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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 118)

fenster wellig begrenzte und etwas dunkler ge- 
färbte Rauhputzzone. Darüber folgt ein reicher 
Schmudtfries: Zwischen den Fenstern sd1weben 
vor einem Blattwerkhintergrund drei Engel, 
die vier Lorbeerkränze halten. Diese einst be- 
malten Figuren sind dem Putzgrund flächig 
aufgelegt. Auch an diesem Haus ist das weit 
auskragende Abschlußgesims nicht über die volle 
Fassadenbreite, sondern nur im Bereich der 
Fenster durdigeführt, die Eckpfeiler dagegen 
nur etwas über die Dadikontur erhöht. 
Am Hause 8 kehrt der Rauhputz wieder, doch 
bedeckt er hier als Imitation von Pflanzen- 
wuchs die ganze Fassade mit Ausnahme eini- 
ger willkürlich ausgesparter „Kahlstellen", 
durch die das Stengelwerk sichtbar wird. Die 
Fenster haben frei vorspringende Wellblech- 
verdachungen. Sie sind jedod-i sonst gleich den 
Fensterh der anderen Häuser ausgebildet. Die 
rechte Hauskante gegen die zurüdcgesetzte Ein- 
gangszone des Hauses 6 ist vom zweiten Ge- 
Schoß an abgerundet. Davor steht, auf der den 
Übergang markierenden Konsole, eine vollpla- 
stische Muttergottesfigur, die von einem stili- 
sierten Putzbäumchen an Stelle eines Baldachins 
überragt wird. Diese Eckausbildung bedingt 
die Verschiebung der vier Fensterachsen nach 
links, wodurch die dem Haus 4 ähnliche Hö- 
herführung der Eckpfeiler nicht mehr logisch 
begründbar ist. Der Hauseingang ist nidut be- 
sonders hervorgehoben. 
Die Absdnlußgesimse aller drei Häuser sind rein 
dekorativ vor die Fassade gesetzt und haben 
weder mit der Inneneinteilung der Baukörper 
nodi mit der Dachausbildung etwas zu tun. 
Rein formal zeigen sie die für die Wiener 
Secession typische, weit auskragende Form, die 
den Baukörper (hier die Fassade) wie ein 
Deckel abschließt. Sie sind aus Plattenelemen- 
ten zwischen Eisenträgern gebildet und ent- 
springen den Mauerflädien über Zierleisten, die 
mit Sprudnbändern unterlegt sind: 
Baumeister, wer Du audu bist, Gott gab Dirs 
Gemüth. 
Legt mit Gott den Grundstein, zieht von selbst 
das Glück ein. 
Wie die Leute leben, so klingen ihnen einst die 
Glocken. 
Die eigentlid1e Bauinschrift der Dreihäuser- 
gruppe ist über dem Hauseingang Nr. 6, unter- 
halb der Muttergottesstatue, angebracht: 
Erbaut im Jahre des Herrn 1902. 
Außerdem trägt jedes der Häuser an der Fas- 
sade den Namen des Architekten Sepp Hubatsch. 
DIE FASSADEN DES ZWEITEN 
BAUABSCHNITTES VON 1906-1908: 
Im zweiten und im dritten Bauabschnitt sind 
die Kellergeschosse so hoch herausgehoben, daß 
sie von außen direkt betreten werden können. 
Der durch die vergrößerte Gebäudehöhe be- 
dingte starke Sprung in der abgetreppten Dach- 
kontur zwischen den Häusern 8 und 10 wird 
nicht mehr kaschiert oder aber zur Belebung der 
Reihe bewußt genutzt, sondern die Häuser 
8 und 10 stoßen ganz hart aneinander. Auch 
die vertikale Seitenbegrenzung der einzelnen 
Objekte entfällt des öfteren oder wird unlo- 
gisch angewandt. Horizontale Gliederungen 
treten in den Vordergrund und werden durch 
Balkone noch verstärkt. Die Abschlußgesimse 
laufen über die ganze Hausbreite durch und 
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kragen weniger weit aus, dodi bleiben die 
eigentlidien Fassaden den Baukörpern vorge- 
blendet. Der Dekor schließlidi unterscheidet sich 
von dem der Dreihäusergruppe sehr deutlich, 
wenn audi fallweise aus deren formalem Be- 
stand zitiert wird. 
Das Haus 10, das bis 1911 im Besitze Hubatschs 
verblieb, zeigt bei gleid-ier Fensterausbildung 
wie bei Haus 8 (mit ebensolcher Wellblechver- 
dachung) eine ab der Erdgeschoßsohlbank be- 
ginnende gleichmäßige Horizontalnutung. 
Erstmals wird das Dadugesdnoß an der Fassade 
durch eine Reihe runder Lochfenster deutlich 
ablesbar. Am Haus 6 war es über dem Haus- 
tor bereits angedeutet. Ein Blattwerkfries, in 
dem Eulen nisten, entsprießt den die Ober- 
geschoßfenster flankierenden Stengeln und faßt 
die Dachgeschoßfenster zu einem Band in gan- 
zer Fassadenbreite zusammen. Das gleichfalls 
über die ganze Hausbreite durchlaufende Ab- 
schlußgesims ist als geputzte Platte ausgebildet 
und die darüberliegende Attika so rechteckig 
begrenzt, daß die höher aufsteigenden Seiten- 
teile nicht mehr der Fassade, sondern eher den 
Stirnen der Feuermauern anzugehören scheinen. 
Das gleichzeitig erbaute Haus 12 zeigt von der 
Sohlbank des Erdgeschosses an vertikale Kanne- 
luren über die ganze Fassadenfläche. Die Fen- 
ster haben keine Sohlbankgesimse mehr und 
die Stelle der Ornamentleiste am Sturz nimmt 
eine glatte Fläche ein. Während im Obergeschoß 
ein weit vorspringender Balkon auf Eisen- 
trägern über die ganze Fassadenbreite läuft, 
werden im Erdgesdnoß nur die zwei rechten 
Achsen durch einen Balkon zusammengefaßt. 
Sozusagen als Ausgleich der Asymmetrie wer- 
den die zwei linken Achsen im Obergeschoß 
durch eine gemeinsame Wellblechverdachung 
zusammengefaßt, während die übrigen Ober- 
geschoßfenster einzelne Verdachungen haben. 
Die querrediteckigen Dachbodenfenster werden 
durch zwei Putzbänder, mit weldien die Kanne- 
luren durchflochten sdieinen, friesartig zusam- 
mengefaßt. Ein gleiches Putzband unterteilt 
das Erdgesd-ioß in Kämpferhöhe. Die weißge- 
strichenen Balkongeländer aus Vierkanteisen 
zeigen ziegelverbandähnlidie Teilungen. Das 
plattenförmig ausgebildete Abschlußgesims 
läuft gleichfalls über die ganze Fassadenbreite 
durch und wird folgerichtig von einer völlig 
ungegliederten, red-itedtigen Attika überragt. 
Das erst 1908 erbaute Haus 14 blieb bis 1932 
im Besitze des Erbauers. Mit seiner zurückge- 
setzten Eingangsachse, die den Knick in der 
Bauflucht kaschiert, ist es das breiteste der 
Gruppe. Die Differenztreppe zwischen Vor- 
garten und Erdgeschoß liegt hier im Hausin- 
neren und die Haustür ist daher entsprechend 
hoch. Das Haus war zunächst als Ende der 
Zeile gedacht, weshalb der Hauseingang wie 
bei Haus 4 im Seitenabstand lag, bis die Zeile 
doch fortgesetzt und der Seitenabstand in der 
heutigen Form geschlossen wurde. Vermutlich 
aus dem gleichen Grund kehren hier die Engel 
des Hauses 4 fast genau an der Fassade wieder, 
Anfang und Ende der Zeile markierend. Auch 
andere Details der ersten Baugruppe tauchen 
hier wieder auf. So ist die Fassade hier wieder 
von der Höhe der Kellerdecke an durch zwei 
vertikale Glieder seitlich begrenzt. Erstmals 
jedoch treten diese als Putzvorlagen leicht vor 
die Fassadenflädie. Das Abschlußgesims wird 
wieder von sichtbaren Eisenkonsolen g 
und überschattet nur den Mittelteil der 
zwischen den seitlichen Lisenen, die ganz 
wieder die Attika leicht überragen. 
Die beiden mittleren Achsen sind in 
Geschossen durch weit auskragende 
auf Eisenträgern verbunden. Die Fenstei 
nur noch im Obergeschoß die zurück 
glatte Flädie am Sturz auf, sind Sonst 
völlig rahmenlos aus der Mauer ges 
und haben auch keine Verdaohungen. i 
in Dreiergruppen rhythmisch die Fassa 
Edtlisenen überziehenden Horizonta 
mit versetzten Rollen scheinen durch 
rung kleiner Abstände von den Fenste 
den eine Rahmung anzudeuten. Die 
geländer sind aus Drahtgitter mit 
quadratischen Maschen gebildet. Der ül 
Engelfries verbleibende Raum ist völli 
gliedert, die Dachbodenfenster sind wie 
fallen. 
DIE FASSADEN DES DRITTEN 
BAUABSCHNITTES VON 1912: 
Neben allgemeinen Merkmalen, wie der 
Endung der Attiken, die infolge der 
über die ganze Fassadenbreite durrhg 
Abschlußgesimse völlig unlogisch gewoi 
der wieder vorherrschenden Horizont: 
rung und der Balkone in beiden Stock 
wird besonders der ornamentale Appz 
Häuser 8 und 10 wiederholt. 
An Haus 16, das wie Haus 14 seitlic 
leicht vorspringende Lisenen gerahmt 
auch die Horizontalstreifung, diesm: 
Rollen, wieder auf. An Stelle des Eng 
ist die Zone über den Obergeschoßfenst 
lig glatt und war ursprünglich bemalt 
Haus wurde bis 1936 von Hubatst 
dessen Witwe bewohnt. 
Haus 18 ist wie Haus 8 von imitiertem 
bewuchs überzogen, hat jedoch Balkone. 
Haus 20 bringt wieder die Horizontals 
von Haus 16 und den Eulenfries von 1' 
Im Erdgesdioß sitzt asymmetrisch ein 
asymmetrisch gestalteter Erker mit unn 
ausgerundeten Fenstern, dessen urspr 
Oberfläche jedoch nid-it mehr erhalten is 
Nur das letzte Haus, Nr. 22, bringt 
neue Gesichtspunkte. So sind die mittle 
den Fensterachsen näher aneinandergeri 
durch Balkone in beiden Geschossen gei 
Erstmals sind die Fenster umrahmt un 
richtig ist auch die Fassade durch 1 
trennende Horizontal- und achsentr 
Vertikalbänder, zum Teil gekuppelte, 
dert. An den Kreuzungsstellen liegen 
Quadrate mit einem diagonalen Andre 
die auch je Geschoßhöhe zweimal wiede 
Die Attika zeigt eine wellige Kontur, 
den Vertikalbändern der Fassade auf; 
und am linken Ende der ganzen Häv 
wie am Haus 6 obeliskenähnlich höher 
Die hier beschriebene Reihenhaussiedlun, 
196900 im Aulmzg des Instituts für Bault 
Buuaufnabmer: an der Tecbriisdren Hoch 
Wien von Godfried Karg! und Alexander 
als Studienarbeir vermessen, gezeichnet und 
Iiert. Die Veröffentlichung der Fassndennl 
erfolgt mit Genehmigung des Institutrv 
o. Prof. Dr. Hans Koepf.
	        
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