Da sich Herzheimer bei seinem Bericht über die
Ereignisse um den Tod Maximilians" als seriö-
ser, nüchterner Chronist erwiesen hat, verdienen
die von ihm verzeichneten Himmelserscheinun-
gen, die anlößlich des Hinscheidens des Monar-
chen beobachtet worden waren, vor allem Be-
achtung. Es ergibt sich die Frage, ab die Kräfte,
die ihn hiezu bewogen haben, aus dem Aber-
glauben "' und der Sensationsgier seiner Zeit,
die in Flugblättern und Flugschriften immer
stärkere Förderung fand, zu erklären sind, oder
ob es sich um eine tatsächlich faßbare Natur-
erscheinung handelt, oder schließlich, ob es
Praiektianen humanistischen Denkens und huma-
nistischer Schulung sein könnten.
In Wort und Bild hält Herzheimer folgende
Himmelserscheinungen fest:
ln Weimar (Abb. 1) wäre am 30. November
zwischen 5 und 6 Uhr abends (am abent An-
dreae, zbishen fünfe uncl sechs uff den abnt
4 tag vor denn neuen mond... im 19. iar) ein
Stern gesehen worden „gar feurich", der sich
mehrmals verwandelte, insgesamt fünf verschie-
dene Gestalten annahm: einmal sah er wie ein
Stern aus, dann hätte er gefunkelt wie ein Licht,
zum drittenmal nahm er die Gestalt eines flam-
menden Schwertes an, zum viertenmal die einer
brennenden Fackel, zum fünftenmal flossen Bluts-
tropfen aus dem Stern, der neben dem kleinen
Bären stand". In Torgau (Abb. 2)" wurden am
11. Jönner drei Sonnen und ein Regenbogen ge-
sehen, in Mainz (Abb. 2) ein Stern mit Kreuz
und Pfauenfedern". ln Berlin (Abb. 2) der Fall
eines Feuers ". ln Altenburg schließlich (Abb. 9
bis 10) ist am Donnerstag abend vor Laetare
(Ende Feb. 1419) ein besonders furchterregendes
Zeichen gesehen worden: Zunächst wurde das
Schlagen einer Feldtrommel gehört (Abb. 7),
dann sei es hell geworden und ein „gresslich"
18
Zeichen am Himmel gestanden (Abb. 9-10). Da
dieses Zeichen fast vergangen war, ertönte ein
schrecklicher Lärm (ein herten shnaltz) und zu-
gleich sind Funken von dem Zeichen gefahren.
Der Schwanz des Zeichens blieb auch noch ste-
hen, als dieses fast vergangen war, durch den
Schwanz aber schnellte eine leuchtende Kugel.
Nachdem dies alles vergangen war, gab es
Wetterleuchten und der Himmel stand so niedrig,
daß man ihn mit der Hand erreichte (Abb. 8) 's.
Der Versuch einer naturwissenschaftlichen Er-
klürung der Zeichen ergibt geradezu die ge-
samte Fülle meteorologischer und astronomi-
scher Möglichkeiten.
Das Bild von Weimar kann eine Nova sein,
ein Komet oder Meteor. Die entzündete lodernde
Fackel und das in Blut und Feuer getauchte
Schwert bedeuten in der wunderglöubigen Welt
des 16. Jahrhunderts ebenso die Erscheinung
eines Kometen u, wie das flammende Schwert
auch das Zeichen einer Nordlichterscheinung
sein kann. Die drei Sonnen und Regenbogen,
die man in Torgau sah, können Haloerschei-
nungen mit einem Nebensonnenring von 22 Grad
bedeuten". Bei der Erscheinung von Mainz ist
an einen Meteor zu denken, das Zeichen von
Berlin ließe auf einen Meteorfall schließen,
beide Male wären aber auch Lichterscheinungen
durchaus in Betracht zu ziehen. An ein Nordlicht-
phönomen wäre bei der Erscheinung von Alten-
burg zu denken. Bei letzterem käme eine aku-
stische Hypertrophierung durch die Naturvor-
stellung des 16. Jahrhunderts sowie Endzeit-
erwartungen hinzu. Möglicherweise aber könnte
es sich auch um ein Wintergewitter und einen
Kugelblitz handeln.
Das einzige Zeichen, das realistisch faßbar er-
scheint und dem daher zunächst nähere Beach-
tung gewidmet werden soll, sind jene drei Son-
nen über Torgau. Es erwähnt Herzheimer r
Zeichen noch in anderem Zusammenhang:
rend seines Aufenthaltes am churfürstliche
zu Torgau" wurde am Montag, den 11. Jt
in den Wäldern um das churfürstliche Lust:
in Lochau eine Jagd abgehalten. Zur Mitta
wurden „am hymel drey sunen zbishen z
regenpogn und den dritten regenpogn i
gesehen: Also sein sy zu Torchaw in de
auch gesehen worden" ".
In der „Neuen Zeitung" schließlich" hei
„ettlich sagenn auch, man hab dreii tag
Kaii. Mt. abganng ob der statt Welß unnr
Lintz dreii sunen steen sehen". Nachdem
milian in den frühen Morgenstunden de
Jänner starb, wären diese Zeichen am 9. J
gesehen worden. Da diese Nachricht Herzh
iedoch nur zugetragen wurde, muß das E
nicht exakt sein.
Wesentlich erscheint, daß am 11. Jönn
Sachsen weder Maximilians Todeskrankheii
sein unmittelbar bevorstehendes Ende be
war, und somit bei der beobachteten Er
nung weder Aberglauben noch Wunde
ausschlaggebend gewesen sein dürfte.
aber ist anzunehmen, daß es sich um
erscheinungen an der Sonne handelt. Bei e
tiefen Temperaturen, minimalem absc
Feuchtigkeitsgehalt der Luft und hundertpi
tiger relativer Luftfeuchtigkeit, also Kanc
tion, wachsen ganz kleine Eisnadeln. Der
entsteht durch die Brechungs- und Reflexir
scheinungen in dem Medium vieler kleinen
chen, also der Eisnadeln, vor einer Licht:
der Sonne. Bei einheitlicher Teilchengröße
nen farbige Ringe entstehen, die sich a
stimmten Stellen, z. B. an der Kreuzung mi
Horizontalkreis, zu lichtstarken Nebensonne
dichten. im Fall der Erscheinung von T