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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 117)

Kollegen der inzwischen bereits mit 
beträchtlichen Hypotheken belasteten 
„Wiener Schule des Phantastischen 
Realismus" voraus hat, ist neben der 
klar ablesbaren inhaltlichen und the- 
matischen Konstante seiner Bilder die 
künstlerische und handwerkliche Qua- 
lität. Sie unterlag selbst in den letzten 
Jahren geringeren Schwankungen als 
die Produktion der meisten übrigen, 
deren Malerei leider genau iene Zuge- 
ständnisse an die koniunkturbedingte 
Nachfrage aufweist, die dem immer 
wieder vorgegebenen Habitus impo- 
nierender „Altmeisterlichkeit" äußerst 
abträglich sind: Flüchtigkeit in der 
Ausführung und Komposition sowie 
der Trend zu stereotypen Wiederho- 
lungen, der es kaum nach zuläßt, von 
innerer Notwendigkeit und Lauterkeit 
zu sprechen. 
Sicherlich unterliegen auch die neuen 
Gauachen und Ulmalereien auf grun- 
diertem Papier von Erich Brauer ge- 
wissen qualitativen Sdiwankungen 
und einer mengenmäßig bedingten 
zeitsparenden Vorgangsweise, die sich 
nicht selten tachistischer Strukturen 
und Effekte bedient. In der Summe 
gesehen, ist das Gefälle zu früheren 
Arbeiten, (a zum Besten dessen, was 
Brauer (e geschaffen hat, (edach weit- 
aus geringer als bei vielen anderen 
Salonmalern lokaler Wert- und Über- 
schätzung. 
Die Ausstellung bestätigte diese an- 
lößlich kleinerer Expositionen zuletzt 
wiederholt gemachte Beobachtung ein- 
mal mehr. Zugleich unterstrich die 41 
Exponate umfassende Kollektive aber 
auch die - im allgemeinen doch inten- 
sivere und glaubwürdigere - Hingabe 
des Künstlers an eine unserer Zeit 
gegenüber konträre Welt des Traumes 
und der Poesie, des Einklanges mit 
der Natur und der notwendigen 
Kämpfe in ihr. 
Erich Brauer bezieht diese Position 
allerdings nicht nur in seinen farben- 
prächtigen Bildern, sondern in seiner 
gesamten Lebenshaltung und -philo- 
saphie, die sich nicht zuletzt in durch- 
aus eigenwilligen Liedern, Dialekt- 
songs und Texten niederschlägt. 
Brauers orientalisch inspirierte Gleich- 
nisse mit ihren menschenähnlichen 
Fabel-, Zwitter- und Flugwesen, ihrer 
üppigen Vegetation und transparen- 
ten Vielschichtigkeit, ihrer angestreb- 
ten „Universalität" und doch sofort 
gegebenen Einsehbarkeit, finden zwei- 
fellos Publikum und Bewunderer in 
großer Zahl. Das gilt audi für Brauers 
neue und neueste Arbeiten, die größ- 
tenteils bereits fix nadi den USA 
verkauft werden konnten. Um diese 
Bilder vor ihrem „Untertaudien" in 
Privatsammlungen des Auslandes einer 
größeren Öffentlichkeit vorzustellen, 
veranstaltete das Museum des 20. 
Jahrhunderts bis einschließlich 5. Mai 
die in Zusammenarbeit mit der Ga- 
lerie Peithner-Lichtenfels zustande ge- 
kommene und insgesamt sehr typische 
Brauer-Schau. 
Auf Cornelius Kolig eingehend hin- 
zuweisen, war in den letzten Jahren 
des öfteren Gelegenheit. Der 1942 
in Vordernberg geborene Plastiker und 
46 
gM...  vvn we.uututscttitttmcnei 
Vitali t und Schaffenskraft, zählt ge- 
genwörtig zu den wenigen Vertretern 
der österreichischen Avantgarde, die 
auch im Ausland zunehmend Resonanz 
finden und besonders in führenden 
Galerien der deutschen Bundesrepublik 
zum Zug kommen. Seit 1968 kann 
Kolig iedenfalls auf rund vierzig Per- 
sonalausstellungen und Ausstellungs- 
beteiligungen im ln- und Ausland zu- 
rückblicken. Das Museum des 20. Jahr- 
hunderts, in dessen ständiger Samm- 
lung der Künstler bereits vertreten 
war, stellte Kolig im Mai 1971 erst- 
mals mit einer Personale vor, die im 
Klubraum des Hauses Plastiken, far- 
bige Flexiglasobiekte, Leuchtreliets, 
neue Siebdrucke und eine größere 
Anzahl besonders interessanter Zeich- 
nungen umfaßte. Sie entstammten 
größtenteils einer mit Bedacht ausge- 
wählten Wiener Privatsammlung. Der 
Querschnitt durch das CEuvre der letz- 
ten Jahre, der so gewannen wurde, 
bestätigte überzeugend die Richtig- 
keit des von Kolig mit großer Kon- 
sequenz und Unbeirrtheit im Sinne 
schöpferischer Weiterentwicklung ein- 
geschlagenen Weges. Eine sehens- 
werte Ausstellung, die sämtlichen Be- 
teiligten - dem Künstler, Sammler und 
dem initiativen Museumsdirektor - 
gutzuschreiben ist (Abb. 1, 2). 
 
Galerie Würthle - 
Franz Xavar Ölzant 
Für einige Verunsicherung im Wiener 
Kunstalltag sorgte - um dieses Mode- 
wort der Kulturiournalistik einmal mit 
Recht zu bemühen - der Plastiker 
Franz Xaver Ülzant. Der 1934 im 
steirischen Oberzeiring geborene Ab- 
solvent der Wiener „Angewandten" 
stellte mit seinen bis 9. April bei 
Würthle gezeigten Arbeiten des letz- 
ten Jahrzehnts nid1t nur bestehende 
ästhetische Kriterien in Frage, son- 
dern untersdieidet sich überhaupt 
grundlegend von dem, was heute als 
moderne Plastik geschaffen und ge- 
priesen wird. Davon abgesehen, kon- 
frontierte der gebotene Guvrequer- 
schnitt mit derart vielen, scheinbar 
oder echt divergierenden Momenten, 
daß man beinahe annahm, es mit 
mehreren und nicht mit einem einzi- 
gen Bildhauer zu tun zu haben. Sieht 
man von einer frühen Bronze aus 
1961 ab, die - unbeabsichtigte - Pa- 
rallelen zu Plastiken van Max Ernst 
aufweist, so entdeckte man so gut 
wie keinerlei andere Ähnlichkeiten zu 
nationalen oder internationalen Vor- 
bildern. Das spridwt zweifellos für 
Ulzant, der mit ganzem Einsatz bei 
der Sache ist und Problem um Pro- 
blem mit stets neuer Risikobereit- 
schaft zu lösen trachtet. Eine be- 
sondere Rolle spielen dabei unge- 
wohnte rhythmische und räumliche 
Momente. In besonders ausgeprägter 
- und damit auch heftigst umstritte- 
ner - Form zeigt dies eine große, 
zentral aufgebaute Arbeit aus wei- 
ßem Gips, deren reliefortig betonte 
Oberfläche in Verbindung mit der 
formal-räumlichen Akzentuierung von 
üppiger Sinnlichkeit zeugt. Anhalts- 
punkte dafür finden sich noch am 
oynmoie uuu organiscn-vegeranver 
Elemente. Andere Arbeiten Ukzants 
besitzen architektonischen Charakter, 
wieder andere verbinden Pflanzliches 
mit einem stark durchrhythmisierten, 
schichtenartigen Aufbau (Abb. 3). 
Künstlerhaus Wien - 
25 Jahre "Der Krei 
Linnovaara, Zechyr 
Die knapp vor Beginn der Wiener 
Festwochen stattgefundene Jubiläums- 
ausstellung der Künstlergruppe „Der 
Kreis" stand unter dem Motto „Hi- 
storien und Utopien". Im Oberstock 
des Künstlerhauses zeigte man aus 
diesem Anlaß eine Art Leistungsschau 
der Mitglieder sowie eine Personal- 
ausstellung des Bildhauers und Sym- 
posiongründers Karl Prantl, die insge- 
samt 17 Meditationssteine dieses sin- 
gulär dastehenden überzeugenden 
Guvres umfaßte. Als Gäste waren 
diesmal der erst vor kurzem von der 
Galerie Ariadne vorgestellte Karl 
Korab mit einem hervorragend ge- 
malten Ulbild, Ernst Zdrahal, Jochen 
Wahl, der Phantast Franz Luby und 
der Wiener Bertram Castell mit von 
der Partie. Neben Josef Schagerl, 
Walter Muhammad Malli, Siegfried 
Fischer, Pechoc, Neuwirth und ande- 
ren zählen derzeit auch vier Ober- 
österreicher zu den Mitgliedern der 
„gemäßigt modernen" Gruppe: Hans 
Hofmann-Ybbs, dessen in geringer 
Auflage gedruckte Kaltnadelradie- 
rungen die Aggressivität und Eigen- 
art der von ihm als Bildanlaß ge- 
wählten lnsekten in weitem Assozia- 
tionsrahmen widerspiegeln; Siegfried 
Strasser, der mit kunstgewerblicher 
Aufwendigkeit ein als Fleißaufgabe 
zu charakterisierendes „Kunstmuseum" 
zusammenbastelte; der in Wien le- 
bende Maler und Graphiker Hans 
Plobner, von dem drei collagierte 
Gouachen zu sehen waren, sowie - 
besonders repräsentativ und wir- 
kungsvoll vertreten - der Linzer Ma- 
ler Ludwig Schwarzer. Von ihm waren 
drei seiner nicht nur mit vollendeter 
handwerklicher Perfektion, sondern 
auch mit viel Sinn für verfremdende 
Poesie und kompositorische Ausgewo- 
genheit gemalten Bilder zu sehen. Jo- 
sef Schagerls motorisch betriebene 
Stahlplastik „Das zwanzigste Jahr- 
hundert landet auf dem neunzehnten" 
zählte als - nicht unironischer - Tri- 
but an die Technik unserer Zeit eben- 
falls zum Bemerkenswertesten der 
Schau. 
In der Galerie des Künstlerhauses 
stellte die Vereinigung den finnischen 
Maler und Plastiker Juhani Linnovaara 
aus, einen eigenwilligen Außenseiter 
der Kunstszene, der von der Wiener 
Kritik ab seiner Humorigkeit mit viel 
Lob bedacht wurde. Die Kunststoff- 
skulpturen und stärker abstraktiv be- 
stimmten Bilder des 1934 geborenen 
Künstlers wurden zusammen mit eini- 
gen parodistischen Porträts histori- 
scher Rückgriffe, Anlehnungen und Ab- 
wandlungen auch im Grazer Forum 
Stadtpark und in der Neuen Galerie in 
Linz gezeigt. Die rund 3D Exponate 
umfassende Schau, die zur Hälfte mit 
ienen Werken bekannt machte, die 
 
aiennaie von veneaig vorstellt 
ten in durchaus sehenswerte 
wohl, ausgestattet mit SUI 
Appeal, auch in Österreich zu 
sinnigem Schmunzeln an. 
Zu einer Supershow, die vom 
gement her freilich nicht gan: 
was sie versprach (die Koste 
nun einmal für einen einzeln 
hoch), lud Zechyr in den I 
sischen Saal. 
Unter den Zeichnern und „N1 
phikern", den bedingungslose 
fechtern des reinen „Schwarz 
ist Othmar Zechyr nicht nur inr 
der österreichischen Kunstszene 
der Profiliertesten. Der 1938 i 
geborene und nun fast schr 
Jahrzehnt in Wien lebende K 
hat sich vor allem innerhalb de 
raumes seit 1965 beständig u 
freulich eigenständig weiterentx 
Seine mit expressiver, stark rhyl 
betonter Handschrift gezeidine 
chitektonischen Utopien und Vii 
seine inspiriert aufs Papier ge 
nen „Exploramas", Maschinen, 
ren und technoiden Prospekte 
zuletzt nicht nur bei Kritiker 
Kollegen, sondern auch bei 
kum und privaten Sammlern me 
mehr Beachtung. 
Zechyr hat bereits vor wenige 
naten ein zentral gelegenes Stu 
I. Wiener Bezirk, Bäckerstraße 
öffnet. Es ist ein Mittelding ZVl 
Galerie und Atelier, sollte sich 
mehr und mehr zu einer ldeenze 
zu einem Zentrum für visuelle 
munikatian entwickeln, in der nii 
fertige Arbeiten gesehen und Ql 
sondern vor allem größere Pi 
und Aufträge besprachen und k 
werden können. 
Neben dieser Studioaktivität kt 
triert sich der Selfmademan au: 
Wendigkeit, dessen bisheriges 
graphisches Guvre von 60 Rat 
gen vor wenigen Monaten in d: 
zeit besonders aktiven Kleinen 
rie zu sehen war, auf eine 
Reihe von Ausstellungen. So 
nach im April in der Galerie B 
zwanzig Zeichnungen der Land 
Serie zu besichtigen, darunter 
allererster Qualität. Ebenfalls 
chert ist auch die Teilnahme a 
renommierten Graphikbiennale 
Laibach, desgleichen das Erscl 
des ersten Buches über das bisl 
Gesamtwerk an Zeichnungen, dc 
stian Sotriffer mit einem kom; 
Guvreverzeichnis von Manfred C 
in der „Edition-Tusch" des St 
Verlages herausgibt. Neben Zi 
Festwochen-Show, die viele 
wichtigsten Arbeiten iüngeren D 
effektvoll einer breiteren Üffe 
keit nahebrachte, war noch eine 
tere Ausstellung von Graphiken 
Galerie Junge Generation zu 1 
was insgesamt genug Rummel fi." 
Warhol aus Linz bedeutete [Abb 
Galerie Stubenbastei - 
Franz Ringe! 
„Der Mensch is a Sau" lautet de 
reichend direkte Titel eines im t 
Wiener Vorstadtdialekt vorgetrai, 
Protestsongs einer bekannten
	        
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