fangen, nur in seiner Freizeit malend, nach der
prosaischen Arbeit eines geringbezahlten Statt-
haltereibeamten zum anerkannten Repräsen-
tanten der Dafi-ingefschen Schule empor-
arbeitete.
Patricius Kittner erlangte seine problematische,
unsystematische künstlerische räusbiltlung bei
dem zweitrangigcn Brünncr Maler-Autodidak-
ten, dem hiönch Leopold Kül'()ll1l3äiy, der ihm
durch seinen Konservatismus den künstleri-
schen Aufschwung eher erschwerte und den
Anlauf seiner Karriere eher im ungünstigen
Sinne prägte. Über seine Weiteren, vorerst
dilettantischen Kunststudizn und niibere Fin-
aristokratiseh-kuliirierten Wien, bildete für
den Poitrlitisten keinen inspirativen Ansporn.
Die erste Wandlung machte sich in Kittners
Schaden in der zweiten lliilfte der dreißiger
_lahre bemerkbar, als der Maler den Beispielen
der Wiener Portriitschule Daftingefscher Prä-
gung begegnete. Die aus dieser Zeit erhaltenen
Miniaturen zeigen klar, daß der junge Künstler
von dem noblen Lawrenceschen Stil Daflin-
gers und seiner Nachfolger ebenso begeistert
war wie die übrigen miihrischen Maler seiner
Zeit. Patricitis Kittner absorbierte sehr rasch
die neuen Anregungen, die im guten Gegen-
satz zur traditionellen Manier seiner Porträts
Erkenntnissen, welche in Wien geschulte
Mährer in ihre Heimat brachten-i und die sie
in ihrer weiteren künstlerischen Tätigkeit gel-
tend machten, wahrscheinlich aber auch auf
der Iklüglichkeit, Nliniatur- und Aquarellpor-
träts, welche Adelige aufihre mahrischen Land-
sitze mitbrachten, in Augenschein nehmen zu
können. Kittner porträtierte zahlreiche Mit-
glieder des Adels seiner Heimat, und es steht
außer Zweifel, daß er, voll Ehrgeiz, es mit
den Wiener Arbeiten aufnehmen wollte. Ob
der Künstler von Dafiingcr direkt oder nur
von den Werken seiner Schüler und Nach-
ahmer beeinl-lußt und inspiriert wurde, läßt
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zelheiten seines Lebens sind wir nur unzu-
reichend informiert. Aus seinen Aufzeichnun-
gen gebt hervor, daß seine künstlerische Tätig-
keit jedoch bald an Umfang zunabm. ln der
Zeit vom Mai 1835 bis November 1337 ver-
zeichnete er allein 196 Miniaturporträts für die
Brünncr Bourgeoisie und den Kleinadel. Seine
ersten Arbeiten, gegen linde der zwanziger
Jahre, stehen vollkommen unter dem läinfiuß
der traditionellen Konventionen des 18. jahr-
hunderts und der bereits unmoderti geworde-
nen Kunstauffassung des Empire. Fain zeitlich
retardicrter Pointillisrnus wechselt ab mit
trockenen Konturen, kaltem Kolorit und un-
verkennbaren Kompositionsproblemen sowie
Sünden gegen die Anatomie. Die Llnausge-
glichenheit des künstlerischen Ausdrucks wird
nur zeitweilig vom unmittelbaren Reiz eines
naiven Primitivismus überdeckt. Die künst-
lerische Ambition des jungen Beamten-Malers
erschöpfte sich zumeist darin, dalS er die phy-
sische Ähnlichkeit des Porträtierten, der meist
aucb nicht mehr verlangte, zum Ausdruck
brachte. Das eher ruhige, bürgerliche Milieu
des kleinstädtischen Brünn, so entfernt vom
18
vor dem jahr 1840 stehen. lir übernimmt
nicht nur das äußerliche Arrangement und
Kontptisitionsmerkmale der Wiener hliniattir-
portrats, sondern auch ihre Ausdrucksmittel.
Noch tut er dies aber mit der Ungelenkheit
des Dilettanten, der manche handwerkliche
Voraussetzungen sowohl der Komposition wie
auch der Anatomie und Handschrift nicht be-
herrscht. Trotzdeni aber ist diese Verwandlung
der entscheidende Anfang von Kittners zxteiter
künstlerischer Periode, jener der vierziger
_lahre, die deutlich im Zeichen der Wiener
Impulse und Inspirationen steht.
Wie Kittner mit der Wiener Miniatur in Be-
rührung kam, wissen wir bis heute nicht; wir
können nur annehmen, daß er weder in Wien
studierte noch längere Zeit da verbrachte, denn
dazu hatte er als Statthaltercilveamter niederen
Grades auch nicht die nötige Zeit. Qeine Toch-
ter Marie bestritt übrigens in ihrer Korrespon-
denz gelegentlich der Ausstellung Patricius
Kirtners in Brünn 1909 jeden direkten Kon-
takt ihres Vaters mit den bedeutendsten Re-
präsentanten der Wiener Schule. Des Malers
Beeinflussung fußte zweifellos vielmehr auf
sich mit Sicherheit nicht sagen. Offensichtlich
aber stand der Künstler mit der Dafnngefschen
Schule während der ganzen vierziger jahre-
hindurch mit wechselndem Erfolg in einer
starken Auseinandersetzung 4. Können wir
einerseits in seinen Miniaturen manchesmal
eine geradezu sklavische Abhängigkeit beob-
achten, so ist ein andermal eine ausgesprochen
subjektive Auffassung feststellbar. Von seinen
autodidaktischen Anfängen kam Kittner aber
auch in dieser Schal-liensperiode nicht ganz los,
und deshalb war es ihm auch nicht möglich,
trotz seines echten Talentes eine erfolgreichere
Stellung in der Werthicrarchie der Wiener
Porträtschtile einzunehmen, die allem
souveränen malerischen Vortrag, diskrete Be-
seelung, idealisierte lilcganz und Noblesse so-
wie kultivierten Reiz schätzte. Außerdem
fehlte dem Künstler jener gesellschaftliche
Charme, welchen die aristokratisch-hötische
Gesellschaft eben voraussetzte und verlangte.
Ab der vierziger Jahre können wir Kittners
Vilerk in zwei Scl1a5ensperi0den teilen. Im
ersten Abschnitt dominieren Miniaturportrats
auf kleinen Elfenbeinformaten. Diese sind teil-
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