Elisabeth Rücken
DÜRER-RENAI SSANCE 1971
Zur Ausstellung Mqlbrccl)! Diirrr zu
Ehren" drr All:vcdaz-Diiver-Gesrllsclzaft
e, V. Nürnberg im Germunixcben Natio-
nalmuscum, 23. Mai bis 29. August 19711.
Das Jubiläum des 300. Todestages von Albrednt
Dürer im Jahre 1828 fiel in die Zeit einer fast
populären Dürer-Verehrung hinein. Sie war aus-
gegangen von der Rückbesinnung der Roman-
tiker auf das deutsche Mittelalter und die
Renaissance. Diese Erinnerung führte zu einer
Glorifizierung dieser von den vorangegangenen
Generationen geschmähten Zeit und ihrer kul-
turellen Schöpfungen. Die gemüthafte Vorstel-
lung des Altdeutschen fand im Nürnberg der
Dürer-Zeit ihre reinste Verkörperung. Veranlaßt
durch das Gedenkjahr 1828 wurde hier die Er-
richtung eines Dürer-Denkmals in die Wege ge-
leitet, und zu den Feiern schufen die damals
lebenden Künstler Gedichte, Kompositionen und
Transparente?
Das literarische Moment auch in den Werken
der bildenden Kunst hatte den Vorrang gegen-
über einer Auseinandersetzung mit den Werken
Dürers selbst, Dürers Leben lieferte den Stoff
zu Historienbildern. Dieser Dürer-Enthusiasmus
des 19. Jahrhunderts blieb jedoch weitgehend
auf Deutschland beschränkt, ganz im Gegensatz
zur Dürer-Renaissance der Zeit um 1600, die ein
übernationales Phänomen wars, das die Ver-
wendung Dürerscher Bildinventionen in Male-
2
rei, Graphik und Kunsthandwerk brachte und
gleichzeitig das Sammeln von Dürers Werken in
einem Maße intensivierte, daß die öffentlichen
Kunstsammlungen von Wien, Prag und Mün-
chen heute noch davon geprägt sind.
Dieser übernationale Charakter der Dürer-
Renaissance um 1600 scheint auch auf die künst-
lerisdne Produktion zuzutreffen, die durch das
Jubiläum von Dürers 500. Geburtstag 1971 ver-
anlaßt wurde und immer noch wird. Mittel-
punkt und Motor dieser Tendenz ist die Nürn-
berger Albrecht-Düreit-Gesellschaft - Deutsch-
lands ältester Kunstverein4 -, die 1968 an
Künstler des In- und Auslandes die Aufforde-
rung richtete, sich 1971 an einer Hommage a
Dürer zu beteiligen. Es war den ausgesuchten
Künstlern freigestellt, ob sie speziell etwas für
diese Ausstellung arbeiten wollten, oder ob sie
unter ihren früheren Werken Geeignetes fänden,
um es Dürer zu widmen. Wie das heute vor-
liegende Ergebnis zeigt, überwiegt die Neu-
schöpfung für das Jubiläum gegenüber der Ver-
wendung älterer Werke. Die Gesellschaft wurde
damit zu einem geistigen Anreger für viele
Künstler, die um den halben Erdball verstreut
leben. Sie übernahm die Rolle eines Auftrag-
gebers für freiwillige Mitarbeit an eir
rung für Dürer, die inzwischen auch vor
anderen Künstlern aufgegriffen wurde
ähnlichen Veranstaltungen führte wie
Nürnberg, wenn auch bescheideneren .
ßes 5.
Die Ausstellung „Dürer zu Ehren", die
weiträumigen Oberlichtsälen des neu err
Ostbaues des Germanischen Nationalrr
ihr Domizil fand", zeigt 154 Arbein
59 Künstlcrni. Sie vertreten folgende l
Belgien, Bundesrepublik Deutschland -
ist mit 19 Künstlern am stärksten vertre
England, Frankreich - inklusive seiner
matisierten Ausländer mit zehn Namen
send -, Israel, Italien, Mexiko, N0:
Österreich, Schweiz, Spanien, Tschechosl
und die USA. Fünf der ausstellenden F
hatten sich bereits vor 1968 mit Dürer-'
auseinandergesetzt. Herbert Bayer ließ s
Dürers theoretischen Schriften inspiriei
er 1963 seine Collage „Albrecht Dürr
Visieren des Fluchtpunktes der zukünftig
schichte" schuf. Von Jiri Anderle gibt
Kaltnadelradierung „Variation zu Düre
ßem Glück" aus dem Jahre 1966. Unter