Buchbesprechungen
Mergarethe Poch-Kalous. Die Gemälde-
gal e der Akademie der bildenden
Künste in Wien. Verleg Brüder Rosen-
baum. Wien 1968, 211 Seiten. öS 135.-
Das schon in seinem Äußeren sehr anspre-
chende Buch (es ist das zweite der Veröffent-
lichungen der Akademie) gliedert sich in
einen Textteil von 58 Seiten. 96 genzseitige
Abbildungen, davon viele in Farben. und aus-
führliche, von Heribert Hutter sehr übersicht-
lich und sorglaltig bearbeitete Bildlegenden.
Eine Übersicht des akademischen Personals
seit der Gründung der Galerie ergänzt die
Ausführungen. Ein Register ermöglicht den
wissenschaftlich Arbeitenden eine rasche und
übersichtliche Orientierung. Des Buch ist aber
nicht nur für den Fachmann interessant, der
ausfuhrliche Text ist in seiner Lebendigkeit
auch für den kunstliebenden Laien außeror-
dentlich ansprechend, Margarethe Poch-Kalous
schildert das Entstehen der Galerie nicht in
einem trockenen und langweiligen Stil.
Durch viele auch wissenschaftlich-historisch
bedingte Einschiebungen verschiedener
Schenkungsurkunden, Verordnungen und
Originalberichte aus der Zeit der ersten Legate
gewinnt der Bericht eine große Unmittelbar-
keit. Die genauen Beschreibungen der Bild-
erwerbungan, der Kosten der Restaurierungen,
ja selbst die Zahlen der Besoldungen lassen
vor dem Leser ein erweitertes Bild nicht nur
der Galerie, sondern auch der jeweiligen Zeit
erstehen. Die vielen Anmerkungen, die übrigens
sehr übersichtlich und durchaus nicht störend
an den Außenrand des Blattes gestellt wurden.
geben jedem, der sich wissenschaftlich mit
dem Thema auseinanderzusetzen hat, wichtige
Hinweise auf weitere Unterlagen.
Die Abbildungen sind so gewählt. daß die
jeweiligen Schulen mit charakteristischen
Werken vertreten sind, wobei zumindest eines
der Werke in Farben zu zeigen versucht wird.
Den Bildlegenden ist nicht nur ein kurz-
gefaßter Lebenslauf des Malers, sondern auch
jeweils ein beachtlicher Literaturhinweis bei-
' ses Buch, das jedem empfehlen
werden kann.
Alois Vogel
Claue Pack, Moderne Graphik in Öster-
reich. Forum Verlag, Wiln 1969, 87 Sei-
ten und 194 Bildtafeln, davon Z4 farbige,
iiS 295.-
Das Buch wurde vom Verlag mit großer
Sorgfalt, mit viel Liebe und Aufmerksamkeit
betreut, Die vielen Bildtafeln versprechen ein
aufwendiges Werk von dokumenterischem
Charakter. Der einleitende Essay .Zeichen und
Raum" geht von einem Wort Ezra Pounds aus,
holt weit aus und versucht einen kunst-
geschichtlichen Rückblick der Darstellung
des Häurrtlichen im Zweidimensionalen zu
geben. Als Beispiele werden auch Arbeiten
der Malerei zitiert, womit sicher einem größeren
Publikum, dem Laien, die Entwicklung ver-
ständlicher, am Thema Graphik jedoch vor-
beigegangen wird. Überhaupt scheint der
Text eher auf eine populäre Richtung aus-
gerichtet. So entbehren die wenigen, eher
abschatzigen Worte über die Bewegungen
Surrealismus und Dadaismus jeder wissen-
schaftlich kühlen Objektivit" .
Die Besprechungen der Bilder werden durch
einen kurzen Einblick in die politisch-kulturelle
Entwicklung Österreichs in den Jahren nach
1918 eingeleitet. Man erfährt hier unter en-
derem, daß Österreich heute mehr als vor dem
Ersten Weltkrieg an das künstlerische Ge-
schehen der Welt angeschlossen sei. Sehr zu
Recht wird der nicht zu ersetzende Verlust, der
durch die Ausrottung vieler Juden der öster-
reichischen Kultur zugefügt wurde, bedauert.
Dann wendet sich der Autor den einzelnen
Künstlern und den als Beispielen gezeigten
Werken zu. lst schon die Stellungnahme zu
gewissen kunstgeschichtfchen Ereignissen
derjilrngsten Vergangenheit im Vorwort proble-
matisch, so wird nun bei den Bilderläuterungen
nahezu Verwirrung gestiftet. Denn bei den
Kommentaren zu den Graphiken Schieles,
Koligs und Kokoschkas, um nur einige zu
56
nennen, nimmt Pack kritisch Stellung und
zeigt auch Schwächen auf. Bai den Jungen,
noch nicht Dreißigjährigen, kommentiert er
nur. So wird beim Laien der Eindruck erweckt,
hier gäbe es nichts zu kritisieren. Es will
überhaupt scheinen, daß die Auswahl der
jüngsten Generation eine allzu großzügige ist.
Es geht auch nicht an. daß ein Kurt Moldovan
kaum anders als ein Jörg Hietzgern oder Erich
Steininger behandelt wird. (Es scheint. als
würde der Autor eine bestimmte Klasse der
Akademie in dem Buch unterzubringen haben.)
Ein anders Beispiel der sonderbaren Gestimmt-
heit dieses Werkes: Eine Arbeit von Hrdlicka
und eine von Melcher wird jeweils mit Rem-
brandt verglichen. erstere werzialt. . . sehr oft
interessante Wirkungen" (S. 46), während sich
bei Melcher ..die unmittelbare Erregung das
Graphikers (mit)teilt" (S. 41). Dieses Bei-
spiel stehe nur für viele, um zu zeigen, wie hier
Musik gemacht wird. Das Instrument scheint
arg verstimmt zu sein. Beim Lesen der Partitur
drängt sich einem auch die Fraß! Wfi '51
Wotruba weniger gegenständlich" als Andreas
Urteil, weil er bei den Künstlern. ,.die mit
nicht mehr auf den Gegenstand beztJQWW"
Formen" arbeiten, rangiert? Und da die Bild-
hauer, sehr berechtigt. auch als Graphiker
vertreten sind. wird man, allerdings vergeblich.
nach einem Beispiel von Hollehner suchen.
Leistet er vielleicht auf diesem Gebiet weniger
als ein Reiner Schiestl, ein Johann Stockbauar
oder eine Linde Christanell? Fred Novak wird
wohl als ..Lehrer" genannt, aber als Graphiker
vollkommen ignoriert. Eine Theorie, die nicht
unwidersprochen bleiben wird, ist auch die
Feststellung zu Arnulf Rainar:.Das Moralische
in Reiner ist stärker als die künstlerische Ge-
staltung" (S. 69). Denn gerade bei Rainer
deckt sich moralisches Wollen mit Künstle-
rischem, oder anders ausgedrückt, der
künstlerische Akt ist Ausfluß einer moralischen
Haltung.
Das Buch zeigt eindeutig: Ein Weniger wäre
unbedingt ein Mehr gewesen.
Alois Vogel
A. J. G. Venter. De: Buch vom linn.
Fackelträger Verlag, Hannover 1363.
102 Seiten Text, 155 Abhildungln
Während der letzten Jahre erschienen in
Westdeutschland einige Publikationen über
das alte Handwerk der Kannengießer. Die
Publikation .Das Buch vom Zinn" aus dem
Jehra 1963 ist des Werk des holländischen
Kenners und Sammlers von Zinngegenständen
A. J. G. Verstar, der bereits aus einigen früheren
Arbeiten über ein ähnliches Thema bekannt ist.
Dieses Werk Versters 'st die dritte Version der
ursprünglichen holl' dischen Ausgabe aus
dem Jahre 1954, die drei Jahre später auch
in englischer Übersetzung in London erschien.
Mitarbeiter der deutschen Ausgabe war der
österreichische Sammler R. M. Vetter, der
die Übersetzung besorgte und die Publikation
durch ein Kapitel über Zinngegenstände aus
den Jeutschsorachioen" Gebieten ergänzte.
Das Buch zerfällt in sechs Hauptteils, worin
der Autor die sowohl in den Haushalten und
Gaststätten wie auch in den Kirchen und
Klöstern benützten Zinngegenstände, die
Kennengießer und ihren Zusammenschluß in
Zünftert. die Zinnmerken sowie die eigentliche
handwerksmäßiue Bearbeitung des Zinns
und die Verzierung dieser Gegenstände be-
handelt: schließlich erwähnt er auch die
Sammler und Felsifikatoran. Das letzte Kapitel
befeßt sich insbesondere mit der Kannen-
gießerei in Deutschland, Österreich und in
der Schweiz.
Die Aufgabe der Publikation Versters besteht
darin, die Leser über die Mannigfaltigkeit der
Erzeugnisse der Kannengießer, über ihre
charakteristischen Merkmale und ihre unter-
schiedliche Verwendung zu informieren. Der
Autor nützt dabei seine größtenteils aus
niederländischem Material bezogenen Kennt-
nisse parallel neben seinen allgemeinen
Kenntnissen über die Kannenoießerei in
Eurona. Gleich einaartos muß aber betont
werden, deß die vorliegende Arbeit kein
erschopfendes Kompendium über die Kannen-
gießerei auf allen Gebieten. wo diese existierte,
sein sollte und auch nicht alle Erzeugnisse.
die sie produzierte, erfassen konnte. Der
langjährige, erfahrene Sammler wurde sich
gewiß dessen wohl bewußt, daß dies eine
schwierige Aufgabe wäre, dann bisher wurden
nur sehr wenige einzelne Teilprobleme aus
diesem Gebiet des Kunsthandwerks ein-
gehender studiert und publiziert. Verster fügt
seine Forschungsergebnisse über die Kannen-
gießerei in den Rahmen des zeitgebundenen
Lebensmilieus. Er verwendet auch zeitge-
nossische literarische Erwähnungen über dieses
Handwerk und gewinnt Erkenntnisse auch aus
Vergleichen mit den Bildern der alten Meister,
die gerade in den Niederlanden mit Vorliebe
Zinngegenstände in ihren Stilleben dar-
stellten. Neben seinem eigenen Beitrag bringt
der Autor in seinem Buch eine beträchtliche
Kenntnis der Fachliteratur über das Kannen-
gießerhandwerk zur Geltung; daneben er-
moglicht er die besonders wertvolle nahere
Kenntnis niederländischer Publikationen, die
wegen ihrer sprachlichen Abgeschlossenheit
dem breiteren Kreis der Forscher entgehen.
Reichliches Bildermaterial begleitet den Buch-
text. Die in künstlerischer und handwerklich-
technischer Hinsicht vollkommenen Licht-
bildaufnahman wurden von den nieder-
ländischen Autoren de Herder, Dingiart und
Freouin geschaffen. Verster ließ sich offen-
sichtlich vom Streben leiten, eine mö chst
große Zahl bisher noch nicht reproduzierler
Stücke darzustellen, von denen höchstwahr-
scheinlich ein Großteil aus der Sammlung
A. J. G. Versters und R. M. Vetters stammt.
Als bedauerlicher Mangel dieses Buchteils
muß aber der Umstand angesprochen werden.
daß in den Texten zu den einzelnen repro-
duzierten Gegenständen sehr oft Angaben
über ihre Aufbewahrung und manchmal auch
über ihre Dotierung fehlen. Dadurch wird
die Möglichkeit einer sicheren Identifizierung
bei ihrer weiteren wissenschaftlichen Ver-
wertung erschwert. ebenso wie auch ihre
Kenntnis auf Grund der Autops die den
Fachleuten am wertvollsten ist, da sie sich
darüber im klaren sind, deß auch eine noch
so vollkommene Lichtbildaufnahme bei diesem
Material eine Verzerrung der Wirklichkeit mit
sich bringen kann.
Dagmar Stare
Fritz Löffler. Otto Dix - Leben und Werk.
Verlag A. Schroll St 00., Wien und
München. 380 Seiten mit 227 Bildtafeln
und zahlreichen reproduzierten Zeich-
nungen irrt Text
Wer in Otto Dix ausschließlich den sozial-
und gesellschaftskritisch engagierten Maler
und Graphiker der zwanziger Jahre sieht,
wird nach der Lektüre dieser (vom Autor rnit
profunder Kenntnis des CEuvres und des ihm
freundschaftlich verbundenen Künstlers ver-
faßten) Monographie zweifellos diesen allzu
engen und einseitigen Blickwinkel revidieren,
Künstlerisch gesehen, war zwar der von 1919
bis etwa 1930 dauernde Abschnitt eindeutig
der ergiebigste und signifikanteste, der 1891
bei Gere geborene und erst vor kurzem ver-
storbene Maler. dessen Porträts die Ängste
und Freuden, die Abgründe und Hoffnungen
einer gesellschaftlich und wirtschaftspolitisch
im argen liegenden Epoche so ausdrucksstark
widarspiegelten, schuf jedoch auch außer-
halb des hier angeführten Zeitraumes wieder-
holt Werke, die über Routinemäßiges hinaus-
gingen. Daß die romantisch ausholenden
Landschaften um 1942 in dem reich mit
Bildmaterial ausgestatteten Band so sehr
berücksichtigt wurden, scheint allerdings
unnotwa dig. Das gleiche gilt auch für meh-
rere relig "s beziehungsweise ellegorisch ver-
brämte Christophorus-Darstellungen und die
Gemälde Lnts und seiner Tochter. Wenn man
demgegenüber eine mit Verve hingeschriebane
Zeichnung (z. B. die auf Seite 115 wieder-
gegebene, datiert aus 1955) betrachtet, sieht
man mit aller Deutlichkeit. wie sehr gerade
bei Dix Bedeutendes und Beiläufiges ain-
ancler ablesen und eine zusammenfassende
Beurteilung erschweren. Der übersichtlich
geordnete, durch zahlreiche biograt
Fakten angereicherte Band beschäftig
mit dem Euvre des Künstlers von 15
1965. Er ist - ohne allerdings allzu
zu verfahren - gegenwärtig das ausfüh
Werk über Dix.
Peter
Wiktor Duwakin. nostefenater -
koweki als Dichter und bildender l
ler. VEB Verlag der Kunst. Drl
B8 Textseiten und 76 zum Teil f
Bildtafeln
Im Heute inflationärer Posters und
Überbedarf an wirkungsvoller Gebt
graphik kommt dem vorliegenden Bucr
seiner wichtigen Funktion als histc
Informationsquelle auch als Vergleichsr
auf dem Flakatsektor besondere Bedeutl
Es beschäftigt sich mit den groß
von Majakowski geschaffenen Großpl
(Hostafenster), in denen politische,
tärische und wirtschaftliche Tagest
aufgegriffen wurden. Herausgeber
Großplakate, die auf eine okono
wirkungsvolle Verknappung der in ihner
wandten blldnerischen Methoden l
liefen. war - in der Zeit von 1919 bis'
zuerst die Russische Telegraphen-A
(abgekürzt: RÜSTÄ) und spater die
verwaltung der Volkskommissariate ft
dungswesen der RSFSR (abgekürzt:
Duwakin, Literaturhistoriker an der Mc
Universität und Mitherausgeber der G
ausgabe von Majakowskis Werken t
Akademie der Wissenschaften der L
setzt sich in den drei Abschnitten des l
mit dem Dichter Majakowski, mit der
fischen Bedeutung der Rostafenster i.
samtwerk und ihrer Thematik im Zusal
hang mit den geschichtlichen Erei;
sowie - im dritten Teil des ausfiih
Essays - mit der „Einheit von Dichtur
bildender Kunst" auseinander, die
kowskt n seinen politisch engagierten PI
und Bildgeschichten in eindringlichl
und Weise gelang. In ihnen so etw:
Vorläufer der amerikanischen Comit
zu sehen (oder doch zumindest von
Parallelerscheinungen), ist nach den
diu dieses Anschauungsmaterials du
zulässig.
Feter
Elngelengte Bücher:
VERLAG M. DUMONT SCHAUBERG
KÖLN.
Johannes Pawlik, Ernst Straßner, Bi
Kunst - Begriffe und Reallexikon. 292
Text, 8 Farbtafeln, 201 einfarbige Abbildl
212 Zeichnungen, kart. 1969. DM 14,1
Barbara Rose, Von der Mülltonnenschl
Minimal Art. 302 Seiten Text, 37 mehr
und 224 einfarbige Abbildungen, kart.
DM 17,50
Fritz Baumann, Stilgeschichte der Arch
ZOO Seiten Text, 311 Abbildungen, 191
nungen und Grundrisse, Namens- und
Verzeichnis, Leinen, 1969. DM 19,80
Louis F. Peters, Kunst und Revolte. 151
Text, 34 farbige und 220 einfarbige
dungan, 12 Zeichnungen und lose beilit
Plakate, kart. 1969. DM 9,80
Kunst ist Revolution oder Der Künstler
Konsumgesellschaft, versch. Autoren. 2(
ten Text, es einfarbige Abbildungen, 1
nung, kalt, 1959. DM 16,80
Rolf-Günter Dienst, Positionen. 157
Text, 118 Abbildungen und 14 Zeichnl
kart. 1969. DM 12,80