OSTERREICHISCHES MUSEUM
FUR ANGEWANDTE KUNST -
AUSSTELLUNGEN UND SPON-
TANVERANSTALTUNGEN
Europäische Keramik (14.419. Jahrhundert) ist
im nunmehr wiederhergestellten Ausstellungssaal
XII seit 18. März 1970 zu besichtigen.
Seit uralten Zeiten diente der Ton als Werkstoff
zur Herstellung von Gefäßen. Über ganz Europa
verstreut, entstanden unzählige Zentren, wo Töpfer
und Hafner ihr Gewerbe ausübten. Im mittelalter-
lichen Wien bevorzugte man Sturzbecher, Krüge
und Schalen in der Schwarzhafner-Technik. Seit
Beginn des 16. Jahrhunderts verstanden es die
Hafner in den zahlreichen österreichischen Zentren
in Tirol, Salzburg und Oberösterreich, ihre Erzeug-
nisse mit glänzenden Bleiglasuren und reichem
Dekor zu verschönern. Kleine Ofenmodelle, die dem
Besteller zur Auswahl dienten, und zahlreiche
Originalöfen vom 16. bis zum Ausgang des 18. Jahr-
hunderts sind Zeugnisse für das hohe Niveau
des Hafnergewerbes. Seine Blütezeit hatte es im
18. Jahrhundert, wo die Öfen zu plastisch-architek-
tonischen Aufbauten oder zu Bildträgern werden,
wie bei dem Schweizer Ofen, der ganz aus Bild-
kacheln mit Szenen aus dem Alten Testament
besteht.
In Spanien hatten die Mauren ihre Tonarbeiten
mit einer deckenden, weißen Zinnglasur überzogen
und so eine alte orientalische Technik nach Europa
verpflanzt. Über den Umschlagplatz Mallorca ge-
langten diese begehrten Erzeugnisse nach ltalien
und erhielten den Namen Majolika. Mit verbesserter
Technik wurden sie in zahlreichen Orten nachge-
macht, Im Zeitalter der Hochrenaissance gab es
viele und berühmte Erzeugungsstätten, deren Gefäße
sich vor allem durch ihre Dekorationsmotive von-
einander unterscheiden lassen. Orvieto, Florenz,
Siena, Faenza, Perugia, Caffagiola und Urbino
sind die bekanntesten Zentren. Zinnglasierte Er-
zeugnisse wurden seit dem 16. Jahrhundert auch
im übrigen Europa, in Holland, Frankreich und
Deutschland unter dem Namen „Fayencen" (nach
der Stadt Faenza) hergestellt. In der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts entwickelten sich besonders
in Holland die kleinen Topferwerkstätten zu Manu-
fakturen. Zentrum war die Stadt Delft. Von hier
wanderten holländische Töpfer nach Deutschland,
wo in Frankfurt, Hanau, Hamburg. Bayreuth und
Nürnberg Fayence-Manufakturen entstanden, die
zumeist die blauen und buntfarbigen Dekore aus
Delft nachahmten.
In lnnerösterreich wurden in Salzburg und Gmun-
den Schalen, Krüge und Schüsseln erzeugt, die als
Hausrat und zur Dekoration verwendet wurden. In
den Kronländern war Holitsch in der Slowakei für
seine Geschirre, Tafelaufsätze und figurale Plastik
bekannt. In der Slowakei gab es aber schon im
17. Jahrhundert vorzügliche weißgrundige Fayencen
mit reicher Bemalung, die von den Brüdern der
Habaner-Sekte (Wiedertäufer) erzeugt wurden,
Im rheinischen Gebiet entfalteten sich seit dem
15. Jahrhundert zahlreiche Produktionsstätten für
das Steinzeug. In Köln sowie im benachbarten
Frechen befanden sich zahlreiche Werkstätten, deren
typische Erzeugnisse Bartmannskrüge und solche
mit Eichenlaubdekor waren. Im nahen Siegburg
überzog man die aus grauem Ton bestehenden
Erzeugnisse mit einer rötlichbraunen Salzglasur.
Standardformen waren Trichterbecher und Schnel-
len, die mit reliefierten Auflagen geschmückt waren.
Ein drittes Zentrum war Raeren. Die Anerkennung,
die das rheinische Steinzeug gefunden hatte, ließ
auch in Creussen (Franken) und Sachsen zahlreiche
Werkstätten entstehen. Humpen mit Aposteln,
Planeten und Jagdszenen waren die bevorzugten
Erzeugnisse dieser Werkstätten, die bis zum Ende
des 17. Jahrhunderts blühten,
Proben fernöstlicher Handwerkskunst - eine
Auswahl aus Depotbeständen - wurden im Säulen-
hof gezeigt.
CHINESISCHES PORZELLAN DER
KOMPANIEN
Ausgestellt waren für den Export nach Europa
angefertigte chinesische Erzeugnisse aus dem
18. Jahrhundert. Ihre Entstehungszeit ist das
18. Jahrhundert, in dem in China die zwei be-
deutendsten Kaiser der letzten Dynastie regierten:
K'ang Hsi und Ch'ien Lung.
Das Interesse Europas an China hatte in der
K'ang Hsi-Periode (1662-1722) in erhöhtem Maße
INDISCHEN
zugenommen. Die dekorativen Künste standen un-
ter dem Einfluß der Chinamode (Chinoiserie), und
abendländische Fürsten legten sich Porzellansamm-
lungen und Porzellankabinette an. Im weiteren
Verlauf des 18. Jahrhunderts gewannen die Han-
delsbeziehungen zwischen den europäischen Län-
dern, die Unmengen von Porzellanen importierten,
und China ständig an Bedeutung. Die Chinesen
kamen dem Geschmack ihrer Auftraggeber nach,
wie sie dies schon Jahrhunderte früher für den
islamischen Markt, für die südostasiatischen Ab-
nehmer und ab dem 16. Jahrhundert auch für
Besteller in Europa getan hatten. ln den berühmten
Brennereien der Porzellanstadt Ching-te-chän in
der Provinz Kiangsi entstanden daher neben den
für den eigenen Bedarf hergestellten Erzeugnissen,
deren Qualität höher zu bewerten ist, zahllose für
den Export bestimmte Waren, die in Form und
Dekor auf die von westlichen Kaufleuten mit-
gebrachten Vorlagen zurückgingen. Diese Por-
zellane wurden zunächst 900 km weit nach
Kanton verfrachtet, wo viele kleinere Werkstätten
unverziert gelieferte Service unter unmittelbarer
Anleitung der europäischen Käufer bemalten.
Die Weiterbeförderung in die abendländischen
Häfen besorgten die Schiffe der verschiedenen Ost-
indischen Kompanien, Handelsgesellschaften, die
den direkten Handel mit den Ländern des Fernen
Ostens einleiteten. Daraus erklären sich die für
die typischen Ausfuhrstücke gebräuchlichen Be-
zeichnungen „Compagnie des Indes" (Indische
Kompanie) oder „Porzellan der indischen Kom-
paniert". Sie beziehen sich nicht auf eine Her-
stellung in lndien, sondern auf die Kauffahrtei-
unternehmen, die das Handelsgut von China nach
dem Westen transportierten.
Die für Europa angefertigten Porzellane, die in
den Formen häufig an europäische Fayencen,
Gläser und Silberarbeiten anschließen, sind über-
wiegend Tafelgeschirre, Vasen, Leuchter und
Toilettegegenstände. Die durch Bilder, Stiche,
Zeichnungen und Drucke übermittelten Motive für
den Dekor umfassen: Biblische Szenen, mytho-
logische, galante und Genrethemen, Porträts, Dar-
stellungen aus der Geschichte, Jagd, Sport und
Schiffahrt. Eine eigene Gruppe liegt in den mit
Wappen oder Initialen geschmückten Porzellanen vor.
KOREANISCHES KUNSTGEWERBE
Gezeigt wurden Gegenstände des koreanischen
Kunstgewerbes aus der Zeit der Koryo-Dynastie
(998-1392), deren latinisierter Name die im
Westen gebräuchliche Bezeichnung für die Halb-
insel „Korea" abgab. Gleich wie in China gilt
auch in Korea der Zeitraum vom Anfang des 10. bis
zum Ende des 14. Jahrhunderts als die „klassische
Periode" des keramischen Schaffens. Der zunächst
in den Formen und in der Technik sehr starke
Einfluß vom chinesischen Seladon - ein mit einer
Feldspatglasur in verschiedenen Grüntönungen ge-
decktes Steinzeug c wurde während des 12. Jahr-
hunderts mit der Ausbildung einer eigenständigen
Seladonproduktion überwunden. Bei der spezifisch
koreanischen Saggam-Technik ab der zweiten
Hälfte des 12. Jahrhunderts, wurde die in die
Gefäßoberfläche eingravierte Zeichnung mit weißem
oder schwarzem Schlickerton ausgefüllt und ge-
brannt. Danach erfolgte das Überziehen mit der
Seladonglasur und ein zweiter Brand.
Die Metallarbeiten der Koryo-Epoche (Räucher-
gefäße, Schalen, Kannen, Büchsen, Glocken usw.)
zeichnen sich durch klare und einfache Umriß-
linien aus. Während die älteren Gräber Koreas nur
selten Spiegel enthalten, fanden sich dagegen
viele Exemplare unter den Grabbeigaben der
Koryo-Zeit. Es sind Toilettegegenstände mit einer
glattpolierten Vorder- und einer reliefverzierten
Rückseite, deren Dekor einen magischen Charakter
besitzt.
JAPANISCHES RÄUCHERBECKEN
Das Kunsthandwerk Japans war mit einem großen
Räuchergefäß aus Bronze vertreten (datiert: Juni
1727, Gießer: Kishimoto Niuemon nejo Fujiwara
no Yoshihisa). Es ist mit Votivinschriften geschmückt
und auf dem durchbrochenen Deckel von einem
Fo-Löwen bekrönt. Monumentale Räucherbecken
dienen dem Verbrennen von Weihrauch als Opfer-
gabe und stehen in den Tempelhöfen, beiderseits
vor den Kulthallenfronten.
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