LUDWIG LOBMEYR UND DAS ÖSTERREICHISCHE MUSEUM FÜR
KUNST UND INDUSTRIE
Ludwig Lobmeyr (geb. 2.8.1829, gest. 25.3.1917) stand seit Gründung des Österrei
chischen Museums für Kunst und Industrie - später auch als dessen Kurator - mit
diesem Institut und seinen Mitarbeitern in Verbindung. Ähnlich eng warauch Lobmeyrs
Beziehung zum sogenannten „Orientalischen Museum“ (dem späteren „Handels
museum“, Abb. 34, S. 83).
In seiner Autobiographie berichtet Ludwig Lobmeyr (Abb. 33, S. 82) kurz von der Ent
stehungsgeschichte des Museums für Kunst und Industrie und den von ihm seit 1870
veranstalteten „Musealabenden“, an denen „Kunstgericht“ über die neuesten Lob-
meyr-Schöpfungen gehalten wurde:
Rudolf von Eitelberger, Professor der Kunstgeschichte an der Wiener Universität,
von dem damals freilich außerhalb den Räumen der Alma Mater nur Wenige den Namen
kannten, war 1862 auch nach London gereist oder dahingesendet worden, traf dort
den damaligen Minister-Präsidenten Erzherzog Rainer, und - wer den Anstoß dazu gab
ist wohl Nebensache - erhielt von der Kaiserl. Hoheit den Auftrag, ein Programm für die
Errichtung eines Kunstgewerbemuseums vorzulegen. Sr. Majestät der Kaiser geneh
migte es und am 12. Mai 1864 wurde das Museum im sogenannten Balihause eröffnet.
Daß der Anfang äußerst bescheiden war, will nichts besagen, es war das erste derlei auf
dem Festlande und darin waltete der Geist Eitelberger’s; es stand ihm als Custos Jac. v.
Falke, als Sekretär Dr. Georg v. Thaa und bald als zweiter Custos Franz Schestag,
begeistert von der neuen Aufgabe, zur Seite. - Man suchte die Kunstgewerbetreiben
den heranzuziehen, ich fand von selber hin, während manche, die damals mit ihren
diesbezüglichen Erzeugnissen auf unserem Platze eine hervorragende Rolle spielten,
zu viel Selbstbewußtsein zeigten, um sich einer Leitung von Theoretikern irgendwie
unterzuordnen. - Ich ward von Eitelberger und Falke freundlich aufgenommen: Es han
delte sich zunächst darum, in der großen Menge das Verständnis für wirklich Gutes und
Schönes anzuregen; ich stellte einige meiner besten Erzeugnisse aus; man wünschte
einfachste, aber in besseren als den marktgängigen Formen - ich ließ solche eigens
anfertigen, man machte in Berichten auch darauf aufmerksam und zwar nur, um den
Sinn dafür zu wecken. Ich wurde so vom Anfänge an, wenn auch freilich nur in beschei
denstem Maße, ein freudiger Mitarbeiter; das führte auch zu wahrer Freundschaft mit
den Leitern.
Schon auf meine Pariser Ausstellung 1867 blieb dies nicht ohne günstigen Einfluß,
denn immer konnte ich mich da Raths erholen und dies war mir stets, nicht nur in derlei
Fragen, sondern bei allen und jeden Vorkommnissen geradezu ein Bedürfnis.
Darum schätzte ich den, an welchen ich mich rückhaltlos wenden konnte, darum war
mir ein treuer, umsichtiger Freund stets gar lieb und werth, mit dem ich offen sprechen,
mich berathen konnte, der mich auch ernst tadelte, wenn ich im Unrecht war..(Auto
biographie Lobmeyr, S. 96)
Die Ausstellung konnte nicht lange belassen werden, denn es drängte, die Samm
lungen aus dem Ballhause herüberzuschaffen, sie in den neuen Räumen systema
tischer zu ordnen, als es dort möglich war, auf daß die Besucher und die Industriellen
mehr Uebersicht und Belehrung zu gewinnen vermöchten. Als auch diese Arbeit been
digt war, zeigte sich bald ein lebhaftes Zuströmen, das sich fort und fort mehrte, die
Anstalt wurde bald populärer als irgend ein anderes Institut der Art je war, sie fand so
jene reiche Anerkennung, deren sie auch im vollsten Maße würdig war und blieb...“
(Autobiographie Lobmeyr, S. 135).
„... Ich betrachtete mich nicht nur als Schüler jener Künstler und Kunstgelehrten, mit
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welchen ich in so regem Verkehre stand, sondern ich war es auch thatsächlich... Wie
sehr mir außerdem dabei die Sammlungen des österr. Museums zugute kamen, kann
ich nicht genug betonen. Die vorhandenen Gegenstände selbst boten mir viele Anre
gungen und wenn ich dann zum Direktor, Hofrath Eitelberger kam und ihn bat, mir für
eine Serie von Gefäßen, welche auszuführen ich vorhatte, diese oder jene Vorlagen zu
leihen, sagte er nicht selten: Ei, da haben wir ja viel Geeigneteres! ging gleich selbst mit
in die Bibliothek und ließ mir, was ihm bei seinem geradezu außerordentlichen
Gedächtnisse ein Leichtes war, eine Anzahl Blätter und Werke zeigen, unter denen ich
frei wählen konnte, wobei er mir stets zur Seite blieb. Waren darunter Blätter, welche
nur schwer wieder zu beschaffen gewesen wären oder gar Unika, sogerieth der Biblio
thekar Dr. Schestag wohl in nicht geringe Aufregung, aber der Hofrath sagte, die
Sammlungen seien in erster Linie da, das Kunstgewerbe zu entwickeln, nicht aber
ängstlich den eigenen Bestand zu wahren, und so konnte ich auch die werthvollsten
Vorlagen oder die heikelsten Gegenstände für Wochen entnehmen. Es ist wohl selbst
verständlich, daß ich sie den Arbeitern sorgfältig bis auf die Stelle, welche sie zu benüt
zen hatten, mit fester Umhüllung oder selbst nur unter Glas und mit besonders sicherer
Verpackung zusandte, so daß auch Alles unversehrt wieder zurückkam, auch daß man
nicht gerade dem Nächstbesten ganz gleiches Vertrauen entgegenbrachte... Meine
Museumsgesellschaften, oder lassen wir die von Eitelberger eingeführte Benennung
.Musealabende“, begannen im Jahre 1870. Zu diesen stellte ich regelmäßig auf, was
Neues fertig geworden war, damit darüber eingehendst Kunstgericht gehalten werde.
An diesen Abenden nahmen neben den Herren des Museums mit ihren Damen, also
Eitelberger, Falke, Bücher Storck, Laufberger, Sturm, Hauser, Lippmann, auch die Pro
fessoren Engerth und Jacoby, dann die Architekten v. Ferstel und Teirich theil.“ (Auto
biographie Lobmeyr, S. 140-141).
Aus den Namen, die Lobmeyr nennt, können wir ersehen, daß in die enge Verbindung
mit dem Österreichischen Museum für Kunst und Industrie selbstverständlich auch die
Kunstgewerbeschule des Museums eingeschlossen war. Darüber hinaus arbeitete
Lobmeyr mit nahezu allen Ringstraßen-Architekten zusammen.
Die Zusammengehörigkeit Lobmeyrs mit dem Museum drückte sich in einem ganz
außerordentlichen Geschenk aus: „Die Lobmeyr’sche Widmung an die Bibliothek des
Oesterr. Museums. Herr Ludwig Lobmeyr, Eigenthümer der Firma J. & L. Lobmeyr, k.k.
Hof-Glaswaarenhändler in Wien, Curator des k.k. Oesterr. Museums für Kunst und In
dustrie, hat dem genannten Institute elf Prachtbände mit circa 600 Blättern Werkzeich
nungen von einer großen Anzahl der für die Firma Lobmeyr seit Gründung derselben,
d.i. seit 1824 bis in die Neuzeit ausgeführten Gegenstände unter der Bedingung zum
bleibenden Eigenthum übergeben, dass diese Zeichnungen nur innerhalb der Räume
der Museumsbibliothek benützt werden dürfen. Die Zeichnungen sind nach Gegen
ständen und chronologisch geordnet und enthält Band l-lll Trink-Services, Band IV-VI
Dessert-Services, Band Vll-Vlll Trinkgefäße, Band IX Ziergefäße, Band X Krystallgefäße
und Band XI Blumenvasen. Die einzelnen Blätter tragen nebst der Jahreszahl der Aus
führung die Angabe der Muster oderdie Namen der Künstler, nach deren Entwürfen die
Gefäße angefertigt wurden. Eine Fortsetzung zu diesen elf Bänden, mit welchen das
Werk noch nicht als abgeschlossen zu betrachten ist, hat Herr Lobmeyr gütigst in Aus
sicht gestellt. Da ein Werk ähnlicher Art über die Glasindustrie überhaupt nicht existirt
und das Lobmeyr’sche Glaswaarengeschäft in Wien mit der Entwicklungsgeschichte
der österreichischen Glasindustrie in innigstem Zusammenhänge steht, so erhöht sich
die Bedeutung der Lobmeyr’sehen Widmung. Herr L. Lobmeyr ist bei diesem Geschen
ke von dem Wunsche geleitet worden, auf diese Weise speziell die österreichische
Glasindustrie zu fördern.
Das Lobmeyr’sche Geschäft in Wien wurde im Jahre 1824 von Jos. Lobmeyr Vater
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