mit Spiegeln an den schmalen Stützen zwischen
den breiten Fenstern, spiegelt der Bibliotheks-
raum das intellektuelle Leben. Bei vollem
Tageslicht oder in gleichmäßiger elektrischer
Beleuchtung geht man beim Suchen eines
Buches an der Bücherwand entlang: die ein-
fachen Beleuchtungskörper sind am Übergang
der Decken- in die Wandvertäfelungen in
eine schräge Leiste eingelassen. 7 Eine höhere
Brüstung unter dem rechteckig gegliederten
letzten Fenster hebt diesen Raumabschnitt der
Bibliothek hervor: in diesem „Travt':" steht
der Arbeitstisch. Hier ist der Raum recht-
winkelig geknickt. Das aus kleinen, farbigen
und in Messingrähmchen eingesetzten Glas-
tafeln bestehende Fenster läßt das Tageslicht
nur durchschimmern und gibt diesem letzten
Teil der Bibliothek einen völlig anderen
Charakter. Irn kleinen, der Bibliothek angefüg-
ten Raum, der gänzlich im Hauskern liegt und
den das Tageslicht nicht erreicht, kann man am
Kamin seinen Gedanken nachgehen. AlleRäume
im Hochparterre haben die gleiche Deckenhiihe.
Die Räume im I. Stock sind entweder durch
eine schmale Treppe im Hauskern oder durch
eine Schneckenstiege aus den Gesellschafts-
räumen des Hochparterres erreichbar.
Aus der ursprünglich offenen Veranda im
I. Stock, vorbei am Eckrisalit, betraten die
Gäste einen großen blusiksalon, der die
ganze Länge des Hauskernes einnimmt. Der
Parkettboden, die Wandverklcidungen, die
Kassettendecke in naturfarbenem, leicht pati-
niertem Eichenholz, die zahlreichen Bilder, ja
die ganze Ausstattung dieses Raumes erinnern
an die Bildergalerie eines Schlosses. Das
einzige Fenster in einer tiefen Nische, ziemlich
hoch angesetzt, am Ende der Längsachse
bietet Aussicht auf die Baumkronen und ist
eher ein „Naturbild" als eine Lichtquelle. 7
Die Beleuchtungskörper sind an den beiden
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Längswänden knapp unter der Decke, über
den Bildern angebracht. Der Salon kann durch
eine Treppengalerie auch von den Privat-
räumen betreten werden.
Als Verbindung der Privaträume mit dem
Hochparterre dient eine schmale Treppe,
an deren Ende eine Vessinggittertür die
Privat- von den Gesellschaftsräumen trennt.
Die Perspektive der Wandverkleidungen und
die Balkendecke, das schmale Fenster mit
einfarbigem transparentem Glasmosaik geben
dem Treppenraum den Charakter eines ge-
heimnisvollen Schachtes. Diese Raumgestal-
tung knüpft an die Vorstellung des Bauherrn
an, der eben eine „Geheimtreppe" zu den
Privaträumen haben wollte.
Der Mittelpunkt dieser Privaträume sollte
das Schlafzimmer sein. Das seltene Ver-
kleidungsmaterial unterstrich die Einzigartig-
keit dieses Raumes: die ins Silberweiß spie-
lende Perlmutterdecke harmoniert mit gold-
gelben Blumeneschenholz-Wandverkleidungen,
mit Mcssinggittern, die die Heizkörper ver-
decken, und mit hellblauen Seidenvorhängen.
Köpfe von Messingnadeln zeichnen Quadrate
auf die Perlmutterdecke, schwarz-weiß karier-
ter hlarmorfußboden verleiht dem Schlaf-
zimmer Noblesse. Die geringere Höhe des
Raumes unterscheidet das Schlafzimmer von
allen anderen Räumen im I. Stock; seine In-
timität wird noch durch eine Bettnische betont.
Völlig im Hauskern gelegen, mußte in erster
Linie mit künstlicher Beleuchtung gerechnet
werden; das Tageslicht konnte nur durch eine
WandölTnung eindringen, die sonst durch
einen Vorhang verschlossen War. Der Perl-
mutterdecke kommt im Hinblick auf die
Beleuchtung eine wichtige Rolle zu, sie
reflektiert das Licht der in den Ecken des
Raumes am Rand der Holzverkleidung ange-
brachten Beleuchtungskörper. Eine Waschecke
hinter der Wandverkleidung ergänzt den Kom-
fort des Schlafzimmers. Die freistehenden
Möbel wurden nicht von Loos entworfen,
nicht einmal ausgewählt. Das Ehebett sollte
ursprünglich aus Messing sein.
Der an das Schlafzimmer angrenzende Teil
der sonst (iffenen Veranda war verglast (die
heutige Verglasung der ganzen Veranda ist
aus späterer Zeit) und dient am Tag als Arbeits-
platz, abends als Sitzecke am Kamin. Dies
stimmt mit der Konzeption von Loos überein;
auch bei Adaptierungen von Wohnungen
richtete dieser gerne einen Teil des Schlaf-
zimmers als Sitz- und Arbeitsecke ein. Die
heutige Möblierung dieses Verandateiles ist
ebenfalls späteren Datums.
Im zweiten an das Schlafzimmer anschließen-
den Raum geht nur noch die Raumgestaltung
auf Loos zurück: Die Kassettendecke be-
rücksichtigt die Gliederung der Fensterwand,
die sich in der Mitte durch eine Tür auf den
Balkon öliinet.
Zu den Privaträumen gehörte das Badezimmer
im I. Stockwerk. Scinc luxuriöse Ausstattung
in antikisierendem Charakter entsprach den
Intentionen des Bauherrn und ging teilweise
auf seinen direkten Wunsch der
Körper, mit allen physischen Bedürfnissen,
war für Dr. Beet 7 wie für den antiken Men-
schen 7 etwas, dessen man sich nicht schämen
mußte, das hingegen gepflegt werden sollte.
Er wünschte es, beim Badezimmer einen
Raumteil für Gymnastik zu haben. Diesem
Zwecke ist der obere Teil dieses Raumes, mit
Oberlicht und Kamin gewidmet. - Die zwei
Marmorbadexxannen sind im unteren Raum-
teil, zu dem man über vier Stiegen zwischen
den Säulen hinuntcrsrcigt, eingebaut. 7 Das
Badezimmer war der einzige Raum mit ver-
schiedenen Fußbodenhöhen. 7 Der Bauherr
wollte sonst „keine Fußhoden-Niveauverschie-
dcnheiten im ganzen Haus! Man darf nicht
stolpern!"
zurück;