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Gruppe III. Chemische Industrie.
nicht verändert, jedoch tritt beim Ansäuern mit Salpetersäure sofort
dieselbe Reaction wie beim Jod ein. Die Lösung eines Chlorids hin
gegen wird weder in saurer, neutraler, noch alkalischer Lösung ange
griffen.
Durch organische Substanzen wird das übermangansaure Kalium
reducirt und entfärbt, wodurch es möglich wird, die in schlechtem
Trinkwasser vorhandenen organischen Substanzen nicht allein quali
tativ nachzuweisen, sondern innerhalb gewisser Grenzen auch der Menge
nach zu bestimmen. Die geringste Spur Wasserstoffsuperoxyd macht
sich in gleichem Sinne bemerkbar. Es würde zu weit gehen, hier auf
alle Anwendungen, die die analytische Chemie von dem übermangan
sauren Kalium macht, einzugellen. Ein Blick in ein Lehrbuch der
Chemie liefert einen genügenden Beweis für die analytische Bedeutung
des Salzes; es ist in der That mit mehr oder weniger Erfolg für die
volumetrische Bestimmung des Eisens, Braunsteins, Kupfers, Zinks, der
Oxalsäure, Chromsäure, Harnsäure, des Zuckers, ferner der Salze der
schwefligen, unterschwefligen, salpetrigen und arsenigen Säure, des
Schwefelwasserstoffs, vieler Schwefelmetalle, des Jods, der Jodwasser
stoffsäure und der Jodmetalle angewendet worden.
II. Anwendung zu technischen Zwecken. Hierher ge
hört die Werthbestimmung verschiedener Eisen- und Braunsteinerze,
organischer Farbstoffe und Gerbsäure (etwa in Gerbhölzern) mittelst
übermangansauren Kaliums. Es konnte aber nicht fehlen, dass die
Industrie die oxydirenden Eigenschaften der mangan- und übermangan
sauren Verbindungen noch auf ganz andere Weise zu verwerthen suchte.
Schon im Jahre 1861 schlug Barreswil vgr, übermangansaures Alkali
zum Bleichen von sämisch gegerbtem Leder zu benutzen. Tessie du
Motay und Marechal dehnten in der Folge diesen Vorschlag auf alle
Gespinnstfasern aus, auf Baumwolle, Leinen, Hanf, Seide, Wolle u. s. w.,
für welchen Zweck sie das übermangansaure Alkali, und zwar das Na
triumsalz, auf eben beschriebene Weise (vergl. S. 854) erzeugen.
Tessie du Motay und Marechal wenden das übermangansaure
Natrium auch zur Darstellung des Sauerstoffs im Grossen an. Ihr
Verfahren gründet sich auf die Erfahrung, dass mangansaure und über
mangansaure Alkalien bei 450° C., mit überhitztem Wasserdampf in
iierührung, einen Tlieil ihres Sauerstoffs abgeben, den sie beim n'aeh-
herigen Erhitzen in einem Luftstrome bei beginnender Rothgluth wieder
aufnehmen 1 ). Hager 3 ) empfielt übermangansaures Kalium als zweck-
1 ) Nähere Angaben über diesen Process sind in dem Aufsatze von Dr.
Oppenheim über die Elemente des Wassers, S. 9, enthalten. 2 ) Hager,
Deutsche Industrieztg. 1866, 505.