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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 118)

Buchbesprechungen 
 
Wiener Jahrhudn fllr Ktrnstgeschidlle XXI 
und XXII, Hermann Iählatdx Nadlf" 
Wien 1161169 
Die beiden Bände des Wiener Jahrbuchs 
weisen in ihrem Charakter deutliche Un- 
terschiede auf, ein Ergebnis der Erweite- 
rung des Editianskorttitees, das seit 196V 
nidtt mehr allein vom Bundesdenkmalamt 
- wie bisher -, sondern ouctt vom Kunst- 
historischen Institut der Universität gebil- 
det wird. 
Der vom Kunsthistorischen Institut des Bun- 
desdenkmalamtes herausgegebene Band XXI 
(1968) ist Forschungen zur Barockkunst in 
Usterreidt und Böhmen gewidmet: Die 
Baukunst dieser Epoche ist Gegenstand 
von zwei Aufsätzen, einem von breiter 
Problemstellung - Studien über das Ver- 
hältnis von Architektur und Plastik von 
E. Weber-Zeithammer -, worin an Hand 
von eingehenden und subtilen Untersu- 
chungen an Fassadengestaltungen von Wie- 
ner Palais zu grundsätzlichen kunsthislori- 
schert Fragen vorgedrungen wird. Der 
zweite - Beiträge zur Baugeschidtte des 
Salesianerinnenklasters von Gäza Haios - 
behandelt ein spezielles Faktum in aller 
Genauigkeit, mit erschöpfender Betrach- 
tung aller erreichbaren Quellen. Ein be- 
deutendes Werk der Skulptur, der Altar 
der Kapuzinergruft, ist Gegenstand der 
umfassenden Darstellung von L. Pühringer- 
Zwanowetz, die sowohl eine genaue Inter- 
pretation der schriftlichen Quellen bietet 
sowie die Kriterien, die sich aus der Stil- 
analyse für die Zuschreibung gewinnen 
lassen, erarbeitet. Der Kleinplastik sind 
zwei Aufsätze gewidmet: E. Bachrnann 
behandelt die spezielle Frage der Zu- 
schreibung des Schildpatl-Kruzifixes der 
Münchener Schatzkammer an Georg Petel, 
WObBi, über die reine Attributionsfrage 
hinausgehend, im besonderen der eigen- 
artige, durch die Wahl des Materials be- 
dingte Charakter des Werkes als Beispiel 
für gegenreformatorische Andachlskunst Ge- 
genstand der Betrachtung ist. Ch. Theuer- 
kauff hat in seinem Aufsatz über den 
Elfanbeinsdtnitzer Elhafen, der einer voll- 
ständigen Monographie dieses Künstlers 
gleichkommt, dessen Persönlichkeit und 
Werk erschöpfend behandelt, ein in Ge- 
nauigkeit der Erfassung des Materials und 
wissensdtaftlicher Klarheit der Darstellung 
vorbildlicher Beitrag zur Kunstgeschichte 
dieses Zeitraumes. Die böhmische Spät- 
barockmalerei ist in der Arbeit von F. 
PreiB über Wenzel Lorenz Reiner Thema 
der Untersudtung. Der Autor gibt hier eine 
neu bearbeitete, knapper vorgetragene 
Fassung seiner in tschechischer Sprache 
verfaßten Monographie über Reiner, in der 
auf die Präzision der in den Werken des 
Künstlers enthaltene entwicklungsgesctticht- 
lichen Probleme besonderer wert gelegt ist. 
Der XXll. Band (1969) ist in zwei Abteilun- 
gen gegliedert, deren erste fünf umfang- 
reichere Aufsätze, deren zweite zehn 
Miszellen enthält. Die Themenstellung die- 
ses Bandes ist durchaus umfassend ange- 
legt. Grundsätzlidte Fragen zum Metho- 
dischen der Kunstwissenschaft werden in 
dem Autsdtz vdn o. Pächt „Typenwandel 
im Werk des Hugo van der Gaes" er- 
örtert, abgesehen davon, daß hier die bis 
jetzt in der Literatur vorgetragene Chrono- 
logie dieses niederländischen Hauptmei- 
sters einer genauen Kritik unterzogen 
wird. Die übrigen Aufsätze sind aus 
Dissertationen hervorgegangen und be- 
handeln ieweils ein Detailproblem der 
Kunstgeschichte mit Ausführlichkeit und 
wissenschaftlicher Genauigkeit (E. Weiß, 
Der Freskenzyklus der Johanneskapelle in 
Pures; A. Rosenauer, Zum Stil der frühen 
Werke Domenico Ghirlandaios; R. Prei- 
mesberger, Zu einigen Werken und der 
künstlerischen Farm Pierre Pugets; G. We- 
ber, Der Statuenzyklus von Edma Bouchar- 
don in Saint-Sulpice). Es war den Autoren 
sowohl um die genaue Stilanalyse der 
behandelten Werke - so z. B. in der auch 
sehr sorgfältig formulierten Darstellung der 
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Bildwerke Pugets (Preimesberger) - als auch 
um eine auf der Basis einer tieferdringen- 
den Untersuchung der persänlidten Stil- 
eigentümlidtkeiten vorgenommenen neuen 
Wertung einer Künstlerindividualitüt zu tun 
- so z. B. in der Arbeit über Ghirlandaio 
(Rosenauer). 
Die Miszellen dienen sowohl der Erwei- 
terung der kunsthistarisctten Materialkennt- 
nis als auch der Erhellung ikonographisdter 
Einzelprobleme. 
In beiden Banden sind die wissenschaft- 
Iidten Untersuchungen mit einer ausreichen- 
den Zahl von Abbildungen illustriert (220 
Abbildungen im XXI. und 275 im XXll. 
Band), die sorgfältig gedruckt sind und so- 
mit dar Anschaulichkeit der vorgetragenen 
Ergebnisse einen guten Dienst erweisen. 
Günther Heinz 
Walter Reiner, Begegnungen - Maler und 
Bildhauer der Gegenwart. 
leiser-Verlag. 
Die „Begegnung von Walter Reiser" mit 
Malern und Bildhauern der Gegenwart ist 
sicherlich nicht auf erste Kontakte mit der 
modernen Kunst ausgerichtet. Jene, die die- 
ses Buch mit Genuß und Gewinn durch- 
blättern werden - denn zu lesen gibt es 
nichts -, müssen ihre ersten „Begegnungen" 
schon hinter sich haben. Dach wozu sollte 
es gut sein, nur Einführungen in die Ent- 
wicklung und Problematik der zeitgenössi- 
schen Kunstrichtungen zu schreiben? Vielen 
interessierten ist seit Jahrzehnten ihr Bild 
vertraut geworden, und sie können mit 
Recht für sich beanspruchen, sie frei von 
allem Kommentar betrachten zu dürfen. 
Reiser stellt in seinem Buch 135 Künstler var. 
Geburtstag, Geburtsort und Wirkungsstätte, 
im Anhang dazu eine sorgfältig zusam- 
mengestellte Chronik der wesentlichen Er- 
eignisse im Schaffensprozeß, müssen als 
Biographie genügen. ngtiir zeigt uns das 
Buch ieden Künstler von Angesicht. Nichts 
ist faszinierender für den Kunstliebhaber, 
als den Meister persönlich kennenzulernen, 
denn Kunst wird nach immer vorn Menschen 
gemacht. Die ausgezeichneten Fotos er- 
schließen uns mehr von seiner Persönlichkeit, 
als es Warte zu sagen vermächten. Der 
Autar ist nidit nur Fotograf, als guter 
Porträtist wühlt er Positionen, Gesten und 
Umgebungen, die von der oberflachigen 
Ausprägung des Individuums deutlich nach 
„innen" verweisen. 
ln sehr vielen Füllen wurde neben die 
Künstlerfotagrafien auch ein charakteristi- 
sches Werkbeispiel gesetzt. Wo dies nicht 
der Fall ist - und wir können uns wohl 
vorstellen, claß hier verlagsrechtliclte 
Gründe hindernd ini Wege stdnden -, 
tritt gewissermaßen ein „Autogramm" des 
Künstlers nicht weniger beziehungsvall an 
dessen Stelle. Aber selbst wenn darauf 
verzichtet wurde oder verzichtet werden 
mußte, ist dies kein sdtwerwiegender Man- 
gel. Es darf durchaus angenommen wer- 
den, daß dem Personenkreis, an den das 
Werk gerichtet ist, ienes Fehlende geistig 
präsent ist. 
Das gute Papier, die hervorragende druck- 
technische Ausstattung sind zwar für das 
Kunstbudi heute nahezu sdtan selbstver- 
ständlich geworden, müssen aber dennoch 
lobend erwähnt werden. 
Friedrich Rambousek 
Otto Breidta, Andreas Urteil, Monographie 
mit Werkverzeiclt , Verlag Jugend l Volk, 
Wten-Miindten, 1770, 228 Seiten. 
Nach dem außerordentlich knappen, sdton 
oft veröffentlichten, sehr persönlich gehal- 
tenen Vorwort von Fritz Watruba, schreibt 
Otto Breicha eine ausführliche Abhandlung 
zu Urteils Plastiken und Zeichnungen. Sehr 
geschickt rollt der bekannte Kunstkritiker, 
der mit Urteil gut befreundet war, die 
künstlerische Entwidxlung des leider so früh 
verstorbenen Bildhauers auf und bemüht 
sich an Hand von vielen Beispielen, die 
auf den reichen Bildteil verweisen, Urteils 
 
raschen Reifungsprozeß verständlich dor- 
zulegen. Gleichsam als Untermauerurtg und 
Bestätigung werden hier immer wieder Zi- 
tate über den Künstler und sein Werk, 
etwa van W. Hofmann und O. Mauer, ver- 
wendet. lm letzten Kapitel, das die Über- 
schrift „Die Perspektiven" tr'o'gt, versucht 
Breicha Urteils Schaffen in die Zeit und 
ihre geistige Haltung einzuordnen und dar- 
über hinaus die für immer geltenden Ele- 
mente in ihm aufzuzeigen. Er erinnert, in 
wie wenigen Jahren es dem Bildhauer 
vergönnt und doch möglich war, ein solch 
sponnungsreiches, reifes Werk zu schaffen, 
wie sehr es an ianes seines Lehrers 
Wotruba gebunden und wie sehr es van 
diesem verschieden ist. Er umreißt sehr ein- 
deutig Urteils „leidenschaftliche Ausein- 
andersetzung mit der Form", gibt aber 
auch dem geistigen Standort der Werke 
sein Redtt und schließt damit die außer- 
formalen Bezüge ein. 
85 große Wiedergaben wichtiger Werke 
folgen. Manche Detailaufnahme hätte man 
sich noch etwas schärfer gewünsdtt, man- 
dte Tiefen und manche dtarakaleristischen 
Bewegtheiten werden vom Druck leider 
nicht befriedigend wiedergegeben. Das 
Werkverzeichnis bringt alle erfaßbaren Ar- 
beiten, sowohl plastisdie als auch grafische, 
ab 1946 bis zum Tod das Künstlers 1963 
in kleinformatigen Abbildungen. Einige sehr 
bezeichnende Fotos von Urteil bei der Ar- 
beit und in verschiedenen Lebensstuten er- 
gänzen das Bildmaterial recht glüdrlich. 
Biographische Angaben, eine Übersicht der 
Ausstellungen und eine sorgfältig redi- 
gierte Bibliographie, all das läBt diesen 
Band zu einem wertvollen Baustein in der 
Dokumentation der österreichischen Kunst 
nadt 1945 werden. Wer sich über öster- 
reidtische Plastik und Skulptur orientieren 
will, wird in diesem Werk einen wichtigen 
Behelf finden. 
Alais Vogel 
Eingelangte Bücher 
Prestel-Verlag, München. 
Ulrike von Hase, Joseph Stieler 1781-1858. 
Forschungsunternehmen der Fritz-Thyssen- 
Sliftung „Neunzehntes Jahrhundert". 244 
Seilen Text mit J Farbtafeln und 359 Abbil- 
dungen auf 68 Tafeln. 1971. DM 120.7. 
Renate Wagner-Brigitte vOdlG, Wiener 
Schnitzler-Aufführungen 1891-1970. Far- 
schungsunternehmen der Fritz-Thyssen-Stif- 
turtg "Neunzehntes Jahrhundert", 184 Sei- 
ten Text und 113 Abbildungen auf 40 Tafeln. 
1971. DM 65.-.
	        
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