Eduard F. Seklcr
DAS PALAIS STOCLET
N BRÜSSEL
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,Daß das Stoclet Palais in Brüssel einen
viarkstein in der Geschichte der modernen
iaukunst bezeichnet, steht außer Zweifel"l.
)iese Worte, welche A. S. Levetus 1914,
lso drei Jahre nach der Fertigstellung des
iauwerks, niederschrieb, lassen auch heute
,och aufhorchen, besonders wenn man ent-
eckt, daß sie einer Begeisterung entsprachen,
ie von anderen geteilt wurde, wie der folgende
Vorfall beweist.
ils zufällig eine Vorstandssitzung des Deut-
chen Werkbundes mit dem Ausbruch des
talienisch-Türkischen Krieges im Jahre 1911
usammenfiel, zeigten begreiflicherweise bei
itzungsbeginn alle Anwesenden mehr In-
zresse für die politischen Ereignisse als für
ie Tagesordnung. Endlich bemerkte Wilhelm
)sthaus vom Folkwang-Museum, es gebe
ir Werkbundmitglieder eine wichtigere Tat-
iche als den Krieg zwischen Italien und der
'ürkei: das Palais Stoclet sei eben vom Bau-
errn übernommen worden - „ein Werk
on solcher Reife und künstlerischer Hoheit,
'ie kein zweites in Europa seit den Tagen
es Barock entstand . . P1.
eit den Tagen von Osthaus und Levetus
or dem ersten Weltkrieg ist mehr als ein
albes Jahrhundert vergangen - genug, um
ne erneute kritische Beschäftigung mit dem
alais Stoclet in seiner historischen und
2
künstlerischen Bedeutung sinnvoll erscheinen
zu lassen. Zum Glück ist es noch weitgehend
im gleichen Zustand erhalten, in dem es 1911
auf seinem prächtigen Grundstück, 281 Avenue
de Tervueren, fertiggestellt worden war.
I.
Zum Zeitpunkt, als das Grundstück ausge-
wählt wurde, muß seine Lage ideal erschienen
sein. Einerseits genoß die Avenue de Ter-
vueren bedeutendes soziales Prestige, sowohl
weil sie die Fortsetzung der wichtigen Rue
de la Loi war, als auch weil sie mit seitlichen
Promenaden (Abb. 1) und reichlicher Be-
pi-lanzung bewußt imposant angelegt war.
Andererseits verhieß das leicht gegen Osten
fallende, unregelmäßige Grundstück durch
seine Lage am Ende des verbauten Gebiets
von Brüssel mit schöner Aussicht über tiefer
liegende Waldungen alle Annehmlichkeiten
eines ungestörten, ruhigen Landlebens, ohne
dabei allzuweit vom Stadtzenttum entfernt zu
sein.
Die früheste Erwähnung eines Entwurfs für
das Palais Stoclet findet sich bei Ludwig
Hevesi, der im November 1905 Zeichnungen
und ein Modell in den Räumen der Wiener
Werkstätte sah 3. Das Ansuchen um Baube-
willigung erfolgte im Frühjahr 1906, und im
August des gleichen Jahres wurde bereits an
Fassadenzeichnungen im Maßstab 1:20 ge-
arbeitet, während gleichzeitig Kostenvoran
schlage eingeholt wurden.
Die wahrscheinlich erste Version eines Vor
entwarf: findet sich auf zwei Grundrißblätter
(Abb. 2, 3), die beide in der für l-lolfman
typischen Weise freihändig mit weicher
Bleistift und Farbstift auf quadratisch linierter
Papier gezeichnet sind. Dargestellt sind Erd
geschoß und Obergeschoß eines Entwurfs
der sich ganz beträchtlich von allen späteren
Versionen unterscheidet, mit ihnen aber di
Grundideen gemein hat. Die Gesamtanlage is
bereits um eine zentrale, zweigeschossige Hall
angeordnet, in der ein Platz für den Brunnei
von Minnc vorgesehen ist. Aber währent
Speisezimmer und Musikzimmcr wenigsten
ungefähr die gleiche Lage zur Mittelhall
haben wie beim ausgeführten Entwurf, is
die Anordnung von Bibliothek (Herrenzim
mer) und Stiegenhaus ganz anders. Gegen di
Garrenseire gibt es zwar zwei vorspringendr
Bauteile wie beim ausgeführten Bau, aber sii
haben flache, nicht spitzwinkelige Endigungen
Der Alodeller11uu1rf(Abb. 4), für den bishe
leider nicht alle Pläne auffindbar waren, di
es gegeben haben muß, unterscheidet sich ii
verschiedener Hinsicht von der ausgeführter
Version. Am auffallendsten ist die einfachere
um nicht zu sagen ängstlichere Art, in welche
der Turm gestaltet ist. Auch ist der Rück