Buchbesprechungen
Martin Geck, Die Bildnisse Ridtard Wag-
ners. Studien zur Kunst des 17. Jahrhun-
dem, Id. t, Forsdtungsuntarnehrnen der
Fr Thyssen-Stiftung, Arbeitskreis Kunstge-
s Prastel-Verlag, Miindtan 17711, 1M
Seiten rnit l Farbtafeln und 78 Abbil-
dtmgarl auf 66 Tatolrt.
Am Vorabend der Bayreuther Jahrhundert-
feier mehren sidt die Bekundungen über
Richard Wagner, der neben Marx, Bismardk
und Nitsche wohl zu den letzten historischen
Persönlichkeiten des vorigen Jahrhunderts
gehört, die auch heute nadt wirken und in
ihrem Wirken umstritten werden. Zu den
neuesten Arbeiten gehören die von der
Fritz-Thyssen-Stiftung geförderte Dokumen-
tdtidn und Deutung der „Richard-Wagner-
Bühne Ludwigs ll." von Delta und Mi-
chael Petzet (Bd. B der o. a. Reihe) und die
vorliegende, kommentierende und deutende
Sammlung der Bildnisse des Musikers.
Vom anonymen biedermeierlichen Scheren-
schnitt des nidtirigen von 1835 bis zur
Totenmaske von 1383 spannt sich der Bogen
dieser Selbstdarstellung eines Künstlerle-
bens, in weldter keine der künstlerisdten
Techniken fehlt, die das vorige Jahrhundert
zur Ausbreitung seines Persanenkultes be-
saß: die Btei- und Buntstiftzeichnung mit
den ddnddi gearbeiteten Vervielfältigungen
durch Holz- und Stahlstich, Lithographie
und audt Daguerreotypie, das Tempera-
und das Ülbild mit den diesem eigenen
Vorstudien, dann aus der Plastik das leicht
zu vervielfältigende Relief und die Büste
und endlich als jüngste Farm der Per-
sönlichkeitsdarstellung die Pnetdgrdptiie,
die als künstlerisches Medium hier erst-
mals gleich ig neben den bisherigen
Formen ori dren Schaffens stehen. Geck
konnte hier auf Vorarbeiten von A. Vanselow
dutbduen, der 190a die ptibtegrdpliisdien
Bildnisse Richard Wagners zusammenge-
slellt hat, aber eben noch im Rahmen einer
Bilddokumentation zum Leben des Meisters
und ohne der Photographie damit einen
künstlerisdten Eigenwert beimessen zu
wollen.
Die von O. Steinert mit J. A. Schmoll-
Eisenwerth zusammengestellte Ausstellung
photographischer Bildnisstudien von Lenbadt
und Studr in Essen (1967) und von letzterem
in Mrindien (1970) beweisen endlidr, ddß
der Photographie dudi innerhalb der Kunst
des 19. Jahrhunderts eine eigene künst-
lerische Bedeutung nidit mehr abgespro-
dien werden kann, und zwar nicht nur dls
Vorstudie der Parträtisten des Späthisto-
rismus - so ist Lenbachs Wagner-Bild von
1871 ungeaditet einiger Ateliersitzungen
Wagners noch Photos von Hanfstaengl aus
den gleichen Jahren gearbeitet -, sondern
ebenso zur Darstellung, sogar zur Bloß-
legung einer Charaktere mit künstlerischen
Mitteln. Diese Reihe der Photographien,
die 1360 mit einer unerhört dramatischen
Aufnahme V0" Pierre Petit s. Trinquart
einsetzt (die, bezeichnenderweise, Wagner
zuwider war), zeigt Wagner erst richtig
dls den eigenen Regisseur, von dem Bis-
mards nndi einem Besuch Wagners in der
Reichskanzlei sagen kannte, er habe nedi
niemals in seinem Leben einen Mann ge-
troffen, der in gleicher Weise von sich und
der Bedeutung seines Werkes überzeugt ge-
wesen sei.
Geck hat nur die nach dem Leben ge-
schaffenen Bildnisse aufgeführt, verzichtete
also darauf, den Leser mit der Fülle zeit-
genössischer Nachbildungen zu belasten.
Sein katalogartig zusammengestellter Text
setzt sicft mit den Werken von Caspar
Zumbusdt, Friedridt Pecht, Franz von Len-
bach u. a. audt weniger vom kunsthista-
rischen Standpunkt auseinander, dls daß
er deren Werke auf ihren künstlerbiogra-
phischen Aussagewert für Wagner unter-
sucht, wobei er in reichem Maß audt
wenig bekannte Quellen zitiert. So bietet
der mit hervorragenden Abbildungen ver-
sehene Band nidtt nur dem Kunsthistoriker
für die Betrachtung der Wandlungen des
56.
Porträtbildes im vorigen Jahrhundert rei-
ches Material, sondern ebenso dem Musik-
historiker und schließlidt nudt den ver-
ehrern Ridtard Wagners.
Hans-Christoph Hoffmann
Albradtt Miller, Allgiuer Bildsdtnitxer der
Spütgotik, Verlag tiir Heimatpflego, Kamp-
tan 1969 6B Saiten Text und 1115 meist
gartzs ge Abbildungen.
Ursprüngtidt wurde dieser Text als Disser-
tatian unter dem Titel „Studiert zur Allgöuer
Plastik der Spätgotik 1450-1530" geschrie-
ben, und dieser Titel hätte auch eher seine
Berechtigung, wdtirend iener des Bu-
ches Hoffnungen wedzt, ie dann nicht ge-
halten werden. Freilich wird sofort im
Vorwort auf die Einschränkungen dieses
Unternehmens hingewiesen: die Ausklam-
merung der Memminger Kunstgeschichte
und des Jörg Lederers dus Kaufbeuren,
da jeweils schon reichliche Literatur über
diese Gebiete vorhanden sind. Die Einlei-
tung bringt dann einen grundsätzlichen
geographischen Überblick, ebenso einen
solchen über den Stand der Forschung, die
sidi auf die spdtgetisdien Kunstwerke des
Allgäus bezieht. Nach einer kurzen Sidt-
tung der Skulpturen der ersten t-ldlrte des
15. idtirtiunderts tdlgt eine laetrnditung
des Meisters des Fischener Vesperbildes,
dessen Wirken um die Mitte des Jahr-
hunderts anzusetzen ist und der kaum
über den örtlichen Bereich hinaus Einfluß
gewann. Das folgende Kapitel, das sich
mit dem Füssener Hodtattar von 1463 und
verwandten Werken in Oberschwaben be-
schäftigt, weist ddrdut hin, ddß der Meister
dieses Werkes kein Allgäuer war, kann ihn
aber noch mit keinem der bekannten Bild-
hauernamen in Verbindung bringen. Auch
über den Bildschnitzer der lmmenstädter
Muttergottes kann uns Miller noch nidit
allzuviel berichten. Bei fast allen Werken
wird aber von einem direkten oder indi-
rekten Einfluß Multschers gesproctten. Im
vierten Kapitel wird der Westallgöuer Pla-
stik am Ende des 15. Jahrhunderts gedacht.
Es folgt eine Abhandlung über Tonbild-
werke der selben Zeit und eine Übersicht
über die Kemptener Skulptur. Aur ganzen
acht Seiten wird über die Kemptener Mei-
ster des frühen 16. Jahrhunderts und ab-
schließend über Hans Kels d. Ä. berichtet.
Da auch die anderen Kapitel, im gdnzen
sind es acht, nicht länger sind, kann man
kaum von einer eingehenden Erfassung
sprechen. Man rnuß siCh dudi fragen, wds
in einem Band mit dem Titel „Bildschnitzer"
ein Kapitel über Tonbildwerke zu tun hat.
Dabei fällt einem noch auf, daB hier von
Bildhauern die Rede ist, während bei den
Schnitzwerken oft von Plastiken gesprochen
wurde.
Ein Werkkatalag ertdßt 200 Obiekte. stdnd-
ort, Maße, Zuschreibungen etc. werden
präzise angegeben. Bemerkenswert ist dd-
bei vielleidtt, daß fast alle Objekte, die
sich in Vorarlberg befinden, auch iene im
Landesmuseum, durch moderne Restaurie-
rungen verdorben sind. Das Bildmaterial
ist zum größten Teil setir gut und dnsendu-
lidt.
Das Buch kann also im Grunde als eine
Anregung betrachtet werden, eine Anre-
gung, die angeschlagenen Themen weiter
zuvertolgen und den aufgezeigten Pro-
blemstellungen nddizugetren. Alais Vogel
Ein Kunstfiihrer über Stitt Meltr (a. Autlege).
Maiestätisch thront über der Donau die.
Benediktinerabtei Melk, sicher einer der
strahlenden Höhepunkte ieder wdennutdtirt
und gerühmt als die sdtönste Blüte des
österreidtischen Hocltbaradrs. Alliöhrlidt
kernrnen viele Tausende Reisende, Touristen,
Kunstfreunde dus aller Welt nach Melk, um
die Abtei und die stittskirdie zu besichti-
gen. Für sie ist ein kleiner Kunstführer
ersdtienen, dessen Farbausgabe nun in
der dritten Auilnge vorliegt. Den Text ver-
idete Abt Keddiutdr r. Dr. Reginald OSB,
der mit Stift Melk, seiner Geschichte und
Kunst eng vertraut ist. Er sdiildert Ge-
schichte und Baugeschidtte und gibt eine
gediegene Führung, wobei er die einzelnen
Kunstwerke erklärt und die Künstler nennt.
vier schöne, gut gedrudrte Farbbilder und
zehn Schwarzweißbilder runden den Führer
zu einem schönen Andenken ab.
Der Führer ist auch in englischer, franzö-
sischer und italienischer Sprache erhältlich.
Er wird für 1,50 DM verkauft.
Der Kleine Kunstführer von Melk hat die
Nummer 654 im großen Sammelwerk der
Kleinen Kunst- und Kirdtenfiihrer des
Münchner Verlages Sdtnell St Steiner, das
bereits 950 Titel umfaßt und bedeutende
Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser,
Museen und andere Kunststätten in Deutsch-
land, Österreich, Italien iSüdtirol), Frank-
reich (Elsaß) und der Schweiz behandelt.
Es stellt das größte Unternehmen dieser
Art in Mitteleuropa dar.
Sepp Sdttrtülxar, Kunst im Schmuck, van
Gerhard Bett; Bd. 7. Aus Farldtung und
Kunst, hrg. vam Gudtiditsverain fiir Körn-
tan in Kommission bei Rudolf-Habe -V -
lag GmbH larm; Klagenfurt 1970, 11b Sel-
ten, m Abbildungen; Preis um 59.50.
Es ist gut, daß es nun eine Monographie
über den Goldschmied Sepp Schmölzer
gibt - dafür ist dem Geschichtsverein für
Kärnten ehrlich zu danken, denn es gibt
wenige Könner wie Sdtmölzer und nudi
wenige, die so besdteiden sind, und schon
deshalb mußte einmal über ihn berichtet
werden, damit man mehr von ihm weiß.
Und es ist gut, daß Gerhard Bott den Text
zu diesem Buch geschrieben hat: Er ver-
steht den Menschen und Künstler sehr gut,
aber er interpretiert dennoch behutsam
und geht, wo immer möglich, vom Ma-
teridl und seiner Gestaltung dus, vom
Material und seinen eigenen Gesetzen,
also gerade ienen Dingen, von denen
Schmölzer geradezu besessen ist; so ar-
beitet er dtronalogisch eine Entwicklung
über zehn Jahre heraus [mit Beispielen
aus noch früherer Zeit), die, ungeachtet
gelegentlicher Experimente, geradlinig
verläuft und nur der Persönlichkeit des
Künstlers verpflichtet ist.
Die Photos sind von Sepp Schmölzer selbst
gemacht e ein glückliches zusdnunentret-
fen, denn der ausgebildete und noch immer
in diesem Medium arbeitende Photograph
versteht es, auch im Bild seine Arbeiten
weiter zu farmen. Ein kleiner Einwand in
diesem Zusammenhang wäre, daß beinahe
zu viele Photos gebracht werden; es ist das
eine Versuchung, der ieder erliegt, der
einmal Schwätzer-Photos in Händen hatte.
Der zweite, ernstere Einwand gilt der
grdnliisdien Präsentation dieses Bildma-
terinls, die gerade neben der sauberen
sdtritt monoton wirkt; hier tidtte ein eben-
bürtiger Könner im Layout nedi weit bes-
sere wirkungen herausholen können.
Dennoch, und noch einmal - man soll
dankbar sein, die Arbeit dieses Meisters in
einer geschlossenen Übersicht verfügbar zu
haben; nicht zuletzt deshalb, weil hier
plötzlich alle Fragen der Abgrenzung zwi-
schert Kunst und Handwerk, Schmuck und
Gebrauchsgegenstand völlig belanglos
werden.
Eingclangte lüdtar
DANIEL-HENRY KAHNWEILER, PICASSO-
KERAMIK, 16 Seiten Text, 128 Kunstdrudr-
tafeln, davon 12 farbig, Leinen. Forum-
Verlag, Wien 197D, S 195.-.
MAX . FRIEDLÄNDER, DER HOLZ-
SCHNITT, 4. neubearbeitete Auflage, Stif-
tung Preußischer Kulturbesitz, t-landbuch der
Staatlichen Museen, Vlll263 Selten, 130 Ab-
bildungen, kartoniert. Verlag Walter de
Gruyter a. cd, Berlin 1970, DM 19.50.
OTTO BREICHA, ANDREAS URTEIL, Mono-
grdptiie rnit Werksverzeichnis und Vorwort
von Fritz Wotruba, 227 Seiten, 359 Abbil-
dungen, Leinen. verlng für Jugend und
Valk, Wien 1970, s es,
P M. BARDI, PROFILE OF THE NEW
BRAZILIAN ART. 160 Seiten, 731 Abbildun-
gen, Leinen. livraria Kosmos Editore, Rta
de Janeiro, Sao PaulolParto Alegre, Bra-
silien 1970.