bolen gefertigten Bildpartien vor allem gedanklich
provozieren und bestimmte Realitäten von Kunst
und Leben als beziehungsreiche Relativitäten auf-
zeigen.
ln den Bereich der Conceptional- und Land-Art
gehört der Beitrag des zweiten japanischen Aus-
stellers Nobuo Sekine. Er konfrontiert mit einem
tonnenschweren Felsbrocken auf einem rund vier
Meter hohen stahlverkleideten Sockel, der seiner-
seits wiederum als Blickfang für Photo- und Text-
informationen über andere Projekte des Künstlers
dient. Als optisch attraktiv erweist sich das 7
freilich etwas zu dichte 7 Environment der Deut-
schen, die diesmal mit dem international renom-
mierten Op-Artisten und Wegbereiter einer utopisch
inspirierten Land-Art, Heinz Mack, den „Nagel-
brettern" und Konstellationen von Günther Uecker.
den raumartikulierenden Malereien Pfahlers und den
plastischen Schichtungen von Kaspat Thomas Lenk
vertreten sind und überdies einen hervorragend
gestalteten, aufwendigen Katalog ins Treffen führen
können.
Die Franzosen - ein Team von Architekten, Malern
und Designern 7 bieten begehbare Flächen-
schichtungen aus Holzbrettein in Form eines geo-
metrisch bestimmten, mit Licht und akustischen
Effekten bereicherten Ambientes, das ähnlich dem
,.Oxer" der österreichischen „Haus-Rucker" die
üblichen Sinneswahrnehmungen und Verhaltens-
weisen des Besuchers irritiert. Als Fetische in über-
dimensionierter Pop-Manier beeindrucken die Rei-
fenprofile des Schweizers Peter Stämpfli, die eine
aktuelle Bezugnahme auf die heutige Industrie-
gesellschaft sind.
ln Venedig aufzufallen und von der Fachwelt zur
Kenntnis genommen zu werden, erweist sich von
Biennale zu Biennale mehr als Frage geschickter
Taktik und keineswegs nur als solche künstlerischer
Qualität. Daß eine Kunstmesse aktuelle Beiträge
verlangt, steht fest. Fest steht aber auch, daß
diejenigen Länder am besten beraten sind. die
ihre 7 sehr ungleichen und vielfach überalteten 7
Pavillons nur wenigen oder überhaupt nur einem
einzigen Künstler zur Verfügung stellen, diesen oder
diese dafür jedoch in großzügiger Kompaktheit
vorstellen. Neben der Zeitgemäßheit und Intensität
einer künstlerischen Manifestation verdient im
Zusammenhang damit die Art und Weise der
architektonischen Darbietung besondere Aufmerk-
samkeit,
Der Zug zum Environment oder Ambiente, zu
zusammenhängender Raumgliederung und Ge-
staltung. tritt selbst dort zutage, wo 7 wie z. B. bei
den Deutschen 7 die einzelnen künstlerischen
Beiträge dies nicht unbedingt erfordern. Erstaunlich
gut in Szene setzen sich einmal mehr die Holländer.
Sie stellen ihren gesamten Pavillon den konse-
quenten und anschaulich demonstrierten kubischen
Konstruktionen der beiden Architekten Jan Slot-
houbei und William Graatsma zur Verfügung.
Hervorragend auch der Beitrag des Spaniers Dario
Villalbo, eines sensiblen und einfallsreichen Ver-
treters der „Neuen Figuration", dessen Plexiglas-
figuren und Bildwerke in seltener harmonischer
Übereinstimmung inneres Engagement und sub-
jektiv betonte Handschrift vereinen.
..Wegen technischer Schwierigkeiten geschlos-
sen - Auskunft im sowjetischen Pavillon" konnte
man am ersten Prcssetag an der Eingangstür der
Tschechen lesen. Auf Geheiß des tschechischen
Biennalekommissars mußte diese von unbekannter
Hand stammende Aufschrift jedoch schon bald
darauf offiziellerseits entfernt werden. Den tat-
sächlichen Grund für die Nichteröffnung des
Pavillons 7 die Tschechen hatten diesmal u. a.
zwei so bemerkenswerte Künstler wie den auch in
Wien bekannten Plastiker Jankovic und den inter-
national renommierten Collagisten Jiri Kolar no-
miniert - konnte man jedenfalls bis heute nicht
erfahren.
Eine effektive Blamage, die zum Teil ebenfalls
politische Hintergründe hat, leisten sich die USA.
An dem geplanten Druckgraphikworkshop, für das
rund fünfzig der bekanntesten Maler und Graphiker
des Landes eingeladen wurden, werden aller Vor-
raussicht nach nur wenige teilnehmen. Das Gros
der Prominenz 7 darunter Leute wie Warhol,
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Lichtenstein, Jim Dine und Claes Oldenburg 7
ist, wie es so schon hieß, „in den Streik getreten"
und wird in Venedig weder personlich noch mit
Exponaten vertreten sein. Der Hauptgrund des
Fernbleibens: Unzufriedenheit mit der Außen-
politik Nixons, sicherlich aber auch Desinteresse
an einer Schau, bei der es 7 infolge der Abschaffung
der Preise 7 finanziell nichts zu holen gibt.
Mit expressiven bühnenbildartigen Arrangements
und Fahnen unter brennenden Kerzen, die eine
doppelbödige Antwort auf Konzentrationslager und
Devotionalienkitsch sind. gelang den Polen Szajna
und Hasior ein ernstzunehmender, stark literarisch
gefärbter Beitrag von engagierter Menschlichkeit.
Den nachhaltigsten und in seiner Gesamtheit ge-
schlossensten, überzeugendsten Eindruck hinter-
lassen allerdings die teilweise ambienteartigen
Bildwerke und Raumreliefs des 1931 geborenen
Engländers Richard Smith. Ihre großzügige Unter-
bringung im britischen Pavillon läßt die mit er-
staurilicher malerischer Subiilität für feinste Schwin-
gungswerte und ebensolchem Form- und Raum-
empfinden gefertigten Gestaltungen zwischen Soft-
und Hard-Edge optimal zur Geltung kommen.
Gäbe es diesmal einen Preis für Malerei, so wäre
Smith zweifellos der aussichtsreichste Kandidat
dafür!
Es ist schon fast Tradition, daß die Nominierung der
österreichischen Biennalekandidaten für Venedig
nicht klaglos über die Buhne geht. Die im allge-
meinen keineswegs sonderlich uniforme heimische
Kritik war sich heuer zumindest dahingehend einig,
daß die Bekanntgabe der Namen (Frohner, Mos-
witzer, K. A. Wolf) viel zu spät erfolgte und die
Auswahl selbst auch nicht das mögliche Optimum
eines aktuellen, der internationalen Avantgarde
konkurrenzfähigen Ausstellungsbeitrages darstelle.
Als eher erfolgversprechende „Gegenkandidatem
wurden in erster Linie die Namen Gironcoli, Arnulf
Rainer, Hans Hollein, die „Haus-Rucker" und
Cornelius Kolig genannt.
Obwohl Österreichs Auswahl bereits vor ihrer Ent-
sendung arg ins Schußfeuer der Kritik geriet, muß
man ihr jedoch eines zugute halten: sie traf keine
Unwürdigen, keine Bluffer oder Modemaler, son-
dern drei Persönlichkeiten, die bei aller Verschie-
denartigkeit der Auffassungen in ihren Werken seit
Jahren Konstanz beweisen und in jedem Fall auch
qualitativ im ersten Drittel relevanter österreichischer
Gegenwartskunst einzuordnen sind.
Die Resonanz an den Eröffnungstagen bestätigte
im allgemeinen die gemachte Prognose. Man nahm
das, was unser Land bis zum 23. Oktober in der
Lagunenstadt bietet, wohlwollend und freundlich
auf, sparte sich jedoch ähnlich wie vor zwei Jahren,
als der progressive" Beitrag Goeschls die Hypothek
des „verspätetem Mikl zu spüren bekam, Diskus-
sionseifer und Enthusiasmus für andere, aktuellere
und - wenn man so will 7 auch wesentlich proble-
rnctischere Künstler, Wieweit freilich das Echo in
der internationalen Fachpresse die hier wieder-
gegebenen Beobachtungen korrigieren wird, bleibt
abzuwarten.
Sieht man von den bereits erörterten Fragen ge-
schickter Taktik und Zeitgemaßheit ab, so wird der
um Objektivität bemühte Betrachter eines kaum
leugnen: die ausgewählten Werke von Frohner,
Moswitzer und Wolf haben durchweg beachtliche
eigenständige Qualität und beweisen in jedem Fall
ein mit Ausdauer und Redlichkeit vorangetriebenes.
höchst subjektives Anliegen. Man muß dies den
stelenartigen Eisenplastiken, den größeren und
kleineren verzahnten „Figuren", „Konigen" und
„Königinnen" des 1940 geborenen Steirers Ger-
hardt Moswitzer ebenso bescheinigen wie den an
der Front des Österreich-Pavillons aufgestellten
Gußeisenplastiken von Karl Anton Wolf aus den
Jahren 1968 bis 1970, die in ihren herausragendsten
Beispielen adäquat umgesetzte, formal gebändigte
Zeugnisse einer eigenwilligen, bewegten Phantasie
und ursprünglichen existentiellen Haltung sind.
Ob man von Moswitzer nicht zu viel und dieses in
zu enger Nachbarschaft zeigt, und ob Frohners
kompakter Beitrag bestehend aus 21 großformatigen
Bildern in der für ihn typischen, graphisch expres-
siven Manier nicht durch das Einbeziehen einiger
seiner besten Radierungen an Spannung und Spann-
weite gewonnen hätte, bleibt allerdings fraglich.