Notizen
Wien, Albertina -
Die Dürer-Zeichnungen
Erstmals zeigte die Albertina vom 12. Oktober bis
19. Dezember 1971 ihre vollständigen Bestände an
Zeichnungen und Aquarellen Dürers. Insgesamt 139
Blätter, darunter viele der schönsten und wertvollsten
Arbeiten des anläßlich seines 500. Geburtstages
weltweit gefeierten Künstlers. Die von einem
vorbildlichen Katalog begleitete Schau bemühte
sich unter Zugrundelegung neuester Forschungs-
ergebnisse um „einen möglichst sachlich-analytischen
Zugang zur Größe dieses Meisters an der Schwelle
zu einem neuen Zeitalter". Gereinigt von zweifel-
haften Zuschreibungen beziehungsweise Kopien
wurde eine neue Chronologie der garantierten
Dürer-Originale aufgestellt. Eine wertvolle
Ergänzung stellte das aus Nürnberg importierte
Dürer-Studio dar. Es eröffnete vor allem der
Jugend anregende didaktische Zugangsmäglich-
keiten zu einem besseren Verstehen von Werk,
Techniken und Absichten dieses in Wien dank
der Sammelleidenschaft Rudolfs ll. so außer-
gewöhnlich repräsentativ vertretenen Künstlers
(Abb. 25, 26). Peter Baum
Wien, Österreichische Galerie -
Widmung eines Gemäldes von
Franz Anton Zeiller
Der Österreichischen Galerie ist vom Verein der
Museumsfreunde in Wien aus Anlaß seines
fünfzigiährigen Bestehens anstelle einer besonderen
Feier ein Gemälde von Franz Anton Zeiller (1716
bis 1793) gewidmet worden.
Franz Anton Zeiller ist einer der bedeutendsten
Freskenmaler in Tirol nach Paul Trager und war
bis ietzt in keiner Wiener Sammlung, auch nicht
im österreichischen Barockmuseum, vertreten. Die
Skizze ist um so bedeutender, als sie einen Entwurf
für die Freskendecke der Pfarrkirche in Stams von
1755 darstellt.
Damit ist es erstmals gelungen, ein Werk dieses
bedeutenden Tiroler Malers für Wien zu erwerben
(Abb. 27). n
Italien - Österreichisches Kulturinstitut
Aspekte der europäischen Graphik 1971
Vor einer Neuordnung der Kunstbiennale
von Venedig
Während seit Jahren in iedem Herbst in Venedig
ein Festival des Films, des Theaters und der Musik
stattfindet, stand die bildende Kunst bisher nur in
iedem zweiten Jahr bei der Internationalen Kunst-
biennale zur Debatte. Es war die Initiative des
neuen Vizekommissärs dieser Biennale, Maria
Penelope, auch heuer, in einem sogenannten
biennale-freien Jahr, parallel zu den übrigen
Festivals eine Ausstellung zu organisieren, welche
den Aspekten der europäischen Graphik der
Gegenwart gewidmet ist.
Wenn man bedenkt, daß die Ernennung Mario
Penelopes im Juni letzten Jahres erfolgte und die
Ausstellung bereits im September eröffnet werden
konnte, können wir darin bereits zwei wesentliche
Züge für die neue Ära in der Leitung der Venezianer
Kunstbiennale erkennen: die persönliche Dynamik
des verantwortlichen Organisators und zugleich
dessen Bestreben, die bildende Kunst als wesent-
lichen Teil in den geistigen Auseinandersetzungen
unserer Zeit ständig präsent zu halten.
Der iunge Kunstkritiker ltalo Mussa, welcher ebenso
wie Penelope selbst wiederholt für die österreichische
Gegenwartskunst eingetreten ist, besorgte die
organisatorische Aufgabe und die Gestaltung der
Ausstellung, welche im Museum für moderne Kunst,
in Longhenas glänzendstem Barockpalast Venedigs,
in der Ca' Pesaro untergebracht ist. Sie bietet in
knappen Zügen einen Uberblid: der einzelnen
Tendenzen in den Bereichen der graphischen
Künste im gegenwärtigen Europa. Außer Italien
sind 16 europäische Staaten vertreten: Belgien,
Dänemark, Deutschland, England, Frankreich,
48
Holland, Jugoslawien, Norwegen, Österreich,
Polen, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien,
Tschechoslowakei und Ungarn.
Da es sich zugleich um eine Bestandsaufnahme als
auch um ein didaktisches Unternehmen zur
Papularisierung der Graphik unter dem Publikum,
welches eigentlich zu den anderen Festivals
erschienen ist, handelt, war es naheliegend, diesmal
nicht sosehr die Bestrebungen der iüngeren
Generationen zu dokumentieren, als mit den
Werken der großen Meister aufzuwarten, wie etwa
Delvaux, Dubuffet, Hartung, Matta, Picasso,
Vasarely, Max Ernst, Hans Richter, Victor Pasmore,
Sutherland, Bernik, Alechinsky, Karel Appel,
Corneille, Asger Jorn, Mirä, Tapies und Max Bill.
Für die Beteiligung Italiens gab es allerdings ein
bewegtes Vorspiel. Einige Kunstkritiker, die selbst
auf den Posten des Vizekammissärs der Kunst-
biennale aspirierten, unternahmen den Versuch, die
von ihnen favorisierten Künstler zu einer Protest-
aktion gegen Mario Penelope aufzustacheln. So
ergab sich schließlich die widersprüchliche Situation,
daß der eine oder andere Künstler, welcher die
Protestsdiriften mitunterzeichnet hatte, es sich
doch nicht versagte, an der Ausstellung teilzu-
nehmen. Das Protestunternehmen wurde auf diese
Weise ad absurdum geführt. Bei den Italienern
finden wir Enrico Bai, Afro, Burri, Cagli, Capogrossi,
Gentilini, Guerreschi, Manzü, Marini, Arnalda und
Giö Pamodoro, Sontomaso, Vedova und Zigaina.
Die österreichische Auswahl wurde durdi Walter
Zettl vom Österreichischen Kulturinstitut besorgt.
Vor diese Situation gestellt, mußte Österreich mit
gleich großen Namen aufwarten, die ihren inter-
nationalen Rang haben und in Italien geläufig sind:
Hundertwasser, Wotruba, Frohner, Hrdlicka und
als einen der bedeutendsten Radierer Österreichs
der Gegenwart Anton Lehmden.
Die Reaktion der italienischen Kunstkritik war auch
im Hinblick auf den Beitrag Österreichs überaus
positiv. Mario Valsecchi z. B. nennt unter den acht
hervorragendsten Graphikern auf dieser Ausstellung
neben Picasso, Dubuffet und Sutherland die beiden
Österreicher Frohner und Hrdlicka.
Mario Penelope schreibt im Vorwort zum Katalog
dieser Ausstellung: „Die Biennale wird nunmehr in
ein Instrument der Verbreitung, der Förderung und
des künstlerischen Experiments transformiert,
welches die Gewißheit einer ständigen Information
und eines ständigen Dialoges über die verschiedenen
Sparten der bildenden Kunst zu geben vermag,
sowohl durch dokumentarische Darstellungen als
auch durch Versuche und Untersuchungen auf diesen
Gebieten."
Mit diesen Worten wird bereits in iene Richtung
gewiesen, die bei der Einladung zur Beteiligung der
einzelnen Staaten zur Kunstbiennale 1972 noch
deutlicher wird: die Absage an die Form der
Mammut-Kunstmesse als Domäne des internationalen
Kunsthondels.
Im November ist eine gemeinsame Arbeitstagung
aller nationalen Biennalekommissäre geplant. Bei
ihr soll über Struktur und gemeinsame Anliegen
beraten werden. Österreich wird durch den Direktor
der Neuen Galerie in Graz, Prof. DDr. Wilfried
Skreiner, vertreten sein. Es ist ihm zu wünschen, daß
er seine Auswahl so trifft, daß Österreich, wie
schon sa oft, einen wesentlichen Beitrag zu diesem
„ständigen Dialog" auf dem Gebiet der bildenden
Kunst auch dieses Mal zu geben vermag.
Als weiteres interessantes Projekt ist auch das
Vorhaben Mario Penelopes zu erwähnen, im
zentralen Pavillon der Biennale eine eigene Schau
den Bestrebungen der iungen Künstlergeneration
in aller Welt zu widmen (Abb. 28, 29, 30).
Christiane David
i:
Au sburg - Städtische Kunstsammlungen
Wi li Baumeister,
Zeichnungen und Serigraphien
In Verbindung mit dem Kunstverein Augsburg
veranstalteten die Städtischen Kunstsammlungen
Augsburg im HoIbein-Haus eine Ausstellung van
60 Zeichnungen, Gouachen und Serigraphieni
1955 gestorbenen Stuttgarter Künstlers Willi
Baumeister.
Die Schau vermittelte auf Grund der vorzüglii
Qualität der Exponate ein instruktives Bild vo
künstlerischen Bestrebungen dieses bahnbrec
Meisters abstrakter Zeichensprache und wurd
den Sammlungen der Familie des Künstlers, d
Staatsgalerie Stuttgart und der Städtischen GI
Stuttgart sowie aus Privatbesitz zusammenge
Sie dürfte außerdem die erste größere Kollek
ausstellung Baumeisters im süddeutschen Rau
BerlinlDarmstadt -
Umzug des Bauhaus-Archivs
Wie für das Bauhaus-Archiv Hans Maria Win
bekanntgibt, ist dieses nach Berlin umgezog
in den nächsten Jahren ein von Walter Grapi
entwarfenes Gebäude entstehen wird. Vorläi.
Jänner 1972, die neue Adresse: Bauhaus-Archi
1000 Berlin 19, Charlottenburg, Schloßstraße 1
Tel.: [0 311) 3 07 20 45. Unverändert bleibt die
Adresse von Hans M. Wingler: 61 Darmstadt,
Park Rosenhöhe 15, neue Tel.-Nr. (0 61 51)
Nürnber -
Kunstpägagogisches Zentrum
im Germanischen Nationalmuseum
Dieses Institut konnte im Herbst dieses Jahres
zweieinhalb Jahre erfolgreicher Arbeit zurück
blicken: im Februar 1969 wurde mit vier Mitar
begonnen, heute hat es 25. Auf der Biennale 1
unterrichtete es 5000 Schüler, in den Ausstellui
des Dürer-Jahres waren es bis über 27.000.
St. Gallen - Rudolf Belling im „Erker"
Die St. Gallener Galerie zeigte vom Novembi
1971 bis zum 25. Jänner 1972 Skulpturen,
Zeichnungen und Graphiken von Rudolf Bellin
Mit Arbeiten aus den Jahren 1915 bis 1970 gal
Ausstellung einen umfassenden Überblick übe
Schaffen des 1886 geborenen Künstlers, der -
allem mit seinem Frühwerk in den zwanziger
Jahren - zu den Wegbereitern der modernen
Plastik zählt. Eine Monographie mit einer Eint
von J. A. Schmoll gen. Eisenwerth in Taschenb
größe wurde zur Ausstellung aufgelegt.
Zürich - Vorbereitung eines Werkkata
Hans Brühlmanns
Das Schweizerische Institut für Kunstwissensch
bereitet einen kritischen Werkkatalog von Hai
Brühlmann (1878-1911) vor, der in Stuttgart lel
Eigentümer von Gemälden, Studien, Zeichnung
oder weiteren Dokomenten sind gebeten, sich
dem Bearbeiter, Hansiakob Diggelmann,
Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft,
Lindenstraße 2B, Ch-BOOB Zürich, in Verbindung
zu setzen.
CambridgelMassJMünchen - Max Kli
Radierungen im Busch-Reisinger-Musei
Dreiundsiebzig Radierungen von Max Klinger,
Leihgabe der staatlichen graphischen Sammlui
München, waren vom 15. Dezember 1971 bis
22. Jänner 1972 im Busch-Reisinger-Museum zu
sehen. Die Ausstellung unter dem Patronat Dr.
Pauls, des westdeutschen Gesandten in den I
war betitelt: Ein Handschuh und andere Bildet
Träumen und Wahrnehmungen: die graphischi
Reihen von Max Klinger. Vom Wichita Museur
Kunst zusammengestellt, wurde die Schau dort
schon im Sommer 1971 gezeigt.
Klinger, der zwar als verbindlich und modisch
seiner Zeit galt, wurde mit Recht aus der Verg
heit hervorgeholt, in die er seit seinem Tod 19
geraten war. Einbildungskraft, Traumvorstellui
Sprunghaftigkeit, Humor, grillenhafter Einfalls
reichtum sind die Elemente, aus denen Klinger
graphisches Werk sich zusammensetzt. Es nimi
die Kunst der Surrealisten voraus und bringt il
mit Freuds Studien der Psyche in Beziehung. D
Traumatmosphäre erinnert an Blake. Der