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Heschler (1611-1667) wieder bekannt gewor-
den "Ä Zu seinem Kreis gehörten zeitweise Mel-
chior Barthel und Hans Ulrich Hurter; auch
zwei Söhne waren Bildhauer. Schon im späten
17. Jahrhundert sind Arbeiten Heschlers, wie das
Kreuzabnahmerelief im Natianolmuseum Kopen-
hagen, Petel zugeschrieben worden 7". lm Kata-
log von Rudolf Berliner fehlt der Name Heschler;
heute lassen sich ihm und der Ulmer Stilgruppe
elf Elfenbeinbildwerke der Münchner Sammlung
zuweisen 2'. Die Scheidung der einzelnen Anteile
dieser Ulmer Werkstattgruppe ist noch pro-
blematisch, die ungleichmäßige Qualität offen-
kundig. Anregungen der auf Petel zurückge-
henden Traditian und der gleichzeitigen flämi-
schen Plastik werden aufgenommen, graphische
Kompositionsvorlagen benutzt. Zum Besten ge-
hört die wohl um 1660 entstandene Gruppe
„Pluto raubt Proserpina" (Abb. 7). Die räumliche
Verschränkung der Körper, die sich erst in
wechselnden Ansichten erschließt, ist vergleich-
bar mit der Elfenbeingruppe „Simson erschlägt
einen Philister" im Schloßmuseum Schwerin, die
Heschlers Monogramm DH trägt u.
Weitere süddeutsche Bildhauer des mittleren
17. Jahrhunderts sind mit einzelnen Bildwerken
vertreten. Elisabeth Grünenwald schrieb dem
in Schwäbisch Hall tätigen Leonhard Kern (1585
bis 1662) die Statuette einer Caritas zu"; Kern
und seiner Werkstatt darf wohl auch die „Ba-
dende Venus" gegeben werden". Als Arbeiten
des 1662-1681 in Augsburg nachweisbaren Bild-
hauers und Goldschmiedes Bernhard Strauß
erkannte Ch. Theuerkautf die wohl zu einer
Gruppe des Parisurteils gehörenden Statuetten
der Minerva und Juno, die R. Berliner Matthias
Rauchmiller zuaewiesen hatte 15. Aus der Münch-
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ner Kunstkammer stammt ein Altärchen (Abb. 9),
von dessen Elfenbeindekor das lebhaft bewegte
Mittelrelief der Madonna mit Engeln künst-
lerisch und auch ikonographisch - das Christ-
kind trägt das Zepter - bemerkenswert er-
scheint". Erich Herzog hat es überzeugend in
das CEuvre des 1665-1674 in Wien tätigen
„Hof-Painstechers" Johann Caspar Schenck,
eines Gliedes der in Mindelheim und Konstanz
ansässigen Bildhauerfamilie, eingeordnet". Auf
den aus Grins bei Landeck in Tirol gebürtigen
Bildhauer Jakob Auer (1645-1706) werden
die Monogramme „lA" (ligiert) der „24 No-
vembris 96" (z 1696) datierten Schnitzgruppe
„Sieg der Engel über Teufel" und „l. A." der
Gruppe „Nessus entführt Deianira" (Abb. 10)
bezogen". Während der aus Kloster Neustift
bei Brixen stammende Teufelssturz, an den sich
eine Reihe ähnlicher Bildwerke anschließen läßt,
im Figuralen volkstümlich-alpenländischen Cha-
rakter zeigt, setzt die Stilbindung der Raptus-
gruppe die Kenntnis von Elfenbeinbildwerken
des Matthias Steinl voraus; ein individueller
Stil- und Qualitätswandel vom einen zum an-
deren Stück ist schwerlich vorstellbar. Von dem
Stamser Stiftsbildhauer Andreas Thamasch (1639
bis 1697) war bisher keine Arbeit in Elfenbein
bekannt". Ein virtuos geschnitzter Elfenbein-
kruzifixus (Abb. 8) stimmt mit dem Christus der
Kreuzgruppe von 1691 in der Klosterkirche Stams
in der Komposition wie in den Einzelformen so
eng überein, daß trotz des verschiedenen Ma-
terials eine Zuschreibung an Thamasch nahe-
liegt". 1693 macht sich in Straubing der Bild-
hauer Hanns Georg Fux (1661-1706) aus Ster-
zing ansässig; die Kenntnis seiner Arbeiten
in Elfenbein und Holz verdanken wir den Far-
8 Andreas Thamasch, Kruzitixus. Stanis, um 1690.
H 48,1 cm
9 Hausaltärchen, München, um 1670, mit Madon-
nenrelief von Johann Caspcir Schenck. H 16,5 crn,
B 8,4 cm
10 Jakob Auer (Tirol), Nessus entführt Deianira.
Anfang 1B. Jahrhundert. H 40,7 cm
Anmerkungen 19-30
"A Schadler, Der Ulmer Bildhauer und Elfenbein-
schnitler David Heschler (1611-1667). ln: Studien zur
GSSÜHKNB der europäischen Plastik, Festschntt Theodor
Müller, München 1965, S. 293 tf. - Ch. Theuerkauff, A
Nute an the uirri Sculptor, Düvid Heschler. ini Apollo,
Oktober 1967, S. 288 ff.
i" Petel-Katalog, 1964, Nr. 79. - Ch. Theuerkautf, a. a. O.
(Anm. 19), S. 292.
1' Kat. Berliner, Nr. 151 („Deutschland Q. Viertel bis Mitte
des 17. Jaiiriiri), Nr. 141 („Nwzderlande [z]. Um
14,25"), Nr. 105-109 („Süddeutschland Ffdftketl (NÜrrt-
berg]. M1tte des 17. JOllrh."); Nr. 2:15 („Deutsch-
land. Letztes Viertel des 17 Jahrlt."), Nr. 465 )„Anranid
LEOIH. Anfang 1a. Jahrh.").
i? cii. Tiiaiierkaiiri, a. a. o. (Anrri 19), 200 f
"Kat Berliner, Nr. 195 („Suddeutschland [Franken].
Mitte bis a. Viertel des 17. ianrtiß), - E. Grünen-
wald, Leanhard Kern, srbwabirrii Hall 1969, s.42,1a1.70
1' Kat der r, Nr. 286 luwüitrschemlich Italien. 2. Hälfte
17. Jüttril. .
"Kat. Berliner, Nr. 210, 211. - E. w. araiiri - Troppau,
Matthias Rauchmiller. In: Oberrheiriische Kunst x,
1940, s. 100. - cii. Theuerkauff, stud1eh zur Elfenbein-
plastik des Barocks, Matthias Rüudtmiller und lgnaz
Elhafen. ÜISS. Freiburg 1964, s. 49, 512. - Barock ain
Bodensee, Ausstellungskat, Bregenv 1964, Nr. 150,
151. - Augsburger Barock, Ausstellungskat, Augsburg
19519, Nr. 95, 96.
14 Kat. Berliner, Nr. 21a.
11 E. Herzog, Kabinettstiicke Christoph Daniel Schencks
und seines Kreises. In: Das MUHStBI 9, 195a, s. 9a.
1' Kai. Berliner, Nr. 440, 441. - 2 v pltlllppOvlttt,
siiiiari Trager iirid andere Elfenbemkünstler aus Tirol,
sCltleftt-Stitflftäft Nr. 215, Innsbruck 1951, s. 22 ii. -
Ch. Tlleuefküu", a. a. o. iAnin. 251, s. 50, 251, Anm
202, 313, Kat. x11. - An dle NeSSus-Deianira-Gruppe
schließt R. Berliner m1t Recht e1ne Herkulesstatuette
(Kat. 442) an.
"1-1. Hammer, Der Stamser Stiftsbildhauer Andreas Tria-
masch (1529-1497). ln. Wiener iaiirbiirn für Kunstge-
SChtChtE, xiiixiii, 1949, s. 7 rr.
1" Kat. Berliner, Nr. 282 („Frankreiclit Z Halfte des
17. Jahrh."), - Hammer, a a. O (Anm. 29), S. 9. -
Mit den Arbeiten Thamaschs lur Kloster Kaisheirn
scheint ein Holzkruzifixus im ehern Festsaal des Klosters
Heilig-KIEL)! in Donauworth zu stehen, der eine ann-
liche Komposition m91 101d Kunstdenkmaler von Bayern,
Schwaben 111, A. Harn, Landkreis Donauwbrtti, München
1951, s. 14a, Abb. 100).