Franz Elsner, der bereits mit Landschaften, Stilleben
und Porträts in der „Kunstschau" und in der ,Se-
cession" Anerkennung gefunden hatte, fühlte sich
damals besonders von den Aktzeichnungen und
der räumlichen Farbigkeit Anton Koligs ange-
sprochen. Auch Anton Faistauer ging von der
Farbe aus, sein programmatisches Ziel war die
Renaissance einer sinnlichen Malerei, das ihm bei
seinen Zeitgenossen den Beinamen eines ..neuen"
Makart eintrug. Die Farbe dieser Malerei müsse
ein lebendiges Fluidum ausstrahlen und Eigen-
leben haben. Mit Robin C. Andersen arbeitete
Franz Elsner an der Ausschmückung des Holz-
meister'schen Salzburger Festspielhauses und mit
Faistauer an der Kirche von Morzg.
Franz Elsner hatte sich grundsätzlich vom natur-
wissenschaftlichen Naturalismus distanziert, da er
der Überzeugung war, daß die Malerei keine Kopie
der Natur sein dürfe. Elsners scharfes Malerauge
hatte erkannt, daß der positive Naturalismus auch
eine mit Geist erfüllte Form war und daß es in
der Natur so viel Abstraktes gäbe, daß der Künstler
gar nicht mehr zu abstrahieren brauche. Laut
vernehmbar verwies der „genius loci" auf die
formale Bedeutung vom Maß der Dinge, auch des
Menschen. Die abstrahierende Stilisierung Klimts
in seinen seltsamen Ornamenten wurde damals als
überspitzt empfunden. Die österreichische Malerei
hielt am Bildinhalt und am Raum fest, so auch
Franz Elsner. Sogar der große, internationalen
Ruhm erklimmende Kokoschka hatte sich ehr-
fürchtig vor den Dingen der Natur gebeugt und
offen bekannt, daß es keine Malerei ohne ding-
hafte Natur gäbe. Somit hat es den Anschein,
daß sich in Österreich, dem Lande der europäischen
Mitte, kein Angreifen des „Formproblems an sich"
durchsetzt. Die lineare und flächenbetonte Secession
war aus diesem Grunde im Wiener Boden verdorrt.
Aus Morzg entwickelten sich bei Franz Elsner in
der Folge sakrale und religiöse Motive. Das
Mysterium der vitalen Farbe als dynamisches
Element des essentiellen Lichtes trat an Franz
Elsner heran. Aus sich selbst aufkeimendes Ur-
eigenes mußte bei ihm mit den Erfahrungsschätzen
der prominenten Zeitgenossen zu einer Synthese
ausreifen. Dieser Vorgang ging nicht rasch vor
sich, sondern hatte einen ausgesprochen evolu-
tionären Charakter. Bei Kokoschka strahlte das
Bläuliche durch die Oberfläche der Haut hindurch,
die Augen schwammen in weichen, dunklen
Lagern, Wangen und Muskelteile waren aus ihrer
Anatomie blutrot unterlegt, die Haut war mit
milchweißem Pigment überstrichen. Die Schweiß-
stellen der Achselhöhlen umwob warmer Dunst.
Mit dickerem oder dünnerem Farbenbrei waren
die Materiale je nach ihrer organischen Festigkeit
lebendig gemacht. Noch deutlicher äußerte sich
Faistauer zum gleichen Problem: die Palette ist
nicht mehr Farbkasten, sondern ein genau in
Gewicht und Konsistenz abgestimmtes Arsenal von
trockenen und flüssigen, breiigen oder dicken
Farbmitteln, mit denen eine der Anatomie der
Landschaft, eines Stillebens, des menschlichen
Körpers nachgebaute Untermalung organisch zu-
gekittet, zugesalbt wird. Letztlich handelte sich
es bei den angeführten farbtechnischen Methoden
um eine moderne und andersartige Lasurtechnik.
Damit war für den reitenden Franz Elsner das
Farbproblem der Lösung nahe. Die Zeit der Reife
sollte es mit subtiler Technik und somnambuler
Einfühlung in weitem Maße lösen. Es wurde ein
Ringen um lebendige, ihrem innersten Wesen
gemäß, abstrahierende Farben als Symbole einer
vergeistigten Materie aller Dinge und Wesen.
seien es Steine, Erde, Pflanzen, Tiere und Men-
schen.
In dieser Entmaterialisierung der Farben kann
konsequente und organische Weiterentwickluni
"Lichtmalerei" erblickt werden, die am W
Boden den Impressionismus weiter gestaltet
Es scheint eines der grundsätzlichen Charakter
der Wiener Kunst zu sein, in traditioneller, bilc
räumlicher Aussage technisch exakte und g
betonte Synthesen zu finden.
Bei Franz Elsner wurde die vitale Farbe eine Fun
des Lichtes, sie erhielt rein und lichttragend ko
punktische Bedeutung, sie übernahm als viell
Tönung die Aufgaben des Schattens und de:
Phantasie befruchtenden, verschwommenen
tergrundes und nistete rhythmisch veranker
sorgfältig aufgebaute Komposition in einer
Natur abgelauschten, komprimierten Räumlicl
Details verschwinden, weil sie unwesentlich
In diesem Sinne vereinfacht Franz Elsner wie
echten Maler.
Neben Kokoschkas dämonischen Tierbildern
sich aus der aufgespeicherten Kraftquelle
österreichischen Barocks nähren, stehen I
Elsners Farbkompositionen der Tiermalerei.
Ähnliche, in das Maß gebändigte Kraft offen!
seine Akte, Stilleben und Landschaften.
lm Banne frühchristlicher Symbolik entstandei
Gemälde der drei Evangelisten mit Tierkö
Johannes der Adler, Lukas der Stier, Markus
Löwe und Matthäus der Geflügelte. Elsners C
komposition "Das Abendmahl", das in jahrelz
Arbeit entstand, ist im wesentlichen auch eine
gegnung von Licht und Schatten. Episch
der aus acht Bildern bestehende „Totentanz"
Motive dieser Reihe sind die Vertreibung aus
Paradies, der Tod mit dem Herrscher, dem Kri
dem Bauer, dem Künstler und Mönch, der
mit Mutter und Kind, mit der Jugend un(
Abschluß der Sieg über den Tod, die Auferstel
Franz Elsner, Zebras, 196a (Ausschnitt). 01, 37x so.
Fvanz Elsner, Geflügelte: Löwe, 1959. Ausstell
plakat, Kohle. Q8 x60
Franz Elsnar, Selbstbildnis, 1961. Ol, 53x40 cm