VIER SPIELKARTEN AUS
LYON UND EIN
KABINETTSCHRÄNKCHEN
AUS SPANIEN
karten stammt aus Norditalien. Es ist das Da-
tum 1376. Etwas später sind die Karten nörd-
llCl1 der Alpen nachweisbar, zuerst am Ober-
rheinl. Wie diese frühen Karten, die wir meist
aus Verboten kennen, ausgesehen haben, wissen
wir nicht. Die frühesten Karten, die erhalten
sind, stammen aus dem zweiten Viertel des
15. Jahrhunderts. Sie sind handgemalt, oft
zeigen sie einen Goldgrund. Auftraggeber müs-
sen wohlhabende Leute gewesen sein, denn die
Preise waren respektabel. Es ist bekannt, daß
Charles V1.2 und Filippo Maria Viscontis
Karten bei Malern in Auftrag gaben. Von
Anfang an wurden diese Karten als kostbar
übriggebliebenen Karten in anderer Weis
ter. Da die Rückseite oft unbedruckt
konnte man die Blätter etwa beim l
graphieren als Karteikarten verwenden.
verbreitet war auch der Brauch, sie als V
karten zu benutzen 7.
Einen neuen Verwendungszwedt für l
eines unvollständigen Spieles lernen wir
einen Fund des Österreidzisdren Museur
angewandte Kunst kennen. Bei Restaurie
arbeiten an einem spanischen Kabinettscl
chen (Abb. l), das vermutlich aus dem 1
17. Jahrhundert stammt, kamen vier
karten ans Tageslicht. Der Möbeltischler
ANMERKUNGEN 177
1 Hierzu grundlegend' w. t. Schreiber: Die siresren Spielkar-
ren, Straßburg 19:7, s. 31-30.
r Die Karten werden seir dem Artikel des Abbä Menesrrier in
seiner isiniinrneqne curieuse et instructive, n, Trevoux 1704,
s. 1741175. in der Spielkartenliteratur dislrnrierr. sidrer ist
lediglich. daß 1391 bei einern Maler Jacquemiu srineennenr
drei Kartenspiele mit Goldgrund und mehreren Buntfatbun
sowie Wahlsprüdien im Auftrage des Königs bestellt wnrden.
ner Preis betrug ss sols Pansis.
I Hierzu ausführlich: S.W.Singer: nesenrdies IKHO the History
of Playing csrds, London 1816, s. 25126; zuletzt: Kunst-
schätze der Lombardei, Ausstellung Kunsthaus Zürida 191a,
xne-Nr. 22a.
1 Hierzu: Detlef Hoffmann: Inventarkatalog der Spielkarten-
Sammlung des Historisdien Mnsenrns Frnnktnrrlwt, Frankfurt
1970, Vorwort (im Drndr).
ß Hellmut Rosenfeld: Münchner Spielkarten um isou, Bielefeld
1951;, s. 11-19.
"Hcllmut Rosenfeld: znr Datierung der Spielkarten des 1a.
und 16. jahrbunderts, in: Arduv r. cesdridire des andr-
wesens, I, 1957, S. 616_625.
'In Paris. Bibliothlqne Nationale, cse, Kh 167 res., ndire s,
b:finden sidr fast nur snreurnrren in Zweitverwendung: An-
zeigen. Sdiuldversdireibungen, Redmungen, Additionen nnd
Visitenkarten; zu Visitenkarten siehe: Detlef nnrrnrnnn. nie
Kartenalrnanachc der J. o. cdrrn-sdren nndiiinndinng, In:
Anzeiger des cernrnnisdren Natinnalmuseums, 1970, s. 11x
bis 1:4, Anrn. 21.
18
betrachtet, man hob sie als wertvollen Kunst-
gegenstand auf. So sind sie erhalten geblieben.
Die Karten jedoch, die man in Kneipen und
auf den Plätzen zum Spielen verwendete, hob
man nicht auf. War ein Spiel unbrauchbar ge-
worden, kaufte man sich ein neues. So sind wir
über den Gebraurhsgegenstand Spielkarte sehr
viel schlechter informiert als über den Samm-
lungsgegenstand 4.
Seit ungefähr der Mitte des 16. Jahrhunderts
verwenden die Buchbinder auch Klebepappe
für die Einbände der Folianten. Zur Herstel-
lung dieser Pappe benutzte man Makulatur,
oft auch verdruckte Spielkartenbogeni. Diese
Bogen informieren uns am besten über das
Aussehen der Spielkarten des 16. Jahrhunderts.
Sie sind jedoch meistens nicht koloriert, denn
Fehler im Druck machten sie schon unbrauchbar.
Daneben haben sich Spielkarten unter Fuß-
böden oder hinter Wandverkleidungen gefun-
den. Hier handelt es sich um gebrauchsferrige
Karten, mit denen meist schon gespielt worden
ist. Irgendwann sind sie dann zum Ärger ihrer
Besitzer unter die Fußbodenbretter oder hinter
die Wandvertäfelung geraten ß.
Ein unvollständiges Spiel konnte man nicht
die Karten als Seitenwände von zwei k
Schubladens verwendet, die zur Einri:
des Mittelfaches des Schrankes gehören
Karten wurden auf die hölzernen Vordei
Hinterstückchen der Lade aufgenagelt
Nagellöcher sind auf der Abbildung d:
sichtbar (Abb. 2). Die Seitenwände der E
laden wurden dann mit grüner Seide ül
gen. Da nichts an dem kleinen Möbel hir
fügt zu sein scheint, stammen die Spiell
mindestens aus der Entstehungszeit und
Entstehungsland des spanischen Kal
schränkchens 9.
Betrachten wir nun die vier Karten (Ab
Sie sind zirka 8,7 cm hoch und 5,5 crn
Am oberen und unteren Rand sind sie d:
sichtbar beschnitten. Drucktechnik ist d1
Karten für den täglichen Gebrauch ü
Holzschnitt; für die Kolorierung wurd1
Schablone verwendet. Die Zusammenst-
der klaren Farben Rot, Grün, Violett unc
gibt den Karten ein sehr lebhaftes Ausse
Alle vier erhaltenen Karten sind Bildk
ein König, zwei Damen, ein Bube. Von t
Frankreich üblichen Farbzcichen sind nu
und Karo vertreten, Herz und Treff f