den entsprechenden Haltungen einen
Zug ins Tragisch-Betroffene. Radovan
Ivancevic schrieb darüber in dem
schönen Katalog, der anläßlich der
Ausstellung erschien: „die simplifika-
tion ist immer formal-bildhauerisch
(das zusammenfassen), nie darstellend-
Iiterarisch (das karikieren). mit der
ironischen verdrehung möchte uns der
künstler täuschen und seine plastische
gestaltung ,verschleiern' . . ."
Loncarics Polyesterfiguren sind
doppelscltichtige Wesen: reine Plastik,
Formverwirklichungen und Aussage.
Ivancevic sagt dazu: „die puppe ist
ein medium, sie weist uns auf das
theater, auf den maskierten menschen
überhaupt, hin. der traverstierte
mensch stellt iemanden und etwas dar:
gleichzeitig ist er er selbst und - zum
teil - ist er das, was er aussagt"
(Abb. 21).
Vorn 11. bis 31. Mai waren in der
NEUEN GALERIE Gemälde und
Gouachen der iungen NADEZDA
PRVULOVIC, die in Dubrovnik
geboren ist und in Belgrad studiert
hat, zu sehen. Die neun großformatigen
Gemälde (270 x 190, 200 x 200,
250 x 200 cm) gehörten zu einem
Madonnenzyklus, die Gauachen
zeigten meist ausschnitthaft einzelne
Organe, wie ein Ohr, ein Gebiß, eine
Nase und den Mund. Diese erhalten
durch ihre Dimensionen eine neue
Wertordnung. Die großen Bilder
haben manche kubistische und
futuristische Wurzel. Auch Pop-art ist
eingeflossen. Klischeehafte Massen-
Vorstellungen kommen in diesen
Bildern zum Tragen. Die kühle
Montagetechnik, in Ölmalerei über-
setzt, distanziert (Abb. 22, 23).
Vom 7. bis 31. Mai lief daneben eine
Schau von Graphiken, Bildgeschichten
oder, wie der Autor PHILIPP FEHL es
nennt, Capriccis. 104 Tuschezeichnun-
gen, die zum Teil Iaviert sind,
erzählen mit wenigen Strichen meist
heitere Begebenheiten. Lebenssituatio-
nen werden glossiert und verfremdet
wiedergegeben. Fehl, ein gebürtiger
Wiener, der seit 1940 in den USA
lebt und dort eine Hochschul-
professur hat, fühlt sich G. D. Tiepolo
und Rudolphe Toepffer, dem Schöpfer
der Bildergeschichten, verpflichtet. Ein
Bildband im Großformat DIN A 4 mit
einem Begleittext von Wilfried
Skreiner und 24 Abbildungen aus-
gestellter Arbeiten dokumentieren das
Werk und die Exposition (Abb. 24).
In BAD TATZMANNSDORF in Burgen-
land stellte in der GALERIE QUELLEN-
HOF die niederösterreichische
Grafikerin und Malerin Annelise
KARGER vom 30. Mai bis 24. Juni aus.
Gerade Zeichnungen, mit denen sie in
Tatzmannsdarf vertreten war, sind
ihre besondere Stärke. Menschen,
meist in Gruppen, bauen sich um die
ihnen inneseienden Konstruktionslinien
zu einem Zueinander und Miteinander
auf. Das zutiefst Humane dieser
Blätter geht aus der Themenwahl der
Künstlerin eindeutig hervor. Sie hat
die Augen, hinter den Dingen zu
schauen. Ohne iede süßliche
Sentimentalität und ohne Pathos
gelingt es ihr, Situationen alltäglicher
Mühseligkeiten festzuhalten (Abb. 25).
Bei KREMS in Niederösterreich wurde
im SCHLOSS GRAFENEGG die
Ausstellung GRAFENEGG UND DER
SCHLOSSBAU DER ROMANTIK am
14. Mai eröffnet. Diese von der
Güterverwaltung und dem Bundes-
50
denkmalamt veranstaltete Exposition
ist fachlich von Dr. Klaus Eggert,
Dr. Elisabeth Springer und cand. phil.
Walter Krause vorbereitet. In der
Schau ist die Geschichte des Sdtlosses
und seine Stellung innerhalb des
europäischen Schloßbaues des
Historismus dokumentiert. Weiters
sind einige eben restaurierte originale
Ausstattungsstücke zu sehen. Daneben
ist die Schloßanlage, die eine Fülle
verschiedenartigster architektonischer
Elemente zeigt und dadurch eine
erstaunlich große Vielfalt spannungs-
reicher Ansichten bietet, zumindest
zum Teil zu sehen. Diese Schau soll
die Uffentlichkeit auf den kultur-
geschichtlich wertvollen Bau aufmerk-
sam machen, und es ist zu hoffen,
daß eine günstige Verwendungs-
möglichkeit für ihn gefunden wird
(Abb. 26).
Im NIEDEROSTERREICHISCHEN
LANDESMUSEUM in WIEN waren
vom 22. Mai bis 20. Juni moderne
Ikonen von ANTON WOLLENEK zu
besichtien. In einigen Vitrinen
konnte man, wohl zum Vergleich zu
den an den Wänden hängenden meist
auch größeren Arbeiten Wolleneks,
einige alte Ikonen bewundern. Welch
Unterschied! Darüber in einem drei-
sprachigen, mit mehrfarbigen Abbil-
dungen ausgestatteten Katalog
hinwegreden zu wollen, ist vergeblich.
Was hier an Modernität geboten wird,
ist indiskutabel. Der Wunsch, daß auf
eine solche Weise allen Völkern der
Erde eine „Ikonenkultur" zugänglich
sei, will uns durchaus nicht glaubhaft
scheinen (Abb. 27).
Das Haus der Steyr-DaimIer-Puch AG
in WIEN beherbergte vom
5. bis 28. Mai eine große Ausstellung
von PLASTIKEN UND GRAPHIKEN
des Bildhauers OSKAR HUFINGER.
Das Gras bildeten Metallkörper in
bewegten Formen. Formen, wie wir
sie schon von früheren Arbeiten
des Künstlers kennen. Die Arbeits-
weise ist für Höfinger allerdings neu,
und schon aus diesem Grund ist das
Gezeigte beachtenswert. Am besten
waren eindeutig die großen voll-
plastischen Gebilde, weniger
ausdrucksstark iene aus Stangen,
gleichsam nur als Skelette
aufgebauten. Mit „Begegnung" und
„Mitte" nähert er sich gefährlich dem
Allzugefälligen. Bei den KaItnadel-
arbeiten waren iene mit den
sparsamen Kalorierungen und iene
mit einfachen Strichführungen am
überzeugendsten (Abb. 2B).
Die DÜSSELDORFER GALERIE
BREBAUM stellte HERWIG ZENS dem
deutschen Publikum vor. Zens zeigte
Federzeichnungen in seiner feinen
Stricheltechnik. Radierungen ver-
schiedener Zyklen und Mappen waren
zu sehen, und besonders die Blätter
mit den Folgen aus einigen Städten
oder Landstrichen bewiesen des
Künstlers Eingehen auf die ver-
schiedenen Gegebenheiten. Der
Mensch wird von ihm meist aus
ungewöhnlichen Perspektiven erfaßt,
man könnte fast sagen überrascht und
in einem schwarz-weißen Verhältnis
festgehalten (Abb. 29).
Alois Vogel
30
Verleihung des Preises der Stadt
Wien für Geisteswissenschaften
1971 an Prof. Dir. Dr.Wilhelm
Mrazek
In Würdigung seiner besonderen
Verdienste um das Kunstleben und
das kulturelle Image der Bundes-
hauptstadt wurde dem Chefredakteur
unserer Zeitschrift, Prof. Dr. Wilhelm
Mrazek, Direktor des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst, der
Preis der Stadt Wien auf dem Gebiet
der Geisteswissenschaften für das
Jahr 1971 verliehen (Abb. 30, l.).
Bundesministerium für
Wissenschaft und Forschung
Ausschreibung
eines Dienstpostens
An der Österreichischen Galerie
gelangt ab 1. Jänner 1972 ein
Dienstpasten für einen Akademiker
zur Besetzung. Anstellungserfordernis
ist das Doktorat der Philosophie
(bevorzugt: Kunstgeschichte im Haupt-
fach, nidtt über 30 Jahre alt).
Bewerbungen wären an die Direktion
der Österreichischen Galerie, Postfach
Nr. 12, 1037 Wien, zu richten.
Heeresgeschichtliches Museum.
Wien
Ausstellung „Fliegen im
ersten Weltkrieg"
Eine weitere Gruppe seiner
sonst nicht zugänglichen
Bestände an Malerei und
Graphik macht das Heeres-
geschichtlidie Museum mit
dieser Ausstellung bekannt. Die
künstlerische Spiegelung des
Flugerlebens reicht von der
Freude am sportlichen Aben-
teuer, das Maler wie Piloten
faszinierte, bis zur Einsicht in die
tragische Ausgesetztheit des
Fliegers.
Neben Künstlern wie Karl
Sterrer, Felix A. Harta und Max
v. Poosdi, die mit Porträts und
Landschaften vertreten sind,
begegnet man auch wenig oder
nicht bekannten Malern von
erstaunlicher Ausdruckskraft
(August Haiduk, Paul Lindner,
Heinrich Moor) (Abb. 31).
31
Heinrich Kulka 1'
Der iahrelange Mitarbeiter um
Schüler Adolf Loos' ist am 7. l
in Auckland, Neuseeland, eine
schlag erlegen.
Kulka war 1900 in Litovel, Mäl
geboren und hatte ab 1919 wä
seiner Studien an der Wiener
Technischen Hochschule die Ac
Loas-Bauschule besucht. Bei ei
Loos ausgeschriebenen Schüler
konkurrenz für ein Siedlungshr
vorgeschriebener Kubatur erla
für einen vollendet raumökonc
Entwurf den ersten Preis und v
von Loos als Mitarbeiter ins Bt
aufgenommen. Nachdem Loos
Paris gegangen war, arbeitete
zunächst in Stuttgart, ehe er A
1927 Loos nachfolgte.
Nach ihrer Rückkehr hatten sie
gemeinsames Büro in Wien (Kt
straße 33, später Seidengasse '
Die wichtigsten gemeinsamen I
von Loos und Kulka sind das f
Khuner in Payerbach, die Höus
Werkbundsiedlung und die
Geschäfte der Firma Matzner i
Kulka hatte die verstreuten Au
Loas' gesammelt und damit eir
wesentliche Voraussetzung für
Veröffentlichung der Schritten t
schaffen. 1931 gab er die erste
heute grundlegende Loas-Monc
heraus und empfing später der
Nachlaß zu treuen Händen.
Kulka definierte den Loosschen
„RaumpIan"-Gedanken und fü
als einziger selbständig weiter.
verstand es solcherart „Bauten
schaffen, die, fern von den Kin
krankheiten madernistischer Ar
turromantik an die wahre Trad
anknüpfend, wirkliche Heimstü
Menschen sind. Seine Kleinhau:
gen in Wien und Böhmen sind
beispielgebende Arbeiten, die
ganzen zukunftsträchtigen Bedi
heute noch gar nicht richtig ges
werden. Auch seine größeren E
und Innenarchitekturen erscheir
in ihrer vornehmen, echt architi
schen Lösung zu den besten Lei
stungen moderner europäische:
Architektur zu gehören" (Ludwi
London, 10. B. 1940).
1938 wanderte Kulka über die
Tschechoslowakei und England
Neuseeland aus. Nach harten J
als Zeichner wurde er Chefarch
der größten Baufirma des Lant
schuf für diese zahlreiche Indus
anlagen, Büro-, Miet- und Priva
häuser. Seit 1960 widmete er sii
noch neben selbständiger Archi
tätigkeit der Überlieferung des
Gedankens. Die wahre Wirkung
Beispieles Loos' wird nicht fest
sein, ohne die Nachfolgeschaft
Loos-Schüler zu untersuchen. Es
bleibt zu hoffen, daß der Nach
Heinrich Kulkas wissenschaftlicl
bearbeitet und für das Loos-Art
Albertina gesichert werden wir:
Roland L. S
BILDTEXTE 30, 31
30 Professor Dr. Wilhelm Mrazel
träger der Stadt Wien für
Wissenschaften, mit Sektionsrat
Blaha vom Bundesministerium '
senschaft und Forschung bei det
der Preisträger. Rechts im Bili
ard Mrazek, die Frau des (
31 ugust Haiduk, 36. Fliegerkc
1917