MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 118)

druckgrafisatier Blätter von Jürgen 
Messensee in der immer stärker als 
Regulator im österreichischen Kunst- 
handel tungierenden Wiener Galerie 
Ariadne. 
In der von George McGuire mit 
Geschick geleiteten Galerie zeigte 
der 1936 in Wien geborene Künstler 
eine qualitativ durchwegs erstrangige 
Auswahl seiner neuesten Ulbilder, 
Zeichnungen, Pastelle und Druck- 
gratiken. Sie alle kreisen um das von 
Messensee seit langem bevorzugte 
Thema der menschlichen Figur,die von 
ihm in überaus eigenständiger, frei- 
zügiger und auch tatsächlich zeit- 
gemäßer Form als bildnerischer Anlaß 
einer stark grafisch betonten Um- 
setzung genommen wird. Messensees 
expressive Malerei verfügt über eine 
sehr breite Farbskala mit vielen 
Zwischentönen und feinen Valeurs, die 
zusammen mit den oft balkenähnlichen 
dunklen Strichgefügen und Konturen 
ein spannungsreiches Miteinander 
ergeben. Jürgen Messensee, der 
neuerdings als Zeichner besonders 
aufgeholt hat und hier mit einigen 
seiner stärksten Arbeiten aufwartet, 
zählt auf Grund dieses neuerlichen 
Leistungsbeweises absolut zur ersten 
Garnitur figurativer Maler in Öster- 
reich. Neben der unbestreitbaren 
künstlerischen Qualität und selbst- 
kritischen Haltung muß für diesen 
erfreulichen Beweis einer konsequen- 
ten Weiterentwicklung auch eine von 
Selbstüberschätzung freie Preisbildung 
angeführt werden, die nicht zuletzt 
glänzende Verkaufsergebnisse für den 
iungen Künstler zur Folge hatte 
(Abb. 12). 
Galerie im Griachenbeisl - 
Josef Bauer 
Die Galerie im Griechenbeisl kann - 
ähnlich wie in anderen Fällen - das 
Verdienst für sich in Anspruch nehmen, 
Josef Bauer entdeckt und bereits 
wiederholt dem österreichischen 
Publikum vorgestellt zu haben. Bauer, 
der eine begrifflich nur schwer zu 
fixierende Position innerhalb der 
österreichischen Kunstszene einnimmt 
und sich seit Jahren mit einer 
erstaunlichen Anzahl bildnerisch- 
ästhetischer Prableme herumschlägt, 
zeigte dort bis 12. Juni Beispiele 
„Taktiler Poesie". 
Einiges davon war freilich schon bei 
Bauers letzter Ausstellung in Linz zu 
sehen, wurde allerdings ergänzt durch 
Neues zu einem spannungsreichen 
ldeenensemble vereint, das in der 
intimen räumlichen Atmosphäre des 
Griechenbeisls bestens zur Geltung 
kam. Auffallend an dem in seiner 
Konsequenz und Ökonomie beacht- 
lichen Werk des 1934 in Wels gebo- 
renen Künstlers ist die oftmalige 
Verbindung rein bildnerischer Elemente 
mit inhaltlichen Bezugnahmen, welche 
insgesamt auf ein intellektuelles Über- 
prüfen bestimmter Materialien, ihrer 
Verwendungszwecke und begrifflichen 
Fixierungen hinausläuft. Dabei 
begegnet man dem Moment der 
Irritation ebenso wie dem der 
Verfremdung, für welches Beispiele 
bei den Dadaisten, im klassischen 
Surrealismus oder bei dem Tschechen 
Jifi Kolaf zu nennen wären. Eine 
„Landschaft" setzt sich bei Bauer aus 
naturbelassenen Steinen, einem 
Baumfragment, einer farbig und mit 
Buchstabenfragmenten verfremdeten 
Mistgabel und einer Wolke in Form 
eines Tafelbildes zusammen. 
48 
Durch diese und ähnliche Verfrem- 
dungseffekte, zu denen auch die über- 
dimensionierte Vergrößerung von 
Buchstaben gehört, verweist Bauer auf 
die Relativit ästhetischer Normen, 
Gräßenverhältnisse und bestimmter 
sachbezagener Inhalte. Zugleich unter- 
streicht er aber auch - unterstützt 
durch die Art der Anordnung und 
Gruppierung - die formalen Qualitä- 
ten und die daraus neu resultierenden 
Kombinationsmöglichkeiten 
bestimmter Materialien und Gegen- 
stände: ein Relief, bestehend aus 
Aluminium, daran anschließend eine 
gelbliche Polyesterfläche, an die sich 
wiederum eine in reinem Schwarz 
gehaltene Verflechtung ausgeschnit- 
tener Buchstaben reiht. 
Besonders gelungen sind Josef Bauer 
die als Multiples hergestellten „Litera- 
turbeutel": in mit Wasser gefüllten 
transparenten Plastikkuverts schwim- 
men schwarze Kunststofflettern, die 
bei iedem Anfassen und Schwenken 
neue optische Konstellationen ergeben. 
Auf Grund des Bewegungselementes 
Iäßt sich das ästhetisch ansprechende 
Obiekt der Kinetik zurechnen, die 
Verwendung der Buchstaben provo- 
ziert den Vergleich mit konkreter 
Poesie und Letterismus oder - wie 
Bauer selbst formuliert - „taktiler 
berührbarer Poesie". (Auf die gleich- 
zeitig stattgefundene Ausstellung des 
in Wien lebenden tschechischen 
Plastikers Zbynek Sekal sowie die 
Schau ungarischer Konstruktivisten 
kommen wir in unserer nächsten 
Ausgabe zurück.) (Abb. 13.) 
 
Fotogalerie "Die Brücke" - 
Herbert Bayer 
Als Organisator, Gestalter und künst- 
lerisch Beteiligter der bedeutenden 
Ausstellung „50 Jahre Bauhaus", die 
seit 1967 als historische Wander- und 
Lehrausstellung um die Welt geht, hat 
er zuletzt das Interesse der inter- 
nationalen Kunstwelt auf sich gelenkt: 
Herbert Bayer, 1900 in Haag in Ober- 
Österreich geborener Entwerfer, Maler 
und Architekt mit dem heutigen 
Wohnsitz in Aspen, Colarada, USA. 
Der Fotogalerie „Die Brücke", Wien I, 
Bäckerstraße 5, war es zu danken, 
daß dieser (sieht man von einer 
größeren Ausstellung der Linzer 
Neuen Galerie ab) hierzulande nur 
wenigen bekannte Künstler öster- 
reichischer Herkunft mit einer hoch- 
interessanten Folge seiner 1936 
entstandenen Fotomontaen der 
Vergessenheit entrissen und einer 
breiteren Öffentlichkeit vorgestellt 
wurde. 
Die in Wien gezeigten zwanzig Foto- 
mantagen erschienen als Mappe in 
einer Gesomtauflage von 40 nurnerier- 
ten und signierten Exemplaren. Sie 
vereinen Elemente und Verfremdungs- 
effekte des klassischen Surrealismus 
mit stärker konstruktivistisch bestimm- 
ten Bildteilen. Bayers ldeen- und 
Assoziationsreichtum ist dabei ebenso 
bewundernswert wie die handwerk- 
liche Umsetzung, die nahtlose Ver- 
schmelzung einander ursprünglich 
widersprechender Fragmente, und die 
Poesie dieser kleinformatigen Bild- 
werke. Sie zeichnet fast alle der zu- 
meist stillebenartigen Arrangements 
aus. Zur historischen Mappe, die eine 
echte Rarität am Kunstmarkt ist und 
mit 40.000 Schilling selbst für eine 
schlecht dotierte österreichische 
Sammlung tragbar scheint, wird er- 
gänzend eine knappe Dokumentation 
über Herbert Bayer, der von 1912 bis 
1919 in Linz lebte, gezeigt. Eine 
sehenswerte Ausstellung in einer be- 
reits erfreulich profilierten Galerie. 
Als einzige Institution dieser Art in 
Österreich präsentiert die „Brücke" 
Spitzenleistungen internationaler 
Fotografie, die ähnlich wie Bilder 
oder Druckgrafiken, versehen mit den 
Signaturen der Autoren, gesammelt 
und gehandelt werden. 
Galerie Stubenbastei - 
Johannes Wanke 
Siebenundzwanzig zwischen 1968 und 
1971 entstandene Holzschnitte stellte 
Johannes Wanke in der Galerie auf 
der Stubenbastei vor. Wanke, der in 
der heute immer seltener werdenden 
Technik des Holzschnitts nicht nur in 
Österreich einsame Klasse darstellt, 
zeigt sich in seinen zumeist zyklisch 
entstandenen Blättern um entschiedene 
formale Reduktion, um gestalterische 
Verdichtung im Sinne einer Hervor- 
kehrung des Wesentlichen bemüht. 
Seine Landschaften und Bauernhäuser 
aus dem Burgenland, wo sich Wanke 
zuletzt wiederholt aufhielt, tragen alle 
Spuren einer unverkennbaren Hand- 
schrift, die in beinahe abstrakten 
Balken und Strukturen das Motiv 
stilisierend festhält. Dabei entwickelt 
der Künstler viel Sinn für formale 
Spannungswerte und die reizvollen 
Kontrastwirkungen flächig-stroktureller 
zu tlächig-kampakten, satt und dunkel 
gedruckten Bildpartien. Eine sehens- 
werte, ausgewogene, unproblema- 
tische Ausstellung - ein weiterer 
beachtlicher Schritt in einem bereits 
sehr beachtlichen, mehr als 500Werks- 
nummern verzeichnenden Guvre 
(Abb. 14). 
Peter Baum 
Berichte 
In KLAGENFURT war in der GALERIE 
MAKON internationale Graphik aus 
Italien unter dem Titel ILLUMINATION 
vom 19. bis 31. Mai zu sehen. Die 
Aussteller (allerdings nicht allzu 
international) waren NOBUYA ABE, 
Japan, RODOLFO ARICO, Italien, 
PETER CHINNI, USA, MARCIA 
HAFIF, USA, ALDO SCHMID, PAOLO 
PATELLI und ANTONIO 
D'AGOSTINO, Italien. Die Ausstellung 
zeigte saubere Arbeiten, war aber 
eher gleichmäßig steril. Einzig Alda 
Schmids Siebdrucke brachten eine 
temperamentvollere Note in die sonst 
durchwegs blassen Gestaltungen. 
Ebenfalls bei MAKON war vom 
16. Juni bis 9. Juli eine Präsentation 
von Werken der LUCIA KELLNER und 
des Ehepaares GERDA und KURT 
SPUREY. Lucia Kellner zeigte farbig 
frische Aquarelle, leicht und gekonnt 
hingesetzte phantastische 
Figurationen, die sich manchmal zu 
Chagallschen Traumfigurationen ver- 
dichten. Die mit Tusche und Feder oft 
wie eine Schrift eingeritzten 
graphischen Elemente verschmelzen 
auf diesen Blättern zu einem 
harmonischen Ganzen. Gerda und 
Kurt Spurey hatten ihre exquisiten 
Porzellanarbeiten gebracht. Vasen 
und andere Gefäße in eleganten 
Formen sowie skulpturale Gebilde, die 
ihre eigene Formenaussage haben, 
fanden begeisterte Aufnahme 
(Abb. 15). 
VILLACH sah in der GALERIE AN DER 
STADTMAUER vom 19. Mai bis 4. Juni 
Autoblechplastiken von HARRY 
JESCHOFNIG. Der Bildhauer, der 
früher in herkömmlichem Sinne 
arbeitete, verwendet seit einem 
Aufenthalt in der Schweiz, wo auch 
der bekannte Schrottplastiker Robert 
Müller zu Hause ist, hauptsächlich al 
Autobestandteile. Einige der in 
Villach gezeigten Arbeiten wiesen 
iene dekorativen Merkmale auf, die 
wir schon anläßlich der Ausstellung 
im IKC und im Künstlerhaus, Wien, 
nur als hübsch empfunden haben. 
Bei einigen anderen Gestaltungen, 
asymmetrischen, zornigen Gebärden, 
ist eine zupackende Kraft zu spüren 
(Abb. 1a). 
In der GALERIE AN DER STADT- 
MAUER waren auch vom 16. Juni b 
2. Juli Aquarelle von HANS HIES- 
BERGER zu sehen. Die großen Blätter 
zeigten einen kühnen, mächtigen 
Pinselschwung. Mit wenigen Farb- 
strichen wird das Wellige, Brennende 
einer südlichen Landschaft gebannt. 
Aus dem Flimmern des Lichtes wird 
ein venezianisches Motiv und aus 
großen, ruhigen Farbelementen 
Londons Stadtbild gebaut. Besonders 
scheinen uns iene dynamisch angeleg 
ten Blätter gelungen, bei denen Hies- 
berger mit außerordentlich kräftiger 
Palette korsisches Gebirgsland fest- 
hält (Abb. 17, 1a). 
In LINZ konnte man in der NEUEN 
GALERIE vorn 21. Mai bis 13. Juni 
Scherenschnitte von HANNS 
WALLNER sehen. Der über 80 Jahre 
alte Pädagoge, der sich schon seit 
Jahrzehnten mit diesem Metier befafi 
hat der selten ausgeübten und kaum 
über den volkskundlichen Bereich 
hinausgreifenden Technik eine inter- 
essante Entwicklung gewiesen, die 
freilich, der mühsamen, langwierigen 
Arbeitsweise wegen, kaum Nachfolgt 
finden wird. Das gezeigte CEuvre, es 
waren 63 Exponate, stammte aus derr 
letzten Jahrzehnt und zeigte eine 
Breite vom Gegenständlich-Figuralerr 
über Ornamentalem bis zu Op-art- 
Schnitten, wie „Kreise" (1966) oder 
„Dunkel-Hell-Dunkel" (1969) (Abb. 15 
GRAZ hatte dank der Initiative 
DDr. Wilfried Skreiners in der 
Berichtszeit eine Menge sehr guter 
Ausstellungen, die dem Trigon- 
Gedanken und guter nachbarlicher 
Beziehungen entsprachen. In der 
NEUEN GALERIE am Landesmuseum 
Joanneum waren 107 Siebdrucke, die 
BRANO HORVAT gemacht hatte, in 
der Zeit vom 16. April bis 9. Mai zu 
sehen. Der Zagreber Graphikdesigne 
der schon 1958 ein eigenes Siebdruck- 
atelier in seiner Heimatstadt ein- 
richtete und ein Jahr darauf im 
Studentenzentrum Zagreb eine eben- 
solche größere Werkstatt anregte, 
arbeitete mit vielen europäischen 
Künstlern von internationalem Rang 
zusammen. ALVIANI, BILL, FONTANI 
POMODORO bis VASERELY und 
VECENAY, um nur einige Namen zu 
nennen, waren vertreten. Die 
Ausstellung zeigte in konzentrierter 
Weise, was in dieser Technik alles 
gemacht werden kann. Die Spanne 
reicht von starken Kontrasten bis zu 
feinsten Nuancen beim Auftrag von 
sieben und mehr Farben (Abb. 20). 
Ebenfalls vom 16. April bis 9. Mai 
stellte der Zagreber ZVONCO 
LONCARIC in der NEUEN GALERIE 
Plastiken und Graphiken aus. Diese 
puppenhaften, gefaßten Figuren habe 
mit ihren humorvollen Titeln und auct
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.