Wer war der iunge Josef lgnaz Mildorfer, der -
23jährig - Werke schuf, deren Virtuosität und
Aussagekraft ihn mit den Großen der Malerei
vergleichen lassen? Was wissen wir über ihn
und sein Werk? Was gilt er heute?
Mildorfer gilt als „Troger-Epigone", der bald ins
Fahrwasser des wesentlich jüngeren Maulbertsch
geraten sei, Fresken und Altarblätter malte, als
Akademieprofessor später dem Klassizismus hul-
digte (Füssli) und 1775 verarmt und krank ge-
storben ist. „Verderben, gestorben" scheint auch
sein Nachruhm. Daran haben auch größere
neuere Forschungen über den Maler nichts ge-
ändert". Wir wollen im folgenden versuchen,
die Persönlichkeit Josef lgnaz Mildorfers in ein
neues Licht zu rücken.
Der iunge Maler war zuerst Schüler seines Va-
ters, des lnnsbrucker Malers Michael lgnaz M.
(1690-1747). Wenn die Forschung für seinen
weiteren Werdegang als Faktoren ausschließlich
Paul Troger - in dessen Team der 20iöhrige
Künstler bei verschiedenen Großaufträgen mit-
wirkte - und gewisse Einflüsse des damals in
Tirol tätigen Matthäus Günther nennt, scheint
uns dies für einen Tiroler Künstler dieser Zeit
zuwenig. Tirol reichte bis ins Trentino, und die
Verflechtungen der persönlichsten Beziehungen
seiner Bürger gingen bis Venedig. Die Guardis -
aus dem Trentino stammend - lebten in Venedig.
Gianantonio, der geniale Virtuose der Figuren-
malerei, war T695 in Wien geboren worden und
sprach als Sohn einer Wienerin deutsch. Seitdem
Seicento sind zahlreiche Tiroler Künstler in Ve-
nedig nachweisbar. Dieses war die natürliche
Malerakademie der Tiroler, es lag auch räumlich
näher als Wien. Auch ohne Quellennachweis
müssen wir es als vitale Selbstverständlichkeitan-
sehen, daß der iunge Josef lgnaz wenigstens
kurz in Venedig geweilt hat. Der Schmelz seiner
Farben, die Gewandtheit seines Pinsels, die
Sicherheit seiner figuralen Kompositionen wei-
sen auf den Einfluß Gianantonio Guardis hin.
Dieser war u. E. für ihn, was Piozzetta für Tro-
ger, was Carlotto einst für Rottmayr gewesen ist,
wenn auch sein Aufenthalt nur vorübergehend
gewesen sein mag.
Der Weg nach Wien galt schon der praktischen
Arbeit, dem Geschäft. Die Mitarbeit bei Troger
bildete ihn weiter, befähigte ihn zu monumen-
talen Aufträgen. Die Wiener Akademie war dem
Tiroler dieser Generation zur Ausbildung nicht
notwendig. Sie war ihm iedoch ein Sprungbrett
für den Beruf auf der Bühne des kaiserlichen
Wien. Diesen Tiroler Künstlern war sie vor allem
als Stätte dauernder Berutstätigkeit als Professo-
ren interessant. Paul Troger, Michelangelo Un-
terberger, Josef lgnaz Mildorfer und Balthasar
Moll prägten später ab 175i als wichtigste Leh-
rerpersönlichkeiten eine ganze Epoche der Aka-
demie.
T742 scheint für den iungen Künstler das Jahr
der Erweckung und höchsten Steigerung gewe-
sen zu sein. Stärkste Impulse haben einen plötz-
lichen frühen Höhepunkt bewirkt. Mehr noch als
die fruchtbare Tätigkeit bei Troger und die Be-
gegnung mit der Akademie - wo er schon 174i
einen Preis im Zeichnen nach dem Modell errun-
gen hatte - scheint die starke politische Erre-
gung in Wien seine Kräfte freigelegt zu haben.
Unser - durch die fünf Historienbilder ange-
regtes - Studium der Zeitgeschichte macht beson-
ders bewußt, in welche große Kriegsnot Oster-
reich nach dem Tod Kaiser Karls VI. geraten war.
Von Preußen, Bayern, Sachsen und Franzosen
fast gleichzeitig mit Krieg überzogen - Prag und
Linz gefallen, Schlesien besetzt, die Bayern
knapp vor Wien - bedurfte es unerhörter An-
strengungen, die Situation zu meistern. Die Nöte
der Landbevölkerung, die Erregung Wiens, sind