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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVII (1972 / Heft 123)

findet. 
Damit erweist sich, daß Cranach seinen urwüch- 
sigen, derb-realistischen, der Natur verbunde- 
nen Stil der Wiener Jahre, der ihn zum Haupt 
der iungen Donaumalerei, zum „Vater der Do- 
nauschule", machte, auch nach seinem Weg- 
gang von Wien beibehielt. 
1504 ist Cranach vom sächsischen Kurfürsten 
Friedrich dem Weisen nach Wittenberg berufen 
worden. Fast fünf Jahrzehnte hat er von da an 
in kurfürstlich-sächsischen Diensten gestanden, 
und über seinen Tod hinaus ist dank des Rie- 
senunternehmens seiner Werkstatt sein Stil in 
dem sächsischen Gebiet der herrschende ge- 
blieben. 
Während aber vor allem nach 1510 in den 
Werken seiner Malerei eine Beruhigung in den 
Kompositionen immer deutlicher wird, Renaissan- 
ceelemente immer stärker hervortreten und 
Cranach schließlich seinen Stil zu einem höfi- 
schen Monierismus wandelt, bleiben seine Gra- 
phiken - mit Ausnahme von Kompositionen, die 
im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Hofe 
stehen, wie etwa der Holzschnitt Friedrichs des 
Weisen im Gebet vor Maria und dem Kind - 
weiterhin reich an Bewegung und Dynamik, ent- 
wickelt er das Geschehen immer wieder aus der 
Natur. 
Holzschnitte wie die Hirschiagd (Abb. 4), die 
Versuchung des heiligen Antonius (Abb. 5] oder 
der heilige Christophorus (Abb. 6) zeigen neben 
dem für Cranach charakteristischen dynamischen 
Bewegungsmotiv, daß er die Schöpfung nicht 
so sehr vom Menschen, als vielmehr vom Wald, 
vom Baum, von der Pflanze aus erlebt hat. lst 
Cranachs Versuchung des heiligen Antonius, wie 
bereits erwähnt, in stärkstem Maße von Martin 
Christophorus die immer noch wirksame starke 
Gebundenheit an Dürers Holzschnittwerk. Die 
Komposition der Figur ist ebenso wie die Art der 
Landschaftsdarstellung in unmittelbarer Abhän- 
gigkeit von Dürers Simson-Holzschnitt von 1496! 
1497. Darüber hinaus aber wiederholt die kraft- 
volle, dynamische Gestalt des Heiligen im Vor- 
dergrund auch Bewegungsmotive des Simson- 
Kampfes, wie das diagonal in den Vordergrund 
gestemmte linke Bein, dessen Nacktheit die An- 
gespanntheit der Muskeln deutlich werden lößt, 
oder die in den Boden verkrampfte Hand, die 
bei Dürer im gewaltsamen Öffnen des Löwen- 
moules vorgebildet ist. Ebenso scheint das bär- 
tige, von mächtigen Lacken umgebene Haupt 
des Heiligen fast wörtlich von Dürer übernom- 
men zu sein. Die Landschaft mit dem überragend 
großen Baume links, der durch die Felsland- 
schaft im rechten Bildteil sein Gleichgewicht 
erhält, und der in der Art einer „heimischen 
Weltlandschaft" weit in den Hintergrund sich 
ziehenden Bildmitte zeigt besonders klar, wie 
stark Cranach in seinem Holzschnittwerk an die 
ihn seit seiner Jugend als Vorbild begleitenden 
Bildideen gebunden bleibt, und daß hier durch 
das Weggehen aus dem romantischen Donau- 
schulkreis an den sächsischen Hof keinerlei Ver- 
änderung eintrat. 
Fast scheint es im übrigen, als begleite Dürers 
Simson-Holzschnitt Cranach als eine Art Omen. 
Setzt er ihn doch auch 1509, als er durch einen 
höfischen Auftrag zur unmittelbar illustrativen 
Darstellung des von Friedrich dem Weisen ver- 
anstalteten Turniers und damit zum Verlassen 
seiner romantisch-volkstümlichen Kunst gezwun- 
gen war, als Bildteppich in die Mitte seiner 
Komposition (Abb. 8), und auch 1524, als er für 
Antonius. FIOIZSCHTH", lVlOHOgTUmm K. 
150; sächsische Wappen. 40,1 x 27,1 cm. 
tina (lnv.-Nr. 1929185; A). 
Lit.: Bortsch, Vll, 56; Dod son, Catalogue ll, 4; H 
German Engravings  ol. Vt, s. 52, Nr. 76, K 
Zeitalter Albrecht Dürers, Albertina, Wien 1964, 
Nr, 230. 
6 Lucas Cranach d. Ä., Der heilige Christa; 
Clair - obscur - Holzschnitt, lnitialen r 
ftügelter Schlange und 1506 auf Täfi 
sächsische Wappen. 28,2 x 20,1 cm. AI 
(lnv.-Nr. 19291107, HBI. 
Lit.: Bartsch, Vll, 5B; Dodgsan, Catalague ll, 61; H 
German Engravings..., Vol. v1, s. 5a, m. 79, K 
Zeitägpr Albrecht Dürers, Albertina, Wien 1964, 
Nr. . 
7 Lucas Cranach d. A, Das Urteil des Paris 
schnitt; Initialen LC und 1508; sächsische 
pen. 37 x 25,5 cm. Albertina (lnv.-Nr. 19 
A). 
Paris, geweckt von Merkur mit den drei Grazien 
Landschaft. 
l.it.: Bartsoh, Vll, 114; Dodgson, Catalague ll, lt 
Stein, Germcln Engravings..., Vol. v1, s. au, t- 
Kat. Das Zeitalter Albrecht Dürers, Albertina, Wiß 
S. 75, Nr. 232.
	        
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