Der große Vorteil der Meisterschule
von Roland Rainer liegt zweifellos in
dem strengen Ausleseprinzip, das nur
uberdurchschnittlichen Begabungen
eine Chance einraumt. Rainer legt
dabei weniger Wert auf ein überzüch-
tetes technisches Spezialistentum.
sondern sieht Architektur als echte
komplexe Aufgabe schöpferischer Um-
weltsgestaltung, die so gut wie alle
Bereiche des Menschen einschnei-
dend verändert.
Neben Arbeiten von Studenten zeigte
die von einem informativen Katalog
begleitete Exposition auch Projekte
und Dokumentationen einiger a in-
zwischen schon recht bekannt ge-
wordener - Absolventen wie Hans
Purin, Carl Pruscha, Horst Roschker
und Walter Prankl,
Künstlerhaus-Galerie -
Erwin Reiter
Von der eigenständigen, in letzter Zeit
mit besonderer Konsequenz voran-
getriebenen Entwicklung Erwin Reiters
gab eine Personalschau des 1933 in
Julbach geborenen Kunstlers in der
Galerie des Wiener Künstlerhauses
Zeugnis. Die Exposition stand unter
dem werbewirksamen und aktualitäts-
bezogenen Motto „Engel, Flugwesen,
Astronauten".
Der in Wien als Assistent von Professor
Bertoni an der Akademie für ange-
wandte Kunst wirkende Künstler ver-
einte in ihr neben mehreren gelunge-
nen Zeichnungen zwanzig Objekte aus
farbigem Polyester beziehungsweise
Gußharz. Einige davon wurden als
Serienobjekte inAuflagen von 1 OStück
zu Preisen von 4000 bis 7000 Schilling
herausgebracht, Die neuen Arbeiten
Reiters bestechen durch außerge-
wöhnliche formale Prägnanz und Ge-
ordnetheit, die in der Wahl und Bear-
beitung der Materialien adäquate
Unterstützung finden. Reiter, der sich
mit diesen neuen Arbeiten auch inter-
national behaupten müßte (für die
diesjährige Biennale von Venedig
wurde er freilich ebensowenig nomi-
niert wie Cornelius Kolig, Bruno
Gironcoli oder die trendmäßig ähnlich
günstig liegenden Haus-Rucker), ent-
wickelt in ihnen eine neue Asthetik,
die in manchem an den englischen
Metallplastiker Paolozzi erinnert, ob-
wohl sie Rückgriffe auf dessen Voka-
bular strikt vermeidet. Was Reiters
Plastiken über den Durchschnitt stellt
(auch den internationalen) ist ihre
zeitgemäße barocke Eleganz und Aus-
gewogenheit, die Bewegungsmomen-
te und Statisches vereint. „Englische
Schar landend" lautet der Titel der von
uns im Bild vorgestellten Arbeit aus
farbigem Polyester, die in ihren unge-
fähren Ausmaßen von rund zweiein-
halb Meter Länge und einer Hohe von
etwa hundertsiebzig Zentimetern zu
den repräsentativsten Werken im
(Euvre des Künstlers zählt (Abb. 8).
Galerie Stubenbastei a
Alfred Hrdlicka
Nicht weniger als neunundzwanzig in
diesem Jahr entstandene Zeichnungen
präsentierte Alfred Hrdlicka a erganzt
durch einige Radierungen und mehrere
1969 datierte "Studien zum Plotzen-
seer Totentanz" a in der Galerie des
BVO auf der Stubenbastei.
Hrdlicka, der heute zweifellos zu den
gefragtesten österreichischen Künst-
lern zählt und auch im internationalen
Kunstmarkt gut notiert (seine Zeich-
nungen sind derzeit in Wien nicht unter
10.000 Schilling zu haben), vereint in
einigen der neuen Arbeiten alle Vor-
teile seiner beherrschten und doch
sehr spontanen und zugleich span-
nungsgeladenen Handschrift. Seine
Tuschen und lavierten Federzeichnun-
gen (Themen: „Das Schauspiel",
„Hamlet in England", „Die Revolution
frißt ihre Kinder" usw.) verfügen über
jenen Grad anAbstraktiomder, in glei-
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