Geschichte weiterspinnen. Die kleinen, mario-
nettenhaften Figuren agieren in einer flachen
Bildbühne und verleiten so zu einer Guck-
kastenbetrachtung. Diese für Gütersloh charak-
teristische Darstellungsweise findet sich deut-
lich bei der ersten der Illustrationen „Me-
phisto und Faust" (Abb. l).
In der Weiteren Folge jedoch steigert sich der
proportionale Figurenmaßstab in einer bei
Gütersloh nicht gewohnten Weise zu Pseudo-
monumentalität. So etwa in der „Begegnung
mit dem Pudel" oder dem „Erwachen des
verjüngten Faust" (Abb. 2, 4). Verstärkt wird
dieser über Erzählniveau gehobene Anspruch
durch eine strenge Frontalität, einen vor-
wiegend symmetrischen Kompositionsaufbau,
der Nebenhguren auch tatsächlich zu unter-
geordneten, rahmenden Requisiten werden
läßt, und vor allem durch eine für Gütersloh
neue Farbigkeit.
Anstelle der kleinteilig und buntfarbig auf-
gebauten „Bildteppiche" tritt, ebenfalls deut-
licher werdend mit dem Fortschreiten der
Reihe 7 die nicht in der Chronologie der
Erzählung entstanden ist f ein gedämpfter,
breit und weich modellierender Farbauftrag,
der als wesentlichste Aufgabe Stimmungs-
träger ist. Der unheimliche und hintergründige
Charakter der „Fabel von der Freundschaft"
findet so ein nichtliterarisches Äquivalent. Im
Grunde genommen handelt es sich hier eben-
falls um ein „Anschaulichmachen des für ge-
wöhnlich Unanschaulichen".
S0 ist im malerischen Spätwerk Güterslohs
noch eine neue Nuance aufgetreten, die zum
erstenmal so deutlich unmittelbar mit seinem
schriftstellerischen Schaffen korrespondiert.
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s Alben Paris Gütcrsloh, „Mcphhlo Vcflllißl im Spiegelbild",
196a. Gouzchc, 150 x108 mm. ciipliiscli: Sammlung
Albtrtini, Wien
6 Alben Paris Güttrsloh, „P3115! VOn seiner angeblichen Mutter
eiilriiliil ZU! Halle", 196a. GOUHChC, 144x115 mm. Graphi-
schc Sammlung Albcrtina, Wien