Kollegen der inzwischen bereits mit
beträchtlichen Hypotheken belasteten
„Wiener Schule des Phantastischen
Realismus" voraus hat, ist neben der
klar ablesbaren inhaltlichen und the-
matischen Konstante seiner Bilder die
künstlerische und handwerkliche Qua-
lität. Sie unterlag selbst in den letzten
Jahren geringeren Schwankungen als
die Produktion der meisten übrigen,
deren Malerei leider genau iene Zuge-
ständnisse an die koniunkturbedingte
Nachfrage aufweist, die dem immer
wieder vorgegebenen Habitus impo-
nierender „Altmeisterlichkeit" äußerst
abträglich sind: Flüchtigkeit in der
Ausführung und Komposition sowie
der Trend zu stereotypen Wiederho-
lungen, der es kaum nach zuläßt, von
innerer Notwendigkeit und Lauterkeit
zu sprechen.
Sicherlich unterliegen auch die neuen
Gauachen und Ulmalereien auf grun-
diertem Papier von Erich Brauer ge-
wissen qualitativen Sdiwankungen
und einer mengenmäßig bedingten
zeitsparenden Vorgangsweise, die sich
nicht selten tachistischer Strukturen
und Effekte bedient. In der Summe
gesehen, ist das Gefälle zu früheren
Arbeiten, (a zum Besten dessen, was
Brauer (e geschaffen hat, (edach weit-
aus geringer als bei vielen anderen
Salonmalern lokaler Wert- und Über-
schätzung.
Die Ausstellung bestätigte diese an-
lößlich kleinerer Expositionen zuletzt
wiederholt gemachte Beobachtung ein-
mal mehr. Zugleich unterstrich die 41
Exponate umfassende Kollektive aber
auch die - im allgemeinen doch inten-
sivere und glaubwürdigere - Hingabe
des Künstlers an eine unserer Zeit
gegenüber konträre Welt des Traumes
und der Poesie, des Einklanges mit
der Natur und der notwendigen
Kämpfe in ihr.
Erich Brauer bezieht diese Position
allerdings nicht nur in seinen farben-
prächtigen Bildern, sondern in seiner
gesamten Lebenshaltung und -philo-
saphie, die sich nicht zuletzt in durch-
aus eigenwilligen Liedern, Dialekt-
songs und Texten niederschlägt.
Brauers orientalisch inspirierte Gleich-
nisse mit ihren menschenähnlichen
Fabel-, Zwitter- und Flugwesen, ihrer
üppigen Vegetation und transparen-
ten Vielschichtigkeit, ihrer angestreb-
ten „Universalität" und doch sofort
gegebenen Einsehbarkeit, finden zwei-
fellos Publikum und Bewunderer in
großer Zahl. Das gilt audi für Brauers
neue und neueste Arbeiten, die größ-
tenteils bereits fix nadi den USA
verkauft werden konnten. Um diese
Bilder vor ihrem „Untertaudien" in
Privatsammlungen des Auslandes einer
größeren Öffentlichkeit vorzustellen,
veranstaltete das Museum des 20.
Jahrhunderts bis einschließlich 5. Mai
die in Zusammenarbeit mit der Ga-
lerie Peithner-Lichtenfels zustande ge-
kommene und insgesamt sehr typische
Brauer-Schau.
Auf Cornelius Kolig eingehend hin-
zuweisen, war in den letzten Jahren
des öfteren Gelegenheit. Der 1942
in Vordernberg geborene Plastiker und
46
gM... vvn we.uututscttitttmcnei
Vitali t und Schaffenskraft, zählt ge-
genwörtig zu den wenigen Vertretern
der österreichischen Avantgarde, die
auch im Ausland zunehmend Resonanz
finden und besonders in führenden
Galerien der deutschen Bundesrepublik
zum Zug kommen. Seit 1968 kann
Kolig iedenfalls auf rund vierzig Per-
sonalausstellungen und Ausstellungs-
beteiligungen im ln- und Ausland zu-
rückblicken. Das Museum des 20. Jahr-
hunderts, in dessen ständiger Samm-
lung der Künstler bereits vertreten
war, stellte Kolig im Mai 1971 erst-
mals mit einer Personale vor, die im
Klubraum des Hauses Plastiken, far-
bige Flexiglasobiekte, Leuchtreliets,
neue Siebdrucke und eine größere
Anzahl besonders interessanter Zeich-
nungen umfaßte. Sie entstammten
größtenteils einer mit Bedacht ausge-
wählten Wiener Privatsammlung. Der
Querschnitt durch das CEuvre der letz-
ten Jahre, der so gewannen wurde,
bestätigte überzeugend die Richtig-
keit des von Kolig mit großer Kon-
sequenz und Unbeirrtheit im Sinne
schöpferischer Weiterentwicklung ein-
geschlagenen Weges. Eine sehens-
werte Ausstellung, die sämtlichen Be-
teiligten - dem Künstler, Sammler und
dem initiativen Museumsdirektor -
gutzuschreiben ist (Abb. 1, 2).
Galerie Würthle -
Franz Xavar Ölzant
Für einige Verunsicherung im Wiener
Kunstalltag sorgte - um dieses Mode-
wort der Kulturiournalistik einmal mit
Recht zu bemühen - der Plastiker
Franz Xaver Ülzant. Der 1934 im
steirischen Oberzeiring geborene Ab-
solvent der Wiener „Angewandten"
stellte mit seinen bis 9. April bei
Würthle gezeigten Arbeiten des letz-
ten Jahrzehnts nid1t nur bestehende
ästhetische Kriterien in Frage, son-
dern untersdieidet sich überhaupt
grundlegend von dem, was heute als
moderne Plastik geschaffen und ge-
priesen wird. Davon abgesehen, kon-
frontierte der gebotene Guvrequer-
schnitt mit derart vielen, scheinbar
oder echt divergierenden Momenten,
daß man beinahe annahm, es mit
mehreren und nicht mit einem einzi-
gen Bildhauer zu tun zu haben. Sieht
man von einer frühen Bronze aus
1961 ab, die - unbeabsichtigte - Pa-
rallelen zu Plastiken van Max Ernst
aufweist, so entdeckte man so gut
wie keinerlei andere Ähnlichkeiten zu
nationalen oder internationalen Vor-
bildern. Das spridwt zweifellos für
Ulzant, der mit ganzem Einsatz bei
der Sache ist und Problem um Pro-
blem mit stets neuer Risikobereit-
schaft zu lösen trachtet. Eine be-
sondere Rolle spielen dabei unge-
wohnte rhythmische und räumliche
Momente. In besonders ausgeprägter
- und damit auch heftigst umstritte-
ner - Form zeigt dies eine große,
zentral aufgebaute Arbeit aus wei-
ßem Gips, deren reliefortig betonte
Oberfläche in Verbindung mit der
formal-räumlichen Akzentuierung von
üppiger Sinnlichkeit zeugt. Anhalts-
punkte dafür finden sich noch am
oynmoie uuu organiscn-vegeranver
Elemente. Andere Arbeiten Ukzants
besitzen architektonischen Charakter,
wieder andere verbinden Pflanzliches
mit einem stark durchrhythmisierten,
schichtenartigen Aufbau (Abb. 3).
Künstlerhaus Wien -
25 Jahre "Der Krei
Linnovaara, Zechyr
Die knapp vor Beginn der Wiener
Festwochen stattgefundene Jubiläums-
ausstellung der Künstlergruppe „Der
Kreis" stand unter dem Motto „Hi-
storien und Utopien". Im Oberstock
des Künstlerhauses zeigte man aus
diesem Anlaß eine Art Leistungsschau
der Mitglieder sowie eine Personal-
ausstellung des Bildhauers und Sym-
posiongründers Karl Prantl, die insge-
samt 17 Meditationssteine dieses sin-
gulär dastehenden überzeugenden
Guvres umfaßte. Als Gäste waren
diesmal der erst vor kurzem von der
Galerie Ariadne vorgestellte Karl
Korab mit einem hervorragend ge-
malten Ulbild, Ernst Zdrahal, Jochen
Wahl, der Phantast Franz Luby und
der Wiener Bertram Castell mit von
der Partie. Neben Josef Schagerl,
Walter Muhammad Malli, Siegfried
Fischer, Pechoc, Neuwirth und ande-
ren zählen derzeit auch vier Ober-
österreicher zu den Mitgliedern der
„gemäßigt modernen" Gruppe: Hans
Hofmann-Ybbs, dessen in geringer
Auflage gedruckte Kaltnadelradie-
rungen die Aggressivität und Eigen-
art der von ihm als Bildanlaß ge-
wählten lnsekten in weitem Assozia-
tionsrahmen widerspiegeln; Siegfried
Strasser, der mit kunstgewerblicher
Aufwendigkeit ein als Fleißaufgabe
zu charakterisierendes „Kunstmuseum"
zusammenbastelte; der in Wien le-
bende Maler und Graphiker Hans
Plobner, von dem drei collagierte
Gouachen zu sehen waren, sowie -
besonders repräsentativ und wir-
kungsvoll vertreten - der Linzer Ma-
ler Ludwig Schwarzer. Von ihm waren
drei seiner nicht nur mit vollendeter
handwerklicher Perfektion, sondern
auch mit viel Sinn für verfremdende
Poesie und kompositorische Ausgewo-
genheit gemalten Bilder zu sehen. Jo-
sef Schagerls motorisch betriebene
Stahlplastik „Das zwanzigste Jahr-
hundert landet auf dem neunzehnten"
zählte als - nicht unironischer - Tri-
but an die Technik unserer Zeit eben-
falls zum Bemerkenswertesten der
Schau.
In der Galerie des Künstlerhauses
stellte die Vereinigung den finnischen
Maler und Plastiker Juhani Linnovaara
aus, einen eigenwilligen Außenseiter
der Kunstszene, der von der Wiener
Kritik ab seiner Humorigkeit mit viel
Lob bedacht wurde. Die Kunststoff-
skulpturen und stärker abstraktiv be-
stimmten Bilder des 1934 geborenen
Künstlers wurden zusammen mit eini-
gen parodistischen Porträts histori-
scher Rückgriffe, Anlehnungen und Ab-
wandlungen auch im Grazer Forum
Stadtpark und in der Neuen Galerie in
Linz gezeigt. Die rund 3D Exponate
umfassende Schau, die zur Hälfte mit
ienen Werken bekannt machte, die
aiennaie von veneaig vorstellt
ten in durchaus sehenswerte
wohl, ausgestattet mit SUI
Appeal, auch in Österreich zu
sinnigem Schmunzeln an.
Zu einer Supershow, die vom
gement her freilich nicht gan:
was sie versprach (die Koste
nun einmal für einen einzeln
hoch), lud Zechyr in den I
sischen Saal.
Unter den Zeichnern und „N1
phikern", den bedingungslose
fechtern des reinen „Schwarz
ist Othmar Zechyr nicht nur inr
der österreichischen Kunstszene
der Profiliertesten. Der 1938 i
geborene und nun fast schr
Jahrzehnt in Wien lebende K
hat sich vor allem innerhalb de
raumes seit 1965 beständig u
freulich eigenständig weiterentx
Seine mit expressiver, stark rhyl
betonter Handschrift gezeidine
chitektonischen Utopien und Vii
seine inspiriert aufs Papier ge
nen „Exploramas", Maschinen,
ren und technoiden Prospekte
zuletzt nicht nur bei Kritiker
Kollegen, sondern auch bei
kum und privaten Sammlern me
mehr Beachtung.
Zechyr hat bereits vor wenige
naten ein zentral gelegenes Stu
I. Wiener Bezirk, Bäckerstraße
öffnet. Es ist ein Mittelding ZVl
Galerie und Atelier, sollte sich
mehr und mehr zu einer ldeenze
zu einem Zentrum für visuelle
munikatian entwickeln, in der nii
fertige Arbeiten gesehen und Ql
sondern vor allem größere Pi
und Aufträge besprachen und k
werden können.
Neben dieser Studioaktivität kt
triert sich der Selfmademan au:
Wendigkeit, dessen bisheriges
graphisches Guvre von 60 Rat
gen vor wenigen Monaten in d:
zeit besonders aktiven Kleinen
rie zu sehen war, auf eine
Reihe von Ausstellungen. So
nach im April in der Galerie B
zwanzig Zeichnungen der Land
Serie zu besichtigen, darunter
allererster Qualität. Ebenfalls
chert ist auch die Teilnahme a
renommierten Graphikbiennale
Laibach, desgleichen das Erscl
des ersten Buches über das bisl
Gesamtwerk an Zeichnungen, dc
stian Sotriffer mit einem kom;
Guvreverzeichnis von Manfred C
in der „Edition-Tusch" des St
Verlages herausgibt. Neben Zi
Festwochen-Show, die viele
wichtigsten Arbeiten iüngeren D
effektvoll einer breiteren Üffe
keit nahebrachte, war noch eine
tere Ausstellung von Graphiken
Galerie Junge Generation zu 1
was insgesamt genug Rummel fi."
Warhol aus Linz bedeutete [Abb
Galerie Stubenbastei -
Franz Ringe!
„Der Mensch is a Sau" lautet de
reichend direkte Titel eines im t
Wiener Vorstadtdialekt vorgetrai,
Protestsongs einer bekannten