Bildhauerkunst brachte die aus den
rlanden selbst stammende Künstlerper-
hkeit Niclaus Gerhaerts in diese Land-
. Nach einem Aufenthalt in Trier wirkte
n etwa 1463 bis 1467 in Straßburg und
dann der Einladung Kaiser Friedrichs III.
n Hof nach Wiener Neustadt, wo er um
starb. In Gerhaerts Werk werden wir
was für den Oberrhein erstaunlich Neuem
untiert. Wir begegnen hier einer eigen-
en, individuellen künstlerischen Aussage,
uf eigener Ansdiauung, auf realistischen
cht-ungen beruht. Er eröffnete der Plastik
ch grundlegend neue Ausdrucksmöglich-
., die nicht nur für die Kunst am Ober-
zukunftweisend wurden. Gerhaert model-
len Stein ganz weich, wagt aber tiefe Un-
neidungen, die ein reiches, lebhaftes Spiel
idit- und Schattenpartien bewirken. Über-
gibt er seinen Figuren lebendige Bewegt-
clie anatomisch immer richtig gesehen ist.
erhielt er den Auftrag, das Portal zur
1 Kanzlei in Straßburg zu sdiaffen. Von
einst berühmten Kunstwerk sind heute
och die Köpfe des sogenannten „Grafen
von Lichtenberg" (Abb. 1) und des soge-
nannten „Bärbele von Ottenheim", die wohl
eigentlich als Prophet und Sybille gedacht
waren, erhalten. Durd1 die realistische Wieder-
gabe, die diese beiden Figuren ursprünglich wie
lebendige Individuen fast kokett aus dem Fen-
ster blidten ließ, wurde der Volksmund sd1on
im Mittelalter dazu verlockt, sie mit dem
stadtbekannten „ungleichen Paar" zu identifi-
zieren. In der Nadifolge Niclaus Gerhaerts
wurde die Büste ein beliebtes Thema der Bild-
schnitzer am Oberrhein. Die I-Iolzbiiste der
hl. Margareta (Abb. 2) aus der ehemaligen
Klosterkirche St. Peter und Paul zu Weißen-
burg im Elsaß, die sich heute in Chikago befin-
det, ist der Kunst des großen Vorbildes unmit-
telbar verpflichtet. Seinen ehrenvollsten Auf-
trag - das Grabmal Friedrichs III. in Wien -
ließ Gerhaert unvollendet zurück. Nur die
Tumba des Sarkophags im Stephansdom ist
von Gerhaert eigenhändig geschaffen. Es scheint,
daß er die Platte aus geflecktem Salzburger
Marmor in Passau ausgehauen hat.
Daß der bildnerisdae Stil Gerhaerts auch im
Osten nicht ohne Wirkung blieb, ist nur zu
begreiflich. Die Karlsruher Ausstellung zeigte
hierfür zwei charakteristisdie Beispiele, den
1 m. jakubus der Ältere. Wien (e) unter oberrheinxschem
Eiufluß, um 1470-1480. Lindenholz, Höhe 115 cm. Wien.
Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste
4 Mem mit Kind. Wien (e; unter oberrlseinisdacm Einfluß.
um 1480-1490. Holz, Höhe 97 cm. Wien, Niederösterrei-
chisdzes Landesmuseum
thronenden jakobus den Älteren (Abb. 3) und
eine ebenfalls thronende Madonna mit Kind
(Abb. 4). Die über einen Meter hohe Sitzfigur
des Apostels zeigt zusätzlich Ähnlichkeit mit
Stichen (besonders mit 1.. 115) des bis heute
anonym gebliebenen Meisters E. S., der zwi-
schen 1440 bis etwa Ende der sechziger Jahre
am Oberrhein tätig war. Das auffallende Motiv
des iibergeschlagenen Beines bei der Figur der
thronenden Maria begegnet uns in ähnlicher
Weise bei der Mutter Anna im Altarschrein aus
Lautenbach im Elsaß. Vielleicht darf man dieses
seltene Sitzmotiv auf ein gemeinsames Vorbild
von Gerhaert zurückführen.
Wie eine Gegenbewegung auf die von Niclaus
Gerhaert und seinem Schüler, dem Meister des
Nördlinger Hodialtares, an die Donau gebrachte
Stilströmung flutet am jahrhundertende ein
siidostdeutscher Einfluß an den Oberrhein. Am
eigenwilligsten zeigt sidi dieser in der dynami-
schen, geradezu „barocken" Kunst des Meisters
H. L., des Schöpfers des Breisadier Hochaltares
(tätig von 1511 bis 1526). Sein wilder, strudeln-
der Stil scheint im Altar von Mauer bei Melk
vorbereitet zu sein. In den Reliefs von I-I. I..,
beispielsweise in den Seitenflügeln des Nieder-
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