Aktuelles Kunstgeschehen I Bundesländer
Salzburg - Schloß Arenberg
Günther Schneider-Siemssen
Clemens Krauss gab Schneider-Siemssen die
Anregung, nicht die Laufbahn des Dirigenten,
sondern die des Bühnenbildners einzusdilagen. Seit
1962 Chefbühnenbildner der Wiener Staatsoper,
ist er seit 1969 auch Leiter der Bühnenbildklasse an
der Salzburger Sammerakademie.
Die Max-Reinhardt-Forschungs- und -Gedenkstätte
in Salzburg hatte ihn eingeladen, seinen Arbeits-
prozeß für Karaians Ringinszenierung bei den
Osterfestspielen ausführlich zu dokumentieren.
Schneider-Siemssens und Karaians szenisches
Grundkonzept konzentriert sich in einer „kosmisch-
elliptischen Grundform", aus der sich alle szenischen
und dramaturgischen Bauteile in Wechselwirkung
von realer und symbolischer Darstellung entwickeln.
Träger solch eines Bühnenbildes im Sinne Wieland
Wagners ist die Malerei mit farbigem Licht;
Proiektionstisch und Beleuchtungsstellwerk ersetzen
Pinsel und Leinwand. Diese Eigenart wurde durch
eine in einem eigenen, abgedunkelten Raum stets
wiederholte Diapositivserie anschaulich verdeutlicht
(26. 3.-14. 4. 1972) - (Abb. 13).
Galerie Welz
Yoshi Takahashi
Eine Kollektion weniger, formal verschieden
behandelter und „con variazioni" abgewandelter
Themata von hoher malerischer Qualität: Abstrakte
„Kompositionen" in kleinen, zauberhaften
Aquarellen; eine 1968 begonnene Ölbildreihe
„StiIIeben" mit nicht-illusionistischer Darstellung
einzelner Gegenstände auf einer farbig gegen den
Hintergrund abgesetzten Tischplatte; naturalistische
Federzeidmungen von Kuppelkirchen; die iüngsten
Arbeiten, „lmpressionen", führen formal und farbig
die Aquarelle weiter und weisen auf den künftigen
Weg des 29iährigen, in Bad Reichenhall lebenden
Malers (24. 2.-22. 3. 1972).
Hansiörg Vogel
Ein Rarissimum im Kunstbetrieb unserer Zeit ist
das plötzliche Bekanntwerden eines 54]ährigen
Malers. Vogel - er führte für die Wiener GobeIin-
manufaktur die Kartons für Kokoschkas Wand-
teppiche aus und unterrichtete an der Akademie am
Schillerplatz - verbindet eine ungemein präzise
Maltechnik mit formalen Gestaltungsprinzipien des
Surrealismus. Seine spannungsreiche, subtile
Handschrift teilt ein persönliches, informiertes, sehr
positives Verhältnis zu den Errungenschaften unseres
technischen Zeitalters mit. Radargeräte, startende
Raketen, kristalloide Gebilde, alle in unberührten,
menschenleeren Landschaften, für Vogel sind es
Dinge voller Eigenleben (24. 13.-23. 4. 1972 - (Abb. 14).
Museumspavillon im Mirabellgarten
„20 Berliner Realisten"
Ackermann, Albert, Brockhaus, Cosin, Diehl, Donnan,
Dreher, Friedrich, Fußmann, Gernhardt, Jacob,
Janssen, Kaminski, Munsky, Petrick, Piegelbrock,
Raffel, Schmettau, Schrieber und Sorge, mit ie
zwei oder drei Arbeiten vertreten, wollen in
„gegenständlicher Schau Dinglichkeiten offen-
baren" und „Geschichte in Beziehung zum Menschen
interpretieren". Daß dies aus einer bestimmten
politischen Blickrichtung, wie unter plakativer
Vereinfachung geschehen kann, ist längst nichts
Neues mehr, daß dabei künstlerisch überzeugende
Aussagen gemacht werden können, wird in Hartmut
Friedrichs „Porträt Therese Giehse" deutlich (24. 3.
bis 16. 4. 1972). Franz Wagner
Tirol
Innsbruck - Galerie im Toxispalais
Franz Baumann
Pläne, Modelle, Fotos der vom Architekten
entworfenen Bauwerke. Baumann ist schon in den
zwanziger und dreißiger Jahren mit seinen sauberen
Ausführungen bekannt geworden und hat für iene
Zeiten wesentliche Akzente gesetzt, so etwa die
Bauten der Stationen der Nordkettenbahn und die
verschiedener Berghotels. Eine interessante Rück-
schau auf das Schaffen des Achtzigiährigen (7.-19. 3.
1972) - (Abb. 15).
42
Innsbruck - Verkaufsgalerie Bloch
Reiner Schiestl
Aquarelle, Bleistiftzeichnungen und Holzschnitte;
hauptsächlich sehr freie Umsetzungen, die auf land-
schaftlidie Eindrücke zurückgehen. Die Stärke des
Künstlers liegt im Stidi (10. 1.-12. 2. 1972) - (Abb. 16).
Innsbruck - Galerie im Zentrum 107
Gertrud Berger
Ulbilder und Aquarelle (11-26. 1. 1972).
Oberösterreich
Linz - Neue Galerie
Rudolf Hoflehner '
Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik. Wir
berichteten von dieser Ausstellung, die vorher in
Wien gezeigt wurde (9. 3.-9. 4. 1972).
Georg Merkl
Zeichnungen, Olgemälde, Pastelle. Auch diese
Ausstellung war ähnlich im Voriahr in Wien,
Künstlerhaus, zu sehen und wir berichteten davon
(21. 4.-14. 5. 1972).
Frühdrucke der Wiener Secession,
Jugendstilplakate
43 Graphiken und 100 Plakate. Sehr interessante
Arbeiten, besonders die von H. H. Kossatz
zusammengestellte Plakatschau aus der Zeit der
Jahrhundertwende (21. 4.-14. 5. 1972).
Linz - Clubgalerie
Angelika Kauffmann
Graphik und Malerei (5.-26. 4. 1972).
Kärnten
Villach - Galerie an der Stadtmauer
Fritz Steinkellner
Bemalte Obiekte, Montagen; oftmals mit Surrealem
assoziiert, dann wieder fragmentarisch funktionell
verbunden (14.-30. 3. 1972).
Margarethe Herzele
Ölbilder und Graphiken; in einer sehr linearen
Manier, wenig flächenhaft angelegt, zur Impulsivität
und der phantasievollen Freiheit des Kinderzeichnens
neigend, damit ungehemmt und manchmal grell
(B.-25. 4. 1972) - (Abb. 17).
Krastal - Österreichisches Künstlerzentrum
Wien - „Begegnung Kärnten"
Wer begegnet wem? Das mußte man nach ein-
gehendem Studium von Ausstellung und Katalog
fragen. Begonnen wurde die Veranstaltung im
Krastal vom Symposion St. Margarethen, Burgen-
land. In den ersten Jahren war auch noch eine
internationale Beteiligung. Seit 1970 ist es unter
der Leitung der Kärntner zu einer Begegnung
der Kärntner mit Kärntnern geworden. Der
Salzburger Würtinger und der Wiener Stimm
wurden an die Wand gespielt; im Katalog, wie viele
andere, auch nicht mit einem ihrer Werke
abgebildet. Dafür sind sechs (I) Abbildungen von
Eders Skulpturen aufgenommen, auch solche, die
nicht mit dem Symposien in Zusammenhang stehen.
Ähnliches gilt von Kraus, dessen Betonguß vom
Strandbad Wörther See mit dem Symposion nichts
zu tun hat. Ein Katalog, der dakumentarisch
vollkommen wertlos ist, noch dazu mit falschen
Bezeichnungenl Eine Abb. zeigt einen Stein von
David, Frankreich, aus den Jahren vor 1970, es
steht aber Cichan CSSR darunterl Eine interessante
Ausstellung (13.-31. 3. 1972) - (Abb. 1B).
Steiermark
Graz - Neue Galerie Joanneum
Hans Bauer
Gemälde, Graphik; eine Gedachtnisausstellung des
1947 freiwillig aus dem Leben gegangenen
Künstlers, die wieder einmal zeigte, wie viele
wertvolle Beabungen wir verloren haben, wie weit
in ienen Jahren schon manche vorpreschten (10. 3.
bis 3. 4. 1972) - (Abb. 19).
Erich Thage
Graphik. Zwanzig Jahre nach Bauer geht der iunge
Thage den selben Weg. 1967 nimmt er sich das
Leben und hinterläßt ein unvallendetes Werk.
Eruptive Figuren, abstrakt, spannungsreich. Auf-
zeichnungen eines bedrängten Hierseins (17. 3.-3. 4.
1972) - (Abb. 20).
Drago J. Prelog
Gemälde, Graphik. Nach langen Perioden des
Schriftbildes hat Prelog zu neuen Aussageformen
gefunden. Es ist zu beachten, wie sehr sich ihm
verschiedene Ordnungsgefüge ineinanderschieben
und damit einen Kontex alles Seienden
beschwören (17. 3.-3. 4. 1972) - (Abb. 21).
Graz - Schillerhof
Othmar Zechyr
Graphik. Etwa 20 Blätter geben den interessierten
Grazern einen Begriff von Zechyrs feingestrichelten
Zeichnungen, in denen die Technik, in neuen oder
alten Ordnungen, seziert oder nicht seziert,
dominiert. Eine gelungene Schau (2. 3.-2. 4. 1972) -
(Abb. 22).
Hartmut von Altrock
Siebdrucke. Der gebürtige Breslauer lebt in Berlin
und zeigte einen ausschnitthaften, verfremdeten
Realismus (11. 4.-31. 5. 1972).
Niederösterreich
St. Pölten - Kleine Galerie in der
Stadtbibliathek
Robert Hammerstiel
HoIz- und Stahlschnitte, Monatypien (16. 2.-31.3. 1972).
St. Pölten - Galerie Hippolyt
Ernst Degasperi
Graphik. Der im Phantastischen, Bizarren beheimatete
Künstler zeigte seine Zyklen, die meist durch
religiöse Themen inspiriert sind (16. 3.-5. 4. 1972) -
(Abb. 23).
Laxenburg - Landesverband der
niederösterreichischen Kunstvereine
Frühiahrsausstellung
Eine Schau mit vielen Allzuunterdurchschnittlichem.
Nur wenige diskutable Arbeiten. Wesentliche
niederösterreichische Künstler fehlten (24. 13.-24. 4.
1972).
Perchtoldsdorf - Galerie Romanum
Ernst Steiner
Der immer wieder mit ernsten, zeichenhaften
Graphiken hervortretende Künstler zeigte auch hier
seine von indischen und christlichen sowie von der
Psychologie C. G. Jungs beeinflußten vegetabilen
Formgestaltungen (12. 4.-15. 5. 1972).
Baden - Kleine Galerie am Hauptplatz
Franz Traunfellner und Richard Eder
Traunfellner zeigte Halzstiche und Holzschnitte
mit einfachen, strengen Linien. Herbe Kontraste
sprechen von karger Einsamkeit. Seine Stärke ist
eindeutig die Erfassung und Deutung der Landschaft.
Eder hatte Email-Bildplastiken und einige Frei-
plastiken in derselben Technik ausgestellt. Manche
dekorativ, manche mit einem Zug ins Dämonische.
Die Montagen auf den tafelbildartigen Gründen
sind nicht immer zu beiahen. Der iunge Künstler
erweckt Hoffnungen! (11. 3.-12. 4. 1972) - (Abb. 24).
Georg Eisler
Acht Pastelle, zwei Siebdrucke und 20 Radierungen.
Der bekannte Künstler zeigte auch hier, wie
meistens, daß ihm der Mensch in seinem
Erscheinungsbild ein wesentliches Anliegen ist.
Ganz besonderes Interesse verdienen in dieser
Schau aber die Landschaftsgraphiken mit ihren
HelI- und Dunkelwerten. Hier scheint sich ein Weg
aufzutun, der sich zu gehen lohnt (14. 4.-3. 5. 1972).
Baden - Beethovenhaus
Alice Guttmann
Malerei und Glascollagen. Mit viel Material und
grellen Farben wird schlechtes, modisches
Kunstgewerbe präsentiert (26. 3.-26. 4. 1972).
Mödling - Drugstore
Wilhelm Drach
Malerei und Graphik. Der iunge Sohn des Dichters
arbeitet in Mischtechnik, expressiv, großformatig,
mit kräftigen Pinselstrichen (19. 2.-20. 3. 1972).
„die großen 8. die kleinen"
Graphiken bekannter Meister, wie Kubin, Laske,
Berg u. a., wurden ebenso phantastischen Schüler-
arbeiten gegenübergestellt (23. 15.-30. 5. 1972).
Alois Vogel