MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XV (1970 / Heft 108)

Franz Elsner, der bereits mit Landschaften, Stilleben 
und Porträts in der „Kunstschau" und in der ,Se- 
cession" Anerkennung gefunden hatte, fühlte sich 
damals besonders von den Aktzeichnungen und 
der räumlichen Farbigkeit Anton Koligs ange- 
sprochen. Auch Anton Faistauer ging von der 
Farbe aus, sein programmatisches Ziel war die 
Renaissance einer sinnlichen Malerei, das ihm bei 
seinen Zeitgenossen den Beinamen eines ..neuen" 
Makart eintrug. Die Farbe dieser Malerei müsse 
ein lebendiges Fluidum ausstrahlen und Eigen- 
leben haben. Mit Robin C. Andersen arbeitete 
Franz Elsner an der Ausschmückung des Holz- 
meister'schen Salzburger Festspielhauses und mit 
Faistauer an der Kirche von Morzg. 
Franz Elsner hatte sich grundsätzlich vom natur- 
wissenschaftlichen Naturalismus distanziert, da er 
der Überzeugung war, daß die Malerei keine Kopie 
der Natur sein dürfe. Elsners scharfes Malerauge 
hatte erkannt, daß der positive Naturalismus auch 
eine mit Geist erfüllte Form war und daß es in 
der Natur so viel Abstraktes gäbe, daß der Künstler 
gar nicht mehr zu abstrahieren brauche. Laut 
vernehmbar verwies der „genius loci" auf die 
formale Bedeutung vom Maß der Dinge, auch des 
Menschen. Die abstrahierende Stilisierung Klimts 
in seinen seltsamen Ornamenten wurde damals als 
überspitzt empfunden. Die österreichische Malerei 
hielt am Bildinhalt und am Raum fest, so auch 
Franz Elsner. Sogar der große, internationalen 
Ruhm erklimmende Kokoschka hatte sich ehr- 
fürchtig vor den Dingen der Natur gebeugt und 
offen bekannt, daß es keine Malerei ohne ding- 
hafte Natur gäbe. Somit hat es den Anschein, 
daß sich in Österreich, dem Lande der europäischen 
Mitte, kein Angreifen des „Formproblems an sich" 
durchsetzt. Die lineare und flächenbetonte Secession 
war aus diesem Grunde im Wiener Boden verdorrt. 
Aus Morzg entwickelten sich bei Franz Elsner in 
der Folge sakrale und religiöse Motive. Das 
Mysterium der vitalen Farbe als dynamisches 
Element des essentiellen Lichtes trat an Franz 
Elsner heran. Aus sich selbst aufkeimendes Ur- 
eigenes mußte bei ihm mit den Erfahrungsschätzen 
der prominenten Zeitgenossen zu einer Synthese 
ausreifen. Dieser Vorgang ging nicht rasch vor 
sich, sondern hatte einen ausgesprochen evolu- 
tionären Charakter. Bei Kokoschka strahlte das 
Bläuliche durch die Oberfläche der Haut hindurch, 
die Augen schwammen in weichen, dunklen 
Lagern, Wangen und Muskelteile waren aus ihrer 
Anatomie blutrot unterlegt, die Haut war mit 
milchweißem Pigment überstrichen. Die Schweiß- 
stellen der Achselhöhlen umwob warmer Dunst. 
Mit dickerem oder dünnerem Farbenbrei waren 
die Materiale je nach ihrer organischen Festigkeit 
lebendig gemacht. Noch deutlicher äußerte sich 
Faistauer zum gleichen Problem: die Palette ist 
nicht mehr Farbkasten, sondern ein genau in 
Gewicht und Konsistenz abgestimmtes Arsenal von 
trockenen und flüssigen, breiigen oder dicken 
Farbmitteln, mit denen eine der Anatomie der 
Landschaft, eines Stillebens, des menschlichen 
Körpers nachgebaute Untermalung organisch zu- 
gekittet, zugesalbt wird. Letztlich handelte sich 
es bei den angeführten farbtechnischen Methoden 
um eine moderne und andersartige Lasurtechnik. 
Damit war für den reitenden Franz Elsner das 
Farbproblem der Lösung nahe. Die Zeit der Reife 
sollte es mit subtiler Technik und somnambuler 
Einfühlung in weitem Maße lösen. Es wurde ein 
Ringen um lebendige, ihrem innersten Wesen 
gemäß, abstrahierende Farben als Symbole einer 
vergeistigten Materie aller Dinge und Wesen. 
seien es Steine, Erde, Pflanzen, Tiere und Men- 
schen. 
In dieser Entmaterialisierung der Farben kann 
konsequente und organische Weiterentwickluni 
"Lichtmalerei" erblickt werden, die am W 
Boden den Impressionismus weiter gestaltet 
Es scheint eines der grundsätzlichen Charakter 
der Wiener Kunst zu sein, in traditioneller, bilc 
räumlicher Aussage technisch exakte und g 
betonte Synthesen zu finden. 
Bei Franz Elsner wurde die vitale Farbe eine Fun 
des Lichtes, sie erhielt rein und lichttragend ko 
punktische Bedeutung, sie übernahm als viell 
Tönung die Aufgaben des Schattens und de: 
Phantasie befruchtenden, verschwommenen 
tergrundes und nistete rhythmisch veranker 
sorgfältig aufgebaute Komposition in einer 
Natur abgelauschten, komprimierten Räumlicl 
Details verschwinden, weil sie unwesentlich 
In diesem Sinne vereinfacht Franz Elsner wie 
echten Maler. 
Neben Kokoschkas dämonischen Tierbildern 
sich aus der aufgespeicherten Kraftquelle 
österreichischen Barocks nähren, stehen I 
Elsners Farbkompositionen der Tiermalerei. 
Ähnliche, in das Maß gebändigte Kraft offen! 
seine Akte, Stilleben und Landschaften. 
lm Banne frühchristlicher Symbolik entstandei 
Gemälde der drei Evangelisten mit Tierkö 
Johannes der Adler, Lukas der Stier, Markus 
Löwe und Matthäus der Geflügelte. Elsners C 
komposition "Das Abendmahl", das in jahrelz 
Arbeit entstand, ist im wesentlichen auch eine 
gegnung von Licht und Schatten. Episch 
der aus acht Bildern bestehende „Totentanz" 
Motive dieser Reihe sind die Vertreibung aus 
Paradies, der Tod mit dem Herrscher, dem Kri 
dem Bauer, dem Künstler und Mönch, der 
mit Mutter und Kind, mit der Jugend un( 
Abschluß der Sieg über den Tod, die Auferstel 
Franz Elsner, Zebras, 196a (Ausschnitt). 01, 37x so. 
Fvanz Elsner, Geflügelte: Löwe, 1959. Ausstell 
plakat, Kohle. Q8 x60 
Franz Elsnar, Selbstbildnis, 1961. Ol, 53x40 cm
	        
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