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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 118)

eine Reihe von Kopien, solche nach eigenen 
Bildern und solche nach Bildern aus fremden 
Galerien. Das ist weiter nicht verwunderlich, 
wenn man bedenkt, wie nahe es liegt, sich ein 
Bild vom Bild zu machen. Es ist nicht nur sehr 
instruktiv zu kopieren oder auch nur abzue 
zeichnen, Zug für Zug zu wiederholen und 
verstehend jeden Strich nachzuvollziehen: es 
ist auch so, als führte der Meister selbst dem 
Schüler die Hand, damit d ser ihm gewisser- 
maßen uachspreche und in das Wesen des M 
sters eindringe. Neue Gebiete schließen sich 
hier dem Kopierenden, dem Nachvollziehenden 
auf und lassen ihn fast einen Abglanz der 
Schöpferfreude nachempfinden. 
Dabei versteht sich fast von selbst, dal's man 
nur das wiederholt, wozu man eine Affinität 
verspürt, eine Hinneigung und innere Vere 
vwaxidtschaft. Das gilt natürlich nicht nur für 
den Kopierenden, sondern ebenso für den alle 
fälligen Sammler und eventuellen Besteller der 
Kopie. Freilich ist der Vorgang der Anniihee 
rung und der Auswahl beim Besteller und beim 
Kopierenden - besonders wenn dieser selbst 
ein Künstler ist - verschieden. Letzterer weiß. 
was er will und was er ucht. Wenn Rubens 
Tizian kopiert - die Wiener Galerie besitzt 
zwei solche Kopien -, dann deshalb, weil die 
Art, in der Tizian seine Probleme malerisch 
löst. den Absichten des Rubens entgegenlwmmt, 
ihm verwertbar erscheint. weil - um eine der 
Absichten herauszugreifen - die spezifische 
Sinnlichkeit der venezia eben Malerei sich 
mit seinen eigenen Vorstellungen deckt. Das 
beste Beispiel hiefür ist das „Pelzchen", das 
Porträt seiner Gattin Halene Four ent, das 
eine Abwandlung von '- ' chen im 
Pelz" ist: keine Kopie, sondern gewissermaßen 
eine zweite Fassung desselben Themas, voll- 
bracht mit künstlerischen Mitteln, die berei- 
chert sind durch jene, die Tizian zur Verfügung 
standen. Übrigens kann man dieses Bild wohl 
als ein besonders eindrucksvolles Beispiel eines 
„imitare" ansehen, wie es das späte 16. jahr- 
hundert verstanden hat; nicht als reine N 
ahmung, sondern als schöpfe 
ten und neu Überlegenh Freilich konnte eine 
„imitatiu" derart sublimer Auslegung nur 
einem Künstler vom Range eines Rubens ge- 
lirigeri. 
König Philipp IV. von Spanien, ein großer 
Kunstkenner und Sammler, zahlte 900 Gulden 
für Bilder Tizians, die aus dem Nachlall Ru- 
bens" stammten. Er gab aber das Doppelte für 
Kopien des Rubens nach Tizian'-' wohl nicht 
deshalb, w ' ihm Rubens so viel mehr wert 
war als Tizian. Dieser stand immer im höch- 
sten Ansehen, sowohl bei den spanisehen wie bei 
den österreichischen Hbsburgern, ebenso üb- 
rigens auch am engli n Hof. Die Meinung
	        
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