste nachvollzog. Die einzelnen Blätter 
gehen, in einem auf die Technik des Zeichners 
präzise Rücksicht nehmenden Druck, alle 
Feinheiten der harten Linie, des nassen 
Pinselstriches und des lockeren Wischers 
wieder. Die von Moldovan gewählten Themen 
werden, selbst dann, wenn es sich um 
komplizierteste Formationen handelt, leicht 
und gewissermaßen aus dem Handgelenk 
beherrscht. Großartig die Pferde bei der 
Rückkehr des Cones, ebenso die Flachen- 
teilung und Symbolik bei "Cluetzalcoatl", die 
für die lndraner mystische Einheit der spa- 
nischen Roite (Mensch, Tier, Waffe) in dem 
Blatt .,Die Spanier". Treffend scheint uns 
auch das Wuchern des Urwaldes mit wenigen 
lockeren Strichen beim "Marsch durch 
Tabasco" festgehalten. 
Kurze Texte in Deutsch, Englisch und Spanisch 
stehen jedem Bild gegenüber. Ein sehr 
schlichter biographischer Abriß gibt am Ende 
des Bandes eine kurze Ubersicht vom Schaffen 
des Künstlers. Dieses Werk überbietet sicht- 
Iich noch das erste, ähnliche Buch Moldovans, 
,Antike Szenen", das ebenfalls im Verlag 
Jugend und Volk erschienen ist. "Cortes in 
Mexiko" ist sowohl ein Geschenkbuch für 
den Kenner und Liebhaber als auch ein wich- 
tiges Sfudienobjekt, das in keiner Bibliothek 
jener Schulen, die die Graphiker und Maler 
von morgen besuchen, fehlen sollte. A V 
Eingelangte Bücher 
Alfred Hagenlocher, Wilhelm Laage - Das 
graphische Werk, 282 5., 500 Abb. in Kupfer- 
tiefdruck, Leinen. Verlag Karl Thiemig KG, 
München, 1959. DM 140." 
Udo Kultermann, Gabriel Grupello 308 5., 
175 z. T. ganzseitige Abb" Leinen. Deutscher 
Verlag der Kunstwissenschaft, Berlin, 1959. 
DM 60." 
Hans Muhlestein, Die Etrusker im Spiegel ihrer 
Kunst, 324 S. 78 Abb., Leinen. VEB Deutscher 
Verlag der Wissenschaften. Berlin, 1969. 
DM 36,-
	        
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