Linda Christanell
nächfig durch Gold
nächiig
ylied mil beweglichen
nmsloifringan
hnürles Mlniobiek!
urzer Schrein, ousveibend
miteinander verbundene und
hnürie Körper
chies Quadra!
Lmda Chrisßunell
Schwarze Kunst - Deutung ihrer Objekte
Es ist eine fremde, unheimliche, seelisch zugreifende
und vielleicht verletzende Welt, die der betritt,
der mit den Obiekten von Linda Christanell
konfrontiert wird. Der Deutung drä sich sofort
eine grundlegende Definition des religiösen
Phänomens auf: es geht um das „mysterium
tremendum et fascinosum", also um Erscheinungen,
die zugleich erschrecken und faszinieren.
Sotriffer hat das Deutewort „Fetisch" gegeben.
Fetische, das sind Kultgegenstände und Ver-
ehrungsobiekte einer alten, primitiven und
magischen Stufe der Religiosität. Die sprachliche
Herkunft weist auf das „künstlich Gemachte" hin,
weil Fetische nur selten Naturgegenstände sind.
Fetische, das sind dann „manageladene" Gebilde,
wobei „mana" die Kraft ist, die den, der dem
Gebilde zu nahe tritt, tötet, die aber auch - wenn
richtige Haltungen eingenommen werden -,
Vitalkräfte vermitteln. Fetische haben ihre ganz
bestimmten Formen; sie sollen das Mana
einschließen und aufbewahren. Darum wurden
Fetische verschnürt, vernagelt und mit Blut und
wundertötigen Salben verschmiert. Und nun schafft
Kunst, ohne sich dieser religionsgeschichtlichen
Phänomene bewußt zu sein, hier verschniirte, ver-
nagelte, verschmierte Gebilde, Fetischkunst. Magische
Kunst. Schwarze Kunst. Urzeit, Religion der
Primitiven bricht mitten im 20. Jahrhundert wieder
auf. Sie erschreckt in ihrer Verbindung mit dem
menschlichen Todestrieb und sie fasziniert mit einem
seltsamen Schönheitserlebnis, Man denkt an
schwarze Messen, an Hippiekulte. Nicht zufällig
kombiniert ein Ausstellungsplakat ein Obiekt mit
einem nackten Frauenkörper. Gegen die Ent-
mythologisierungsprogramme moderner Theologie,
gegen die genormte, kühle Welt der Gegenwart
stehen da Reste des Heidentums, der Spätantike, und
man vernimmt die Aussage, daß der Mensch ein
Heide geblieben ist und daß Heidentum schön ist.
Eine Herausforderung! Aber man stutzt. Ist hier
wirklich primitive Religiosität gemeint? Nehmen sich
in diesen Obiekten Magie, Religion, Heidentum
ernst? Ist da nicht eher eine Kunst entstanden, die
Humor hat, natürlichen schwarzen Humor, aber auch
rosaroten und glitzernden? Kindheitserinnerungen
vom Weihnachtsmann und Weihnachtsbaum? Statt
um Religion ginge es um Anspielungen auf skurrile
und makabre Begräbnisdekarationen. Und die ent-
standenen farblidi intensiven und hübschen „Packerl"
versetzen bloß den Schock der Spannung zwischen
dem erwarteten Inhalt und ihrem faktischen Leersein.
Sollte der Theologe hier mit tierisahem Ernst die
Wiederauferstehung des Heidentums mitten im
20. Jahrhundert sehen, wird er vielleicht vom Kunst-
werk verspottet, ad absurdum geführt und genarrt.
So wird einmal mehr Deutung besser ausgehen
von Form und Material. Die Obiekte überzeugen
in ihrer Gestaltung von einfachen Grundformen
her. Die Obiekte sind Spiel mit den Materialien
und haben darin serielle Aspekte. Dabei strahlen
die Materialien Schaumgummi, Watte, Fell eine
bestimmte Sinnlichkeit aus; man möchte zugreifen
und angreifen, man möchte spielen, fühlen
und streicheln. Die Sinnlichkeit ist aber gehalten
und kontrastiert von den strengen Grundformen
und von der Kühnheit des Plexiglases. ldw möchte
diese Obiektkunst als „formalisierten Surrealismus"
bezeichnen. Wenn diese Definition berechtigt ist,
kann man verstehen, daß Formen hier zugleich
verschlüsseln und öffnen, daß sie abweisen und
stören und zugleich einladen und faszinieren. Es sind
geistige Gegenstände gestaltet, die Assoziatians-
ketten im Betrachter auslösen; man assoziiert, daß
der Mensch seelisch viele Schichten hat und daß es
Grundantagonismen wie Lebenstrieb und Todes-
trieb gibt. Kunst fordert hier die Anstrengung des
Eindringens, Deutens und Assoziierens und sie
hebt sich ab von einem neuen surrealistischen Seelen-
getratsche, das sich damit verrät, doß es zu guten
Gesdiöften taugt. Die Künstlerin hatte den Mut,
Obiekte zu schaffen, die die Faszination des Un-
verständlidwen ausstrahlen. Kurt Lüthi
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