legen kann, was man will; der untere Teil öffnet
sich mit zwei Klappen, oben ist freier Platz in
der vollen Länge, dort bewahre ich alle meine
großen Geldtaschen auf; hinten gibt es zwei Ge-
heimkassetten mit zwei Laden"?
Es ist sehr schade, daß Karl von Lothringen nur
die innere Einteilung des Möbels so genau be-
schreibt und nicht das Thema der lntarsien,
welches uns heute den Sekretär wiedererkennen
ließe. Der Herzog von Sachsen-Teschen über-
nahm ihn für 400 Gulden als Familiengut. Dann
verlieren wir seine Spurw.
Zum Abschluß können wir sagen, daß Roentgens
Tätigkeit in Brüssel weit größer war und viel
früher begann, als wir bisher annahmen. Er ver-
kaufte etwa ein Dutzend Möbel an Karl von
Lothringen und belieferte mehrere bedeutende
Persönlichkeiten des Brüsseler Hofes.
Man könnte sich berechtigterweise fragen, war-
um Roentgen nicht durch Karl von Lothringen
an den Hof von Versailles eingeführt wurde,
wo der Statthalter doch der Onkel Marie-An-
toinettes war. Bis ietzt haben wir noch keine
Anhaltspunkte dafür. Die erste Spur Roentgens
in Brüssel datiert vom März 1775, während seine
erste Parisreise im August 1774 stattfand, un-
mittelbar nach dem Tode Ludwigs XV. und der
Thranbesteigung Marie-Antoinettes in Frankreich.
Wir können jedoch den Einfluß Brüssels auf die
Karriere Roentgens in Paris aus folgenden Tat-
sachen ableiten: zunächst war der Sekretär, den
Ludwig XVI. im Jahre 1779 kaufte, nichts an-
deres als eine neue Fassung des Sekretärs,
den Karl von Lothringen 1776 erworben hatte.
Wir wissen nicht, durch welche Quelle der König
von Frankreich von ihm erfuhr, denn die Be-
ziehungen zwischen Prinz Karl und seinen fran-
zösischen Neffen scheinen nicht sehr eng gewe-
sen zu sein. Zum zweiten erhielt Roentgen, als
er auf den Widerstand der Zunft der Pariser
Kunsttischler traf, Unterstützung von Mercy-
Argenteau, einem Lütticher Edelmann, der Wie-
ner Botschafter beim König von Frankreich war
und stöndig mit der Brüsseler Regierung in poli-
tischer und kultureller Hinsicht Kontakt pflegte.
Roentgen hatte ihm übrigens eine herrliche
Spieluhr mit vielen technischen Raffinessen ge-
liefert und mit ihm Möglichkeiten ins Auge ge-
faßt, seine Waren nach Wien einführen zu
können".
Darüber hinaus erscheint uns Roentgen in seiner
Korrespondenz als geschickter und tüchtiger
Unternehmer. Seine Briefe vergegenwärtigen uns
lebhaft die Schwierigkeiten, unter welchen die
Fuhrwerke ihre kostbare Fracht nach Brüssel
schafften; prächtige Boiserien und zerbrechliche
Möbel, die auch heute nach unsere große Be-
wunderung finden.
Anhang (Quellen)
1 Ä.G.R., S.E.G. 2600 und 2601.
Passagen im „Journal Secret" des Karl von Lothringen,
die sich auf Roentgen beziehen:
26. Mai 1775. „at provost edur 2 seereidir et une table
di eerire de rlieine de neuvitte so d, s."
1B. November 1775: „pdie a leuis paur une cassette di
l'homme de Neuvitte".
2a. August 1776: „venus en ville paur ies drrdires du
Gauvernement; l'hame de Neuvitte di deerie icy un
bureau, sur lequel ii y d une eenduie camme ld mienne,
et quantite de secret, en iu, rendclnt ld mienne ie lui di
promis saa 172 d. s. de plus, Ce qui fait que cette
rndsnine me coute qucltre cent cinquante huit double
seuv,
w. September 1777: „pdie dl rliemme de Neuvit paur
une petite table 22 d. s."
1. Juni 1779. „vue rnd clrdmbre dodienee finis...
edie 10m1 lauis at l'homme de Neuvit pDUr san auvrage
de ld clidmbre d'Odience".
2 A.G.R., M.C.L. 170.
Quittung über die Bezahlung einer Schreibkommode,
27. August 1776: „1000 Schreibe ein Tausend Ducaten um
einen an Ihre Könlgl. Hoheit Le Duc Charles de Laraine
gelieferten Schreib Camode mit einer Spieluhr sind mir
durdn M. de Leenheer richtig bezahlt worden welches
herdurch hescheinige und desfals Quittire, Brüssel, den
27ten Aug. 1776. gez. David Röntgen, aus Neuwied"
3 A.G.R., M.C.L. 152.
Vertrag und auiining über die Pdnnedus des Audienz-
sddies, 21. Februar 177a und 2. Juni 177m „Nachdem
Sr Königl. Hoheit Prince clidrles Hertzo von Lothringen
ad Griädigst geruhet durch den benisten David
Röntgen von Neuwied nachstehende Stücke um den
dabey gesetzten Preyss verfertigen zu ldssen dls neben
Hochdieselben folgenden Accard mit innie verabredet.
pmü: Verspricht geduchtar David Röntgen in ddss Audienz
cdbinei dn statt deren rdpeien zwey Historien stücke
von seiner eingelegten Arbeit in holtz zu verfertigen
Bestehend in einer histarie von Scipia auf einer seiie
und dui der dnderen seiie des Friede zwischen denen
Römern und sebinern, dile beyde Stück ndeii der besten
Zeichnung, und dis se vollkommen dis möglich in holtz
einzulegen ist, se, ddss sich der David Röntgen gerne
der Critice eines ieden Kunst-Maklers frey unterwerffen
will.
oiese Eingelegte Figuren sollen in einem gebrochenen
weissen Grund seyn, und alles durs beste gearbeitet.
Sdo; Verspricht David Röntgen diese Arbeit ddnir in sr
Königl. Hoheit Audienz Zimmer dn den gehörigen Orts
mit Hülffe einiger dm Hofe Arbeitenden handwerks
Leuten zu Aiustieren und zu befestigen.
nie. Verspricht David Röntgen diese Arbeit in dem
zukünftigen idnr 1779 einzulieferri; ddgegen haben sr
Königl. Hoheit Gnädigst geruhet, dem David Röntgen für
diese Arbeit bey deren Ri tigen Einlieferung die summe
vOn ein tausend neue iduis d'ors zu bezdnien. Gleich
wie nur sr Königl. Helieii diies dieses gnddigsi zu Agrei-
ren geruhet haben, se sind zu lieeii dere Sicherheit
so wdlil, dls dudi ddinii sr Königl. Hoheit Gnödigste
Willensmeynung nicht in vergess komme, iiber diesen
cantract, zwey gleich lautende Exemplaria ausgefertlget,
und Gnädigst unterzeichnet werden.
sd geseneiien Brüssel den 21n February 177a,
igez.) cdri von Lothringen
igez.) David Röntgen van Neuwied.
lch, der Unterzeichnete bestätige, im Auftrag Sr. Königl.
Hoheit die vereinbarte Summe von 1000 Lauisdar als
Bezahlung der in der vorliegenden Urkunde erläuterten
Arbeiten erhalten zu haben.
Brüssel, den 2, Juni 1779
4 A.G.R., Mss. divers 311D.
Brief Roentgens an Giran. Neuwied, 1. Mai 1779
Roentgen schreibt Giron, ddß die Boiserien für den
Audienzsddl fertig sind und setzt ihn van der bdidigen
Lieferung in Kenntnis. Er bittet ihn, die Ladung anzu-
nehmen (um die Fuhre voll zu machen, sind dudi Kisten
für senerei Ferraris u. Presideni de wdurdns debei), sie
trocken zu ldgern und bis zu seiner Ankunft unge-
öffnet zu idssen. Giron soll auch die Fracht bezahlen,
und Raentgen bedankt sich rrir seine Mühe.
5 A.G.R., Mss. divers 3110.
Brief Roentgens an Giron. Neuwied 15 mai 1779.
Roentgen teilt Giron mit, daß die Fuhre mit den
Boiserien auf dem Weg nach Brüssel ist und gibt ihm
nochmals Anweisungen zum Entladen. Er schreibt, daß
einer seiner Gehilfen den Transport begleitet. Um ein
Umkippen zu vermeiden, gibt er nach folgendes dazu:
eine halbe Ohme Moselwein für Giron, für M. Gruber,
und für sidi selbst ebenfalls eine halbe Ohme Wein,
eine Kiste mit Weinpraben für M. Weiss, eine Rolle mit
Plänen für die Boiserien, zwei kleine, in Holz eingelegte
Porträts, zwei Kassetten mit Federwerk, eine Kiste für
General de Ferraris, einen Aktenstünder für Präsident de
Wavrans. Außerdem befinden sich nodi zwei weitere
Kisten auf dem Wagen: die eine enthält zwei Bilder
des Prinzen, die andere altes Werkzeug.
6 A.G.R., Mss. divers 3110.
Kostenaufstellung des Transpartes der Ponneaus für den
Audienzsaal: der Fuhrmann A. Grandry stellt die im
Verlauf des Transpartes angefallenen Kasten zusammen:
Fahrtkosten, Lohn für Hilfskräfte, div. andere Ausgaben.
7 A.G.R., Mss. divers 3110.
Roentgen schreibt an Giran den 25, Mai 1779, daß er ihm
sechs Kisten für folgende Herren schickt, die an Ihre
Königl. Hoheit adressiert sind, um so die Zölle zu umge-
hen: ein Schrank, ein Zylinderbureau, ein kleiner Schreib-
tisch für General de Ferraris; ein Schreibtisch für Präsident
de Wavrans; ein Schreibschrank für den Prince de Gavre;
drei Klappsessel für Karl von Lothringen. Giran soll die
entsprechenden Kisten den ieweili en Herren zustellen
lassen und die Bezahlung entgegene men.
8 A.G.R., S.E.G. 2081.
Juni 1779.
Ansuchen Raentgens dn Karl van Lothringen: Raentgen
ersucht den Statthalter unter Hinweis dur seine Kunst
und die bereits gelieferten Möbel, in regelmäßigen
Abständen dn den Hof kommen zu dürfen, um für die
Instandhaltung der Möbel zu sorgen. Er bittet ihn, den
Titel „Artiste-ebeniste et machinisie du prince" verr
liehen zu bekommen.
9 A.G.R., Mss. divers 3110.
Brief des Prince de Gavre an Giron: er ersucht ihn,
eine Kiste, die den fehlenden Teil eines van Raentgen
gekauften Sekrelärs enthält, zu sich zu bringen, da der
Erilincte de Gavre erst mit dem Hof aus Mariemant zurüdr-
e r.
lgez.) David Roentgen.
Anmerkungen 30-32
3" S.E.G. 2604, fol. 62. H. HuVh, Anmerkung 36.
" S.E.G. 2632, fol. 142 verso. C.F. 772, fol. 142 verso.
3' Wien, Usferreichisches Staatsarchiv, Korrespondenz
Mercy-Argenleau, Nr. 623.
96
E] Unser Autor:
Mudame Clclire Lemoine-lsu-beuu
Acudämie Royule d'Archäologie, Belgique
clo Avenue des Sarabäes 22
Bruxelles 1050