ne Zeitlang ist der Einfiuß von Mackintosh
Hoffmanns Gluvre klar erkenntlich, aber
m Zeitpunkt, als die Stoclet-Entwürfe aus-
arbeitet wurden, hatten die beiden Künstler
h bereits in sehr verschiedener Weise weiter-
twickelt. Dies wird aus einem Vergleich
r Stoclet-Entwürfe mit dem Wettbewerbs-
twurf von Mackintosh für das „Haus eines
instfreundes", 1901 (Abb. 30, 31), ersichtlich:
der Schaffung eines streng durchorgani-
rten, axial integrierten Ganzen geht
)ffmanns endgültiger Plan weit über Mack-
'0sh hinaus. Wo der Schotte noch die lose
ruppierung prachtvoll modellierter Volumina
t, welche eine Erbschaft des Interesses an
llerischen Gruppierungen des Mittelalters
, dort hat der Wiener die ordnende Axiali-
der klassischen Kompositionsweise. Wo
ackintosh seine Oberflächen als modellierte
grenzungen von skulptierten Volumina be-
ndelt, in welche Öffnungen, wie das lange
legenhausfenster, eingeschnitten sind, dort
handelt Hoffmann seine Oberflächen als
ir definierte, eingerahmte Flächen, die ie-
:ils ein Eigendasein führen und die Plastizi-
r der Volumina überhaupt nicht betonen.
as sein Lehrer Otto Wagner postuliert hatte,
Jrde in Hoffmanns Architektur erfüllt; „die
ielförmige Ausbildung der Fläche" wird
m Leitmotiv einer neuen Architektur.
a gibt ein unerhört eindrucksvolles Beispiel
r diese intensive Beschäftigung mit der klar
f-inierten, tafelförmigen Fläche, das gleich-
itig eine Idee von der Starke schöpferischer
lantasie bei Josef Hoffmann gibt: 1902
huf er als Teil seiner Innenraumgestaltung
r die Ausstellung von Klingers Beethoven
der Secession ein abstraktes Relief in Gips-
hnitt (Abb. 32), das in kaum glaublicher
eise Entwicklungen vorwegnimmt, die erst
wa fünfzehn Jahre später im Neoplastizismus
ld der „StiiW-Bewegung zur Reife ge-
igten.
er echt revolutionäre Charakter dieser asym-
etrischen Komposition von Rechteck-Körpern
in unserem Zusammenhang ein Beweis dafür,
ß ähnliche Erscheinungen in der Kompo-
ion des Palais Stoclet (Abb. 33) nicht als
JMERKUNGEN 14-21
Da: zirrrririir, ll (1901), 201.
ln Wrighrs Frühwerk gibt es einige auffallende Parallelen zu
Hislrrriririri, cf. u" Aufbau, XIV (Aug. 1959). 29a.
Zitiert nach Carl 1a. Schorske, „Schnitzler und Hofmnnnsthal".
Wrrri wir: Wahrhrir. xvll (Mai 1962), m.
bloß zufällige Ergebnisse betrachtet werden
dürfen. Zugleich aber zwingt uns dieses Re-
lief, die Frage zu stellen, wieso es zu dem
Umschwung vom kurvenreichen Überschwang
der frühen secessionistischen Periode zur Vor-
liebe für quadratische Einfachheit kommen
konnte.
Hoffmann schuf nur verhältnismäßig kurze
Zeit in Formen, die direkt mit dem inter-
nationalen „Art Nouveau" im engsten Sinn
dieses Ausdrucks zu tun hatten. Dann begann
er dieser Kunstrichtung gegenüber kritisch zu
werden und sich der rationaleren Wurzeln
seines Schaffens und der Disziplin der Tradi-
tion zu entsinnen. Wohl unter dem Einfluß
des Strebens nach „Sach1ichkeir" von Män-
nern wie Lichtwark und Muthesius schrieb er
bereits 1901: „Auch die Moderne leidet unter
unerträglichen Fehlern . . . Man nimmt nicht
Rücksicht auf die gerade Faserung des Holzes
und macht Curven über Curven..."14. Er
begann nun damit, „Art Nouveau" auf seine
eigene schöpferische Weise zu überwinden,
indem er sich den einfachen Elementarformen
zuwandte, dem Quadrat und dem Würfel, in
Schwarz und Weiß. Das Sanatorium Purkers-
dorf und das Palais Stoclet stellen seine fort-
geschrittensten architektonischen Lösungen
mit Hilfe würfelförmiger und quadratischer
Formen und genau definierter, lichter Flächen
dar.
Freilich haben Quadrat und Würfel dies ge-
meinsam, daß sie inhärent richtungslos sind
und daher nicht dynamisch wirken. Etwas
von dem Gefühl, daß statische Elemente
additiv aneinandergefügt wurden, bleibt
ebenso typisch für das Palais Stoclet wie die
offensichtliche Negierung starken tektonischen
Ausdrucks. Auffallend ist aber, daß es an dem
Gebäude verschiedene Stellen gibt, wo offenbar
entsprechend der inneren Logik des Entwurfs
eine visuelle Trennung von zwei benachbarten
Flächen der auf der Hand liegende nächste
Schritt gewesen wäre. Das trifft bei den ver-
schiedenen brückenartigen Elementen, die
erwähnt wurden, ebenso zu wie bei den
spitzwinkeligen, bugartigen Erkervorsprün-
gen, bei denen eine virtuelle Bewegung der
beiden sehrägstehenden Flächen impliziert ist
11 Arrllilrrluml Assutialion Julllllrll, l.xxv (Jan. 195a). 170.
"Johannes Dubai, „Gustav Kliml", in: cruirr- Kliml riiia figvn
Srllieleit Katalog d. Gnggenhcim Museums, New York,
was, .
Wjnl. Anltlitnn lnsl. rißarrriirrrrr, XII (Okt. 1924). 422.
w 1,11. Snr. Anlliltrllllrll Hlsiiiririris. xxuz (Mai 1962). SH.
- vergleichbar dem Sich-Öffnen von i
Türflügcln einer Doppeltür. Otto Wal
hatte in die gleiche Richtung gewiesen, al
die Ecklösung am Postsparkassenamt
durchführte, daß zwei Fassaden als u:
hängige, tafclartige Flächen behandelt s
die an der Ecke nicht miteinander in Be
rung treten, sondern voneinander durch
etwas zurückgesetzte, schräge Fläche getrl
sind. Aber weder bei Wagner noch bei P
mann wird der entscheidende letzte Sc
getan, der den Innenraum durch eine tats
liche Trennung der ihn umgrcnzenden Fläl
„befreit" und somit ienen Prozeß der „akt
Dematcrialisierung" eingeleitet hätte, de.
wichtig für das „Neue Bauen" der zwan:
Jahre wurde. Dies wurde nur bei Frank L
WrightIS und erst später bei anderen A1
tekten erreicht.
Wo bei Hoffmann eine virtuelle Bcweg
vorkommt, ist sie ihrem Wesen nach 1'
von klar definierter Dynamik, sondern
ein passives Bewegtwerden: ein Aneinan
vorbei-Schweben und -Gleiten von Elemer
das einen Eindruck „passiver Demate:
sierung" hervorruft und an ähnliche
denzcn in Bildern von Gustav Klimt erinl
in denen Formen und Körper aneina
vorbeizutreiben scheinen, als wären sie r
von einem eigenen Willen in Bexveg
gesetzt.
Bei aller Vorsicht, die geboten ist, wenn
Vergleiche zwischen verschiedenen Gebi
schöpferischer Tätigkeit ziehen will, wird
doch an die Glissando-Effekte erinnert, d
charakteristisch für die avantgardistische M
der Periode sind, und vielleicht sogar an l-
von Hofmannsthals Versuch einer Charak
sierung der ganzen Epoche, als er 1901
dem _]ahr, in dem das Palais Stoclet begol
wurde - schrieb: „. . .das Wesen un:
Epoche ist Vieldeutigkeit und Unbestir
heit. Sie kann nur auf Gleitendem ausrl
und ist sich bewußt, daß es Gleitendes
wo andere Generationen an das Feste gl
ten" I6.
Im Palais Stoclet wurde eine neue R:
auffassung deutlich angekündigt und vo
geahnt, wenn auch noch nicht durchgef
1' H. S. Goodharl-Rendel. Hmll Arrllilcrllln i: Made. l.
1947. a7; Entll Ksiirrrisriri, Arrllllzrfllve lii m, Ar. Uff
Cambridge, Mm. 1 v.
11 Erich MChdClSOhn. llr t (im?! xlnllirekren. Mvlllfllltn 191
11 LCOIIIHdO Bcncvolo, Slnlld arllnirrlrirrriirrri 17101107111. um
m.