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EXTE 1"3
uno Gironcoli, Drahtplastik, 1960 bis
l64 (aus der Ausstellung des Kunstlers
l Museum des Z0. Jahrhunderts, Wien)
znato Volpini, "Vielfalt" (aus der Aus-
sllung .,Aspekte aus Italien" in der
alarie nachst St, Stephan, Wien)
mm Ulrichs, „Bilder" (aus der ÄuS-
sllung des Künstlers in der Galerie
rchst St. Stephan, Wien)
will man überhaupt eine verallge-
meinernde Zuordnung treffen a Akte
der Bewußtseinserweiterung, die
durchweg mit einfachen bildnerischen
Requisiten und Methoden wie Lettern
und Linien verwirklicht werden.
Ulrichs bildnerische Aktionen lassen
sich auch in vielem als Ergebnisse
konkreter, visueller - oder wie er
sagt - totaler Poesie charakteri-
sieren.
Wie sehr es Timm Ulrichs um eine
Aktivierung des Betrachters, um Be-
wußtseinserweiterung a demonstriert
an simplen, doch signifikanten künst-
lerischen Akten a geht, beweisen
einige der wichtigsten Stationen seiner
jungen künstlerischen Laufbahn. So
lieferte Ulrichs für das erste inter-
nationale „Gag-FestivaI" 1964 in
Berlin eine Kollektion von Kanal-
deckeln. 1965 brachte er die Ver-
antwortlichen der großen „Juryfreien
Kunstausstellung" in Berlin dadurch
in Verlegenheit, daß er sich dort selbst
ausstellte. Der stets in Diskussion
befindliche Kunstbegriff erfuhr durch
diese teils ernstgenommene, zum
anderen Teil nur belächelte Aktion
eine aufjeden Fall diskutable Erweite-
rung.
Ende 1969 beabsichtigte Ulrichs, von
einem Flugzeug aus in 5000 Meter
Höhe den „Weltraum zum Kunstwerk
einer Weltkunst" zu erklären. Mittels
Kondensstreifen wollte er A wie
einem mit einer Photomontage ver-
sehenen Flugblatt zu entnehmen ist -
seinen Namen in ein Kilometer großen
Lettern in den Himmel schreiben
(Ankündigung: das signierte Univer-
sum), um damit ein „Kunstmittel, das
zur artistischen Bild- und Textproduk-
tion noch ungenützt ist" zu präsentie-
ren. Die Aktion mußte allerdings
wegen Schlechtwetters auf unbe-
stimmte Zeit verschoben werden.
Die Manifeste, die Ulrichs bis 24. Jän-
ner unter dem Titel „Bildräume und
Raumbilder" zeigte, sind ebenfalls
visuelle gedankliche Herausforderung
des Kunstkonsumenten, lnfragestel-
lung bestehender Begriffe und begriff-
licher Praktiken. Das gilt von der in
Ulrichs Augenhöhe von 168,5 Zenti-
metern an die Wand geklebte Linie,
aber auch von den ein mal ein Meter
großen schwarzumrandeten Quadra-
ten mit dem ihnen jeweils zentral
eingeordneten Wort „Bild". Die Ab-
folge dieser Quadrate (einen Aus-
schnitt davon zeigt unser Photo)
erwies jedoch auch über ihre begriff-
liche Protest- und Kritikfunktion hin-
aus gestalterische Relevanz, zu der
noch im konkreten Fall die reizvolle,
unregelmäßige Struktur der grellweiß
gestrichenen Wände als ästhetischer
Faktor hinzukam.
Mit überdimensionalen Scharnieren
aus silbrig überstrichenem Kunststoff,
angebracht an den durch Linien mar-
kierten Stoßstellen der Wände, erzielte
Ulrichs in einem weiteren Raum einen
abermalsfrappierendenVerfremdungs-
effekt, Sein neu geschaffener „in-
stabiler Raum" wirkte nicht nur in
seinen ursprünglichen Dimensionen
total verändert, sondern auch in
seiner - durch diesen sehr humorvoll
wirkenden technischen Kniff - vor-
genommenen Umfunktionierung zur
überdimensionalen Kiste. Fazit: eine
vielseitig anregende Ausstellung von
überlokaler Bedeutung (Abb. 2, 3).
Galerie im Griechenbeisl -
Johann Fruhmann: Franz Ringel
Altere und neuere Arbeiten umfaßte
die Personalschau von Johann Fruh-
mann, die eine aufschlußreiche Kon-
frontation zweierin ihren Parallelen klar
überschaubarer Schaffensphasen bot.
Fruhmann zeigte Bilder aus 1955 und
1969, wobei sich in seinen frühen, in
ihren Ergebnissen freilich nicht immer
gleich überzeugenden Gouachen be-
reits jene formalen Möglichkeiten der
Bildgestaltung abzuzeichnen begin-
nen, die für sein heutiges Guvre -
egal ob es sich nun um die farb-
intensiven Siebdrucke oder die mit
Beständigkeit gemalten Ölbilder han-
delt - typisch sind. So bereitete diese
Ausstellung selbst dem Kenner der
Arbeiten Fruhmanns manche Über-
raschung, die auf ein besseres Ver-
stehen gestalterischer Zusammen-
hänge hinauslief.
Fruhmann präsentierte im Rahmen
dieser Personalschau auch noch so-
genannte „Teile zu einem Bild", die
vom Künstler als Anfangselemente
einer großen reliefartigen Arbeit vor
kurzem fertiggestellt wurden. Fruh-
mann, der auch in diesem Bildbeispiel
von dem für ihn typischen Formen-
kanon nicht abweicht und diesen
effektvoll ins Plastisch-Reliefartige
transportiert, verdeutlicht mit diesen
Elementen (Dispersion auf Holz) neue
Möglichkeiten innenarchitektonischer
Raumschmückung und -gestaltung,
die gegenwärtig von Künstlern ver-
schiedei-ster Richtungen a nicht zu-
letzt aus einem gewissen Ungenügen
am konventionellen Tafelbild - ange-
strebt werden.
Zu Beginn 1970 stellte die Galerie den
zur Gruppe der ,Wirklichkeiten" zäh-
lenden Maler Franz Ringel mit neue-
sten Mischtechniken und einigen
großen Bildern vor. Wenn auch seine
neuesten, ungemein kraftvoll und
sicher gezeichneten, farbig expressi-
ven Visionen der sexbetonten Kehr-
seite einer hochzivilisierten Gesell-
schaft in Wien nicht zu ähnlichen
Protesten führten wie vergangenen
November in Istanbul, wo aus Anlaß
einer größeren Exposition der ein-
gangs erwähnten Künstlergruppe ge-
gen Ringels Bilder von Studenten
handgreiflich demonstriert wurde, so
bedarf die ungeschminkte, drastische.
brutale Art, in der seelisch bedingte
Situationen und Erfahrungsmomente
ins Bildnerische umgesetzt werden.
doch zumindest eines guten Magens.
um der Sache auf den Grund zu
kommen, Daß sich die Auseinander-
setzung mit der zeitgenössisch-aktuel-
len Eingeweideschau lohnt, steht
auch dann außer Frage, wenn man
Ringel Spekulation mit dem Grauen
und Perversen unterstellt. Ringels
Bilder, die zweifellos zu den authen-
tischesten und stärksten Zeugnissen
der jungen bildenden Kunst in Oster-
reich zählen, lassen trotz ihrer relativ
eng begrenzten Thematik viele Deu-
tungsmöglichkeiten zu. Sie a unter
Berufung auf „gesundes Volksemp-
finden" und ähnliche Schlagworte -
wegen ihrer schonungslosen Offen-
heit als medizinisch abnormale Rand-
erscheinungen zu apostrophieren,
wäre jedoch grundfalsch, weil man
dadurch nur der durch sie provozierten
Herausforderung auswiche. Daran
ändern auch nichts manche von
Ringel bewußt in die ausdrucksstarke
Bildsprache hereingenommene zeich-
nerische Elemente, wie man sie von
Bildern Geisteskranker kennt, Rainer
und Pcngratz, zum Beispiel, verwen-
den derartige Rückgriffe wesentlich
ofter und akzentuierter. Die ,.harten"
Bilder Franz Ringels sind die uner-
wünschte, doch legitime Antwort der
jungen Generation auf die immer
wiederkehrenden Brutalitäten, Un-
menschlichkeiten und konsumorien-
tierten Manipulationen der bestim-
menden älteren. Daß sie darüber
hinaus das seelische Dilemma einer
ohne gültige Vorbilder vereinsamt auf-
gewachsenen Jugend kundtumspricht
nur für die Echtheit dieser, in manchen
an die Sprechstücke von Wolfgang
Bauererinnernden Reports (Abb. 4, 5).
Galerie auf der Stubenbastei -
Prelog, Jungwirth, Ringel a
"Denkblasen"
Zusammen mit Ringel stellten Drago
Prelog und Martha Jungwirth in der
Galerie auf der Stubenbastei Blätter
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