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Bedeutung von ehedem habe. Die Schaffung
1er beiden wichtigen Verkehrsadern, Bahn und
Straße, auf der Route Wien-St. Pölten-Linz
iührte dazu, daß Krems in einen verkehrsar-
nen Bereich gedrängt wurde, zumal auch die
idiiffahrt auf der Donau an Wichtigkeit ein-
gebüßt hatte.
Die Revolution des Jahres 1848 führte zu we-
entliehen politisdien Wandlungen, dodn nicht
iur die innere Struktur der Stadt wurde ge-
indert, auch weitgehende Veränderungen am
tlthergebrachten Stadtbild vorgenommen, wa-
"en doch die ihrer Funktion beraubten Stadt-
ore und Stadtmauern im Verfall begriffen.
Äls Kaiser Franz Joseph 1857 die Weisung gab,
iie Fortifikationen im Inneren Wiens aufzuge-
ien und eine planmäßige Stadterweiterung vor-
zunehmen, hielt man auch in Krems die Zeit
'ür gekommen, viele Denkmäler der Vergan-
genheit zu entfernen, so das Wiener Tor, das
-Iölltor und das I-Ierzogtor in Krems, 1858,
n Stein das Wassertor neben dem Fischerturm
ind 1874 den Stadt- oder Schuldturm. Zwei
päte Vertreter des Historismus, Josef Utz sen.
lnd Josef Utz jun., sahen sich nach Schleifung
ler Stadtmauern vor die ardiitektonische Auf-
gabe gestellt, die sich entwickelnden Vorstädte
nit der Altstadt zu verbinden. Die Errichtung
einiger wichtiger Bauten und die Schaffung des
Jillenviertels und der Gebäudekomplexe an der
{ingstraße in Neorenaissance und Neubarock
;aben der Stadt ein quasi großstädtisehes Aus-
ehen.
Die dem Fortschritt zum Opfer gefallenen Bau-
verke, das pittorcske Antlitz von Krems und
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Stein, die Atmosphäre von Plätzen und Gassen
wurde noch zeitgerecht von namhaften Künst-
lern des 18. und 19. Jahrhunderts in Veduten
und Landschaftsbildern verewigt. Der bekannte
Kupferstecher Johann Ziegler hat beispielsweise
nach Vorlagen der Vedutenmaler Laurenz Jan-
scha und Carl Philipp Schallhas Ansiditen von
Krems, Stein und Fürthof gestodien. Ein un-
gemein liebenswürdiger Künstler war Franz
Stöber, der in einem Ölgemälde die ländliche
Idylle beim Kapuzinerkloster in Und vor Au-
gen führte. Johann Schindler hielt in Kohle-
und Bleistiftzeichnungen die Silhouette von
Krems, das Wiener Tor und das Hölltor mit
dem Mühlbach fest, während sein jungverstor-
bener und von Temperament sprühender Sohn
Carl Schindler in imprcssionistischer Manier
den Stadtteil Rchberg malte. Mit Jakob Alt
erfolgte die Abkehr von der reinen Vedute.
Auf seinem Blatt mit dem Blick auf Krems
vom Westen geben Natur und atmosphärischer
Raum seiner Schöpfung unmittelbare Lebendig-
keit. Das Aquarell von Stein zeichnet sich durch
die warme, braungelbe Tönung der Bauwerke
und die lockere, duftige Darstellung aus. Im
gesteigerten Maße wird der entscheidende
Durchbruch zur Landschaftsmalerei bei Rudolf
Alt ersichtlich, im besonderen bei seinen Blät-
tern mit der Stadt Stein und der Steiner Lände:
der Künstler konzentrierte sich auf das male-
rische Erlebnis der Natur, die farbige Leucht-
kraft der Aquarelle überbietet alles bisher Da-
gewesene. Den beiden Alt am nächsten kam
Thomas rEnder - Ansicht des Wiener Tores -,
der in der Studienzeit Rudolf Alts als das
Nonplusultra der Landschaftsmalerei galt.
Krems blieb auch in den letzten Jahrzehnten
des 19. Jahrhunderts und nach der Jahrhun-
dertwende das Eldorado der Maler. Vinzenz A.
Hawlicek und Anton Hlavacek weiltcn motiv-
suchend in der Stadt. Ferdinand Schmutzer, der
angesehene Radierer, war bei seinen Aufenthal-
ten von der in den Bauten zum Ausdruck kom-
menden Gesinnung gefesselt und hat zahlreiche
feinsinnige Zeichnungen geschaffen. Max Sup-
pantschitsch hat mit seinen Bildern und Zeich-
nungen eine gute Wirkung erzielt, während der
bescheidene und liebenswürdige Johann Nepo-
muk Geller den Alltag in seiner Buntheit und
in seinem Treiben festhielt.
In jüngster Zeit haben sich einige namhafte
Künstler mit der Stadt auseinandergesetzt, wor-
über im Heft 118 (JulifAugust 1971) dieser
Zeitschrift bereits eine kurze Darstellung gege-
ben wurde.
In der umfassenden Ausstellung „1000 Jahre
Kunst in Krems" wird auf breiter Basis ein
Überblick über die von der Stadt ausgehenden
künstlerischen Impulse gegeben, zugleich werden
die Einflüsse von außen veranschaulicht und da-
bei die wirtschaftlichen und sozialen Momente
nicht außer acht gelassen. Von den siebziger
Jahren des 10. Jahrhunderts, den ersten Boden-
funden, bis in unsere Tage spannt sich der ge-
waltige Bogen künstlerisdier Aussage eines
selbstbewußten Bürgertums 5.
ANMERKUNG 5
'Vgl. den Iiinluitungsarlikul des Verfassers ,1000 Jahre Kunst
und Kultur" im Katalog 1000 Jahre Kunst in Krems. 197i,
s. 1-27, 1111! emsdilägiger Quellenangabe und Literatur.
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