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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 117)

eine DpUf aggressiver una airekter, 
bleibt iedoch im wesentlichen seiner 
Thematik genauso treu wie der far- 
big intensiven, graphisch betonten 
Art seiner ausgesprochen expressi- 
ven Umsetzung. Seine realistisch-dra- 
stischen Darstellungen gleichnishaften 
Charakters interpretieren den Men- 
schen als sexuelles Monstrum, einge- 
keilt in Perversionen verschiedenster 
Art. Ringels ausladend breite Weiber 
und fratzenhaft verzerrte männliche 
Ebenbilder sind triebbesessene Pro- 
dukte einer nicht bewältigten Umwelt 
von Konsum und Sex, die den Men- 
scheu in lasterhafte Roboter, in ge- 
fährliche „Gestörte" und Isolierte um- 
wandelt. Sie müssen und werden ihre 
Aggressionen in symptomalisch nega- 
tiver Weise los. Man kann diesem 
schockierenden Anliegen seine Legiti- 
mität nicht absprechen. Ob freilich 
das Suiet in der nun schon einige 
Jahre hindurch strapazierten Version 
im geistigen und malerisch-graphi- 
schen Vollzug auch in Zukunft 
noch genügend herzugeben vermag, 
bleibt allerdings fraglich. Ringel wird 
sein Kokettieren mit dem Häßlichen 
zumindest stark abwandeln müssen, 
um dem Vorwurf spekulativer Ma- 
nieriertheit zu entgehen und seinem 
schmeichelhaften Ruf als „neuer 
Schiele" gerecht zu bleiben. Daß seine 
Bilder mehr denn ie gefragt sind, ist 
daher in gleicher Weise Bestätigung 
wie Verpflichtung. Dies gilt auch für 
Ringels Personalschau in der Frank- 
furter Surrealisten-Galerie Sydow, die 
- begleitet von einem umfangreichen 
Farbkatalog - inzwischen eröffnet 
wurde (Abb. 9). 
Kleine Galerie - 
Lore Richter-Heuermann 
Batiken werden heute im allgemei- 
nen, wie vieles andere mehr, das man 
bei uns mit dem nicht gerade präzise 
abgrenzenden Vokabel „Kunsthand- 
werk" umsdtreibt, sofort und aus- 
schließlich in ihrer rein angewandten 
Funktion als Kopftücher und derglei- 
chen eingestuft und bewertet. Damit 
ist fälschlicherweise zumeist auch eine 
Abwertung in künstlerischer Hinsidit 
verbunden, was zwar in Anbetracht der 
Durchschnittspraduktion vieler Kunst- 
handwerker verständlich sein mag, 
den Einzelfall iedoch nicht berühren 
dürfte. Wer die auch international 
immer stärker beachtete Qualität un- 
serer führenden Kunsthandwerker 
kennt, weiß allerdings, wie verwerf- 
lich ein derartiges Pauschalurteil auf 
diesem ohnedies in einer gewissen 
strukturellen Krise befindlichen Sektor 
bildnerischen Schaffens ist. Funk- 
tionsabhängigkeit und Art eines Ge- 
genstandes tangieren den künstleri- 
schen Wert nur sekundär, so daß auch 
im Kunsthandwerk immer wieder Lei- 
stungen anzutreffen sind, die hinsicht- 
lich ihrer Qualität und Absicht Bei- 
spielen der freien Kunst durchaus ver- 
gleichbar sind. Zu diesen erfreulichen 
Ausnahmen zählen auch die farbigen 
Bildbatiken der Wienerin Lore Richter- 
Heuermann, die im April in einer be- 
sonders qualität- und verdienstvollen 
Ausstellung der Kleinen Galerie zu 
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metrischen Abstraktion in der Malerei 
ist der Stil Lore Richter-Heuermanns 
sehr intuitiv geprägt. lhre auf Holz- 
rahmen aufgespannten Tücher bewei- 
sen die Sensibilität der Künstlerin für 
formale Spannungsgegensätze und 
ihre Sidierheit im Zueinander har- 
monischer Farbkombination und 
Wertigkeiten. Die bis zu zweieinhalb 
Meter hohen, in zumeist drei bis vier 
Farben hergestellten Bildbatiken ver- 
einen den materiellen Reiz und die 
detailreiche Struktur der Seide mit 
sehr übersichtlich und ausgewogen ge- 
setzten geometrischen Zeichen und 
Symbolen eines breiten, beherrschen- 
den Pinselduktus. Als gelungene Bei- 
spiele engagierter Arbeit könnten 
diese preiswerten und dekorativen 
Bildbatiken auch für andere Künstler 
Ansporn zu einer intensiveren Nut- 
zung der adäquaten Möglichkeiten 
dieser traditionellen Technik sein 
(Abb.10). 
Galerie im Griechenbeisl - 
Gottfried Fabian, Leopold Hauer 
Malerei als eine im wesentlichen 
gleichgebliebene geistige Haltung und 
bildnerischen Vollzug dokumentierte 
die Ausstellung von Gottfried Fabian 
in der Galerie im Griechenbeisl in 
Wien. Die mehr als dreißig Werke 
umfassende Schau vereinte Arbeiten 
der letzten vier Jahre, die Fabian mit 
Kunstharzfarben auf Leinwand oder 
Hartfaserplatten gemalt hat. Als ab- 
gerundeter Einblick in das im allge- 
meinen zuwenig bekannte und be- 
achtete CEuvre des 1905 in Dresden 
geborenen Künstlers und Freundes 
von Hans Hartung kam der - außer- 
halb der üblichen Modetrends lie- 
genden - Schau gerade innerhalb 
der Wiener Ausstellungsszene eine 
wichtige informative Funktion zu. 
Fabians Abstraktionen sind klar über- 
schaubar. Sie beruhen im wesentlichen 
auf den reizvollen und sehr bewußt 
gehandhabten Wechselwirkungen au- 
tonom gesetzter graphischer Linien, 
Verläufe und Balken mit farbigen 
Bahnen, Spannungsfeldern und ähn- 
lichen flächigen Partien. Fabians 
Bilder - und hier vor allem die be- 
sonders gelungenen kleineren Formate 
- lassen sich als sehr persönliche und 
eigenständige Variante zwischen Ac- 
tion-Painting und dem ebensosehr 
durch die spontane Geste bestimmten 
lyrisdien lnformel charakterisieren. 
Trotz ihrer klaren formalen Bestimmt- 
heit provozieren die sehr spannungs- 
reichen, lebendigen und alles eher 
denn sdiematisch-stereotypen Darstel- 
lungen im Betrachter einen weiten 
Assoziationsspielraum. Dieser sollte 
freilich weniger gegenständlich inter- 
pretiert, als vielmehr in Analogie zur 
Musik verstanden und genützt wer- 
den. Den iüngst entstandenen Bildern 
aus 1971 wäre allerdings ein Plus 
an Formverfestigung und Verdichtung 
im Sinne früherer Kompositionen zu 
wünschen. 
1971 ist für Österreich ein Jahr wich- 
tiger Künstleriubiläen. Der weit über 
die Grenzen seiner Heimat hinaus 
bekannte Architekt Clemens Holzmei- 
ster feierte seinen 85. Geburtstag, der 
endung seines 75. Lebensiahres stellte 
die Galerie im Griechenbeisl einen 
weiteren Doyen österreichischer Ma- 
lerei vor: Leopold Hauer. Hauer über- 
rascht auch in seinen neuesten Arbei- 
ten durch ungetrübte Vitalität und ein 
spürbar lebendiges und edites Ver- 
hältnis zur Malerei. Das beweisen vor 
allem einige im Voriahr entstandene 
Ulbilder, die so einfachen und schein- 
bar nebensächlichen Motiven wie 
einer „Brettltür', einem „Schindeldach' 
oder einem „Gatter" gewidmet sind. 
Die meist mittelgroßen Formate un- 
terstreichen die noch immer beacht- 
liche handwerkliche Sicherheit, mit 
der Hauer in eigenwilliger und subtiler 
Form dieser Poesie alter Mauern und 
Hölzer stattgibt. Hauers Palette be- 
vorzugt Grau- und Braunnuancen. 
Wenn es das Motiv verlangt, werden 
diese iedoch durch kräftige und fri- 
sche Akzente ergänzt. Ein besonders 
gelungenes Beispiel für diesen reiz- 
vollen Kontrast; ein 1969 gemaltes 
Bild aus dem bosnischen Jayce, das 
zu den stärksten der Schau gerechnet 
werden konnte. Ergänzend zu der ur- 
sprünglich durch Egon Schiele und 
Egger-Lienz oeeinflußten Malerei 
stellte der um die Relationen der 
Kunst wissende und sich stets be- 
scheiden im Hintergrund haltende Ma- 
ler eine Auswahl von Tuschzeichnun- 
gen vor. Leopold Hauer hat sie von 
seinen Jugoslawienreisen mitgebracht. 
In ihrer sparsamen Linearität kaum 
abstrahierender Beschreibung gelten 
auch sie den Lieblingsmotiven des in 
Niederösterreich lebenden Künstlers: 
der Landschaft und der bäuerlichen 
Architektur, deren diverse Formen für 
Hauer echte Symbolkratt besitzen (Ab- 
bildung 11, 12). 
Modarn-Art-Galerie 
Hans Staudacher 
Mit einer kleinen Schau von Computer- 
Graphiken des Wieners Otto Beckmann 
wurde eine neue Galerie mit dem 
etwas hochtrabenden und nicht ge- 
rade originären obenstehenden Titel 
eröffnet. Auf Beckmann folgte Hans 
Staudacher, einer unserer profilier- 
testen Maler Lyrischen lnformels, der 
zur Vernissage seiner Schau 120mal 
die gleiche Lithographie an die 
Wände hängte. Staudachers als Fünf- 
farbenoffsetlitho erschienene Graphik 
mit dem Titel „Hände" fungierte da- 
mit als publicityträchtiger Eröffnungs- 
gag, mit dem sich der bekannte Künst- 
ler über den allenorts feststellbaren 
Druckgraphikboom in gewohnt ironi- 
scher Form lustig machte. Seriöser und 
künstlerisch ergiebiger verlief freilich 
die zweite Hälfte der zweigeteilten 
Staudacher-Schau. Sie gab an Hand 
größerer und kleinerer Bildfarmale 
einen knappen Querschnitt durch Stau- 
dachers Produktion der letzten Jahre, 
wobei übermalte Collagen sowie ei- 
nige kleinere lyrische Blätter beson- 
ders hervorstachen (Abb. 13). 
Peter Baum 
1959. Max von Esterle, dessen 
Karikaturen in verschiedenen 
schritten erschienen sind, köni 
wir getrost neben manchen se 
bekannteren Zeitgenossen ste 
einer an Gulbransson erinneri 
Kraft sind von ihm so bekannt 
Persönlichkeiten iener Jahre vi 
Albin Egger-Lienz, Karl Schön 
Ludwig von Ficker, Georg Tra 
Theodor Deubler, Frank Wede 
und Karl Kraus mit dem Zeichi 
festgehalten worden. Das Cha 
stische ist lebendig und gegen 
Seine Ölbilder hingegen trage 
deutlidi den Stempel des Jugi 
Erich Lechleitner, von dem 
hauptsächlich Aquarelle und T 
bilder zu sehen waren, ist sich 
der Stillere, was sich audi in s 
Farbgebung manifestiert. ln d: 
Entwicklung ging er weiter. Ei 
zu unterschätzenden Eindruck 
seine Reise nach Paris 1911 hi 
lassen haben. ln vielen seiner} 
ist die Spur Cezannescher Gef 
zu spüren. Es ist sidier bedaui 
daß diese nobel gemalten Bilc 
schon früher eine größere, 
zusammenfassende Präsentatir 
erfuhren (Abb. 14, 15). 
WELS hatte in der GULDEN-G 
vom 12. März bis 4. April den 
Niederösterreicher JÜRG HIET 
zu Gast. lm ganzen waren 13 
Radierungen, sieben Lithos, ne 
Linolschnitte, davon viele in m- 
Farben, und zehn Tusche-Pins 
nungen zu sehen. Der Künstler 
zeitkritischer und satirischer 
geworden. In manchen Figurat 
erinnert er an George Grosz. 1 
weisen auf eine auch bei andi 
Graphikern unserer Tage stark 
auftretende Neigung zu Bilder 
ähnlich iener der Comics, hin. 
Die Vergänglichkeit wird uns ii 
Anblick der Uhren, ein Motiv, 
sich Hi tzgern immer wieder 
besdiäftigt, bewußt, wenn aud 
dieses und ienes, dieser und ie 
Kasperl die Zeiger anzuhalten 
versucht (Abb. 16). 
In LINZ stellten in der NEUEN 
GALERIE zwei Kärntner Maler 
Graphiker aus. Vorn 15. April E 
15. Mai waren die Arbeiten der 
beiden Villadter HEINZ PETER 
und HUGO WULZ zu sehen. Es 
eine sehr umfangreiche Schau. 
zeigte 41 und Wulz 44 Arbeiten 
Jüngere, Mayer, ist außerorder 
sparsam, seine Ulbilder sind ni 
in wenigen Farben gehalten, ur 
Formen, einfache Körper darste 
sind wie das Sigel einer Bilder: 
Von den von ihm noch vor einig 
Jahren in der Nähe Klimts halt 
Figuratianen ist er zu einer eigi 
ausdrucksstarken Dingwelt gek 
lnkrustationen geben den Tafel 
eine hieratische Feierlichkeit. H 
Wulz, schon immer mehr graph 
orientiert, zeigt diesen Hang ai 
in seinen Kunslharzbildern verw 
wo die reinen Flächen hinter- b 
nacheinander gesetzt seine selt: 
Traumlandschaften ergeben. W 
Maver mit seinen Bildern offen 
nur statische Figuren hinsetzen 

	        
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