'l Jettmar
IM WERK
IDOLF JETTMARS
Jdülf JeNmar, Türme des Trotzes, 1912. Ul.
f 21.11 X113; 3 e
in man nur von biographischen Daten und
ziellen Würdigungen ausgehen wollte, könnte
Rudolf Jettmar als einen erfolgreichen und
erordentlich typischen österreichischen Künstler
r Generation einstufen, die sich noch in der
te des kaiserlichen Wiens entfalten durfte. Wie
it und so viele andere stammte der 1869 Gebo-
aus Nordböhmen. Die Hauptstadt hat ihn
ezogen und - nach einer Periode bitterer Armut
intensiver Arbeit - mit Stipendien, Preisen
ripreis 1896, Reichelscher Künstlerpreis 1905)
Aufträgen belohnt. Er gehörte zu den frühen
lliedern der Secessian, den Mitgestaltern des
Q SACRUM". Er fand Anschluß an die große
ellschaft, er malte für Wittgenstein und war
der Fürstin Thurn und Taxis in Duino zu Gast.
en zwanziger Jahren schmückte er einen Wohn-
der Gemeinde Wien mit großen Wandgemäl-
Er entwarf Briefmarken und schließlich auch
Urkunde für die Ehrenmitglieder der Wiener
tarmaniker, unter denen der musikalisch Hoch-
abte persönliche Freunde fand.
ei ist klar, daß Jettmar als Grafiker höchste
nische Perfektion erreichte. Kühle und Sicherheit
Strichs prädestinierten ihn zum Radierer. Er
f über 130 Blätter, die von der Albertina aus-
nahmslos bis 1918 gesammelt wurden. Großartig
auch in der Farbe sind seine - fast unbekannten -
Aquarelle, während an den Ulgemälden häufig
manieristische Erstarrung zutage trat: Jettmar war
ein Grübler, ein allzu strenger Richter seiner selbst.
So gingen in immer neuen Ubermalungen Unmittel-
barkeit und Zupacken verloren. Außerdem aber
fehlte diesen Bildern der adäquate Rahmen; sie
waren für Repräsentativräume gedacht, die die
Zeit schuldig bleiben mußte. Bewundert wurden von
ie seine in Dämmerung gehüllten Landschaften, die
indes kaum den Weg in die Öffentlichen Sammlun-
gen fanden.
Dieser glatte Lebenslauf, der seit 1910 nach durch
eine Professur der Wiener Akademie abgesichert
war, sagt iedoch so gut wie nichts über den Men-
schen und sein Werk aus. Rudolf Jettmar war von
vornherein ein Fanatiker seiner Begabung, mit un-
erbittlich scharfem Auge ausgestattet, ohne Spur
von Konzilianz, mit einem Streben nach Voll-
kommenheit geschlagen, das ihn in einer Welt allzu
vieler „Männer ohne Eigenschaften" zum Sonderling
werden ließ. Er besaß echtes Gefühl für Monu-
mentalität und hatte ein stets waches lnteresse für
iene Phasen der Geschichte, in denen menschliche
Größe zur Entfaltung kamen. So las er immer wieder
die Schriften Jacob Burckhardts und erbaute sich
an den bösartigen Epigrammen Grillparzers. Er
hätte der Maler für die Denkmäler ienes größeren
Österreichs werden können, das vor seinen Augen
zerbrach. Es ist kein Zufall, daß er seine Förderer in
dem Kreis um Franz Ferdinand fand. Historisches
Verständnis schützte ihn schließlich davor, mit ienen
vielen Kollegen gemeinsame Sache zu machen, die
alles Heil von der endgültigen Liquidierung Öster-
reichs erwarteten. „Ja, man will ietzt wieder Größe,
aber man verwechselt Größe mit Brutalität", kom-
mentierte er die Ereignisse von 1938, ein Jahr vor
seinem Tode. Dabei war er persönlich scheu, ver-
mied iede Zurschaustellung seiner Person. Er lebte
in seinen vier Wänden wie ein Pedant und vertei-
digte diese lnsel mit einer oft in Grobheit um-
schlagenden Entschiedenheit. Niemals war er bereit,
sein Werk zu kommentieren oder zu erklären.
Andererseits hob er Naturstudien, ldeenskizzen und
Aktzeichnungen in solch mustergültiger Ordnung
auf, daß sich der Entwicklungsgang fast eines ieden
Werks dokumentieren lößt. Dabei ist ein Zunehmen
des Selbstgesprächs zu beobachten. Die letzten
Arbeiten sind geradezu darauf angelegt, nicht dem
Zeitgesehmack entgegenzukommen. Wenn es Partner
gibt, dann sind es die Meister der Vergangenheit.
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